Waffenschmuggel
nichts Ungewöhnliches gewesen. Die Freunde seines Vaters wurden genauso behandelt. Daß weiße Männer die Kulis zur Arbeit antrieben – Kulis, die sonst im Schatten herumgefaulenzt hätten –, entsprach der natürlichen Ordnung der Dinge; wie es auch selbstverständlich gewesen war, die Arbeit zu unterbrechen, zur Seite zu treten und sich zu verbeugen, wann immer ein Weißer in seinem Wagen oder seiner Sänfte vorüberkam. Dann hatte eines Tages ein betrunkener weißer Mann den Vater des Generals bezichtigt, über ihn gelächelt zu haben. Als der Vater des Generals dies verneinte, hatte der weiße Mann angefangen, ihm mit einem dicken Stock über Kopf und Schulter zu schlagen. Der Vater des Generals war ein starker Mann, aber der Stock war stärker gewesen, und als sein Gesicht sich mit Blut bedeckt hatte, war er auf die Knie gefallen und hatte geweint wie ein Kind.
Von jenem Augenblick an, und noch lange Jahre danach, hatte der General jede Beziehung zu den Weißen, die aus etwas anderem als Haß bestand, als widernatürlich empfunden. Aber erst als die japanische Armee kapituliert hatte und die weißen Männer Java wiederum als ihre Kolonie in Besitz zu nehmen versuchten, hatte der General seinen Haß durch Morden weitgehend stillen können. Was davon noch übriggeblieben war, hatte sich im Laufe der Zeit in den unsinnigen, jedoch unerschütterlichen Glauben verwandelt, daß weiße Männer und Asiaten keine gemeinsamen Interessen haben konnten und daß für den einen gut war, was für den anderen schlecht sein mußte. Die Partei der Rechtgläubigen wurde von Weißen finanziert, ihre Streitkräfte wurden von Weißen ausgebildet, und wenn sie an die Macht kommen sollte, würde sie den Weißen gegenüber freundlich eingestellt sein. Für den General war der Gedanke, sich mit einer derartigen Organisation zu einigen, vollkommen unannehmbar.
Seine wiederholten Bitten um Verstärkungen waren vom Befehlshaber des Gebietes abgelehnt worden, und das aus guten Gründen. Der Befehlshaber verfügte nicht über die notwendigen Reserven, um ihm Verstärkungen schicken zu können. Der General hatte sich in einem Zustand verzweifeltet Bitterkeit befunden, als Captain Gani, sein neuer Geheimdienst-Offizier, mit einem interessanten Vorschlag zu ihm kam.
Nach den Schätzungen des Hauptmanns verfügten die Aufständischen in den Bergen über etwa dreitausend Mann und über viele unbewaffnete sympathisierende Mitläufer in der Stadt, die ihnen, wenn es soweit war, helfen würden. Der General seinerseits hatte im Augenblick nur zweitausend Mann. Er konnte jedoch, wenn er nur wollte, einen mächtigen Verbündeten mit über fünfzehnhundert Mann auf seine Seite bringen. Dieser Verbündete war die örtliche Kommunistische Partei. Wenn der General bereit wäre, die Parteimitglieder zu bewaffnen, dann würde er eine disziplinierte Hilfstruppe auf seiner Seite haben und damit über eine dem Feind überlegene Feuerkraft verfügen.
»Sind Sie verrückt?« hatte der General ihn angefahren.
»Keineswegs, Sir. Was ich Ihnen vorschlage, ist die Aufstellung einer loyalen Miliz für den Ernstfall.«
Der General hatte rauh gelacht. »Sie kennen den Befehlshaber des Gebietes. Er gehört zu Dr. Hattas Leuten. Sie glauben doch wohl nicht, daß er mir Erlaubnis geben würde, die Kommunisten in Labuanga zu bewaffnen? Er läßt mich einsperren, wenn ich ihm einen derartigen Vorschlag mache.«
»Sie sind verantwortlich für die Verteidigung der Stadt, Sir, und nicht der Befehlshaber des Gebietes. Sie sind berechtigt, Notmaßnahmen zu treffen, ohne ihn zu konsultieren. Übrigens sollte die Miliz, bis sie ausgerüstet ist, eine geheime Truppe bleiben.«
»Nur der Befehlshaber kann die Ausgabe von Waffen und Munition genehmigen. Womit soll ich die Miliz bewaffnen? Mit Steinen?«
Auch darauf hatte Captain Gani eine Antwort gehabt.
Zwei Monate später hatte der General ihn zum Major befördert und zu seinem persönlichen Adjutanten gemacht.
4
Das Harmonie-Hotel befand sich in der ›Inneren Zone‹ und bestand aus einer Anzahl im Kolonialstil erbauter, säulenverzierter Bungalows, die man auf einem rechtwinkeligen, von Stacheldrahtzaun umgebenen Anwesen errichtet hatte. Der Empfangschef, ein hübscher junger Indonesier in europäischer Kleidung, war höflich, aber bestimmt. Er konnte ihnen nur einen einzigen Bungalow mit drei Betten anbieten. Alle anderen Bungalows wurden von Dauermietern bewohnt. Das war eine Anweisung der Regierung.
Greg und
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