Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waffenschmuggel

Waffenschmuggel

Titel: Waffenschmuggel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
Vom Netzwerk:
›Stadhuis‹ aus verlaufen breite Straßen strahlenförmig durch das ehemalige Europäerviertel mit seinen eingezäunten Grundstücken und Bungalows. Noch immer wohnen dort eine Anzahl Europäer, zumeist Angestellte der Ölgesellschaft; aber viele Gebäude sind vom Sicherheitsdienst und anderen Institutionen der Zentralregierung übernommen worden. Das Viertel wird jetzt die ›Innere Zone‹ genannt.
    Dieser Wandel war sowohl von militärischer als auch von sozialer Bedeutung. Der Distrikt Labuanga umfaßte ein Gebiet von mehreren hundert Quadratmeilen, zu dem außer Stadt und Hafen Ölfelder, Pipelines, Kopraplantagen, mehr als fünfzig Dörfer und weite Strecken unberührten Dschungels gehörten. Ein wirksames Verteidigungssystem gegen die von den Berggebieten her operierenden Aufständischen würde mindestens drei zuverlässige und gutausgerüstete Divisionen erfordert haben. Generalmajor Iskaq, der Militärbefehlshaber von Labuanga, verfügte über zwei demoralisierte Infanterie-Bataillone, drei leichte Feldhaubitzen, zehn altersschwache Panzerwagen und sechzig Polizisten. Bis jetzt hatten die Aufständischen sich mit nächtlichen Überfällen auf entlegenere Öllageranlagen, mit Brückensprengungen und vereinzelten Störtruppunternehmen begnügt. Aber es war dem General klar, daß der Tag kommen mußte, an dem sich die Partei der Rechtgläubigen stark genug fühlen würde, um einen groß angelegten Angriff auf die Stadt zu unternehmen, sie zu erobern, alle Gegenangriffe abzuschlagen und eine autonome regionale Regierung zu bilden. Wenn dieser Tag (oder diese Nacht) gekommen war, dann würde die ›Innere Zone‹ sich in eine Festung verwandeln, in der die Garnisonstruppen sich so lange halten konnten, bis von Medan Hilfe eintraf. Das Problem war, sich gegen Überraschungen wirksam zu sichern. An jeder Straßenkreuzung im Umkreis der Zone waren betonierte Verteidigungsstellungen ausgebaut worden. Beim ersten Anzeichen aufständischer Aktivität in der Umgebung der Stadt wurde auf einen Alarmknopf gedrückt, und das Gros der Garnisonstruppen zog sich hinter die Verteidigungsstellungen zurück. Lediglich ein kleines motorisiertes Kommando blieb außerhalb der Zone, um den Störtrupp, der den Alarm verursacht hatte, aufzuspüren.
    Der Plan zur Verteidigung der ›Inneren Zone ‹ war ein typisches Beispiel wirklichkeitsfremden militärischen Denkens, und obschon die Erfinder des Plans um seine Unzulänglichkeit wußten, hielt man strikt an ihm fest, weil es immer noch besser ist, irgendeinen Plan zu haben als gar keinen. Auch der General war sich der illusorischen Natur dieses Plans durchaus bewußt. In der Zone befanden sich das Polizeibüro, das ›Stadhuis‹ sowie eine Anzahl von Geschäfts- und Bürohäusern. Vom taktischen Standpunkt aus gesehen, handelte es sich um einen beliebigen geographischen Ort, der nicht leichter zu verteidigen war als jeder andere Teil der Stadt. Das Elektrizitätswerk, das Wasserwerk, die Hafenanlagen und das Fernsprechamt befanden sich sämtlich außerhalb der Zone, desgleichen der größte Teil der Bevölkerung. Ähnliche Nachteile wies aber auch jeder andere Stadtteil auf, den man in Erwägung gezogen hatte. In Wahrheit war es nicht möglich, mit nur zwei Infanteriebataillonen, zehn Panzerwagen und drei Feldhaubitzen einen Ort von der Größe Labuangas gegen überlegene Kräfte zu verteidigen.
    General Iskaq war ein verschlagener, ehrgeiziger Mann und hatte ein untrügliches Gespür für alles, was seinen Interessen dienlich war. Für die Politiker in Djakarta empfand er nur Verachtung. Er wußte, daß manche seiner Offiziere mit den Aufständischen sympathisierten und er seinerseits derartige Sympathien nur anzudeuten brauchte, um geheime Verhandlungen mit dem Komitee in Gang zu bringen. Der General war ein angesehener Patriot, und der Preis, den er für seinen Abfall fordern dürfte, würde hoch sein. Obschon er von dem Grundsatz ›Kannst du sie nicht schlagen, dann tu dich mit ihnen zusammen‹ nie etwas gehört hatte – zumindest nicht in dieser Form –, hätten seine eigenen Ideen über Machtfragen nicht treffender als mit diesen Worten umrissen werden können. Eines jedoch verbürgte seine Ergebenheit gegenüber der Zentralregierung.
    Sein Vater war auf Java Kuli gewesen. Während seiner ganzen Kindheit hatte der General erlebt, wie sein Vater von den Weißen oder von Mandurs , die für die Weißen arbeiteten, getreten, angeschrien und schikaniert wurde. Daran war

Weitere Kostenlose Bücher