Waffenschwestern
… nicht.«
»In Anbetracht der gesellschaftlichen Probleme?«
»Nein, Sir. Nicht ganz.« Wie sollte er es erklären, wenn er es doch selbst nicht ganz verstand? »Vor allem … stehe ich …
stand ich … Lieutenant Suiza nahe.«
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»Ah. Ich sehe den Grund. In jeder Hinsicht außergewöhnlicher Offizier.«
Dann hatte Escovar noch nichts davon gehört. Barin wurde kalt. Er wollte nicht derjenige sein, der dem Kommandanten von Esmays törichter Explosion erzählte oder von dem Streit, den sie gehabt hatten.
»Brun ist… wie Esmay – Lieutenant Suiza – ohne an—
gezogene Bremsen. Beide sind sie clever, beide sind sie tapfer, beide stark, aber Brun … Wenn die Gefahr vorüber ist, vergisst sie sie gleich völlig. Lieutenant Suiza denkt immer noch darüber nach. Und Brun würde Risiken eingehen, allein des Kitzels wegen. Sie hatte immer Glück, aber sie erwartete es auch.«
»Naja, ich weiß, wen von beiden ich auf meinem Schiff lieber hätte«, sagte Escovar. Dann drückte er einen Schalter auf dem Schreibtisch. »Ensign, was ich Ihnen jetzt erzähle, ist sehr heikel. Wir wissen einiges über den Zustand der jungen Frau nach ihrer Gefangennahme, aber diese Informationen dürfen sich nicht verbreiten – keinesfalls! Ich denke, die Gründe werden für Sie offenkundig sein, sobald ich sie Ihnen erklärt habe. Ich tue es, weil ich denke, dass Sie uns, falls Sie genügend wissen, dabei helfen können, einen Weg zu ihrer Rettung auszutüfteln. Aber ich warne Sie … sollte ich herausfinden, dass Sie geplaudert haben, ziehe ich Ihnen persönlich die Haut in Streifen ab, unmittelbar vor dem Kriegsgerichtsverfahren. Ist das klar?«
»Ja, Sir.« Barin schluckte.
»In Ordnung. Die Piraten haben eine Videoaufnahme
geschickt, die sie von Brun nach der Entführung gemacht haben.
Es ist eine der hässlichsten Geschichten, die ich je miterlebt 300
habe, und ich war schon in Gefechten und habe gesehen, wie gute Freunde in Fetzen geschossen wurden. Aus dieser
Videoaufnahme wird deutlich, dass die Piraten vorhaben, Brun zu einem ihrer Heimatplaneten mitzunehmen und dort für die Fortpflanzung zu benutzen …«
»Was!« Das entfuhr Barin unwillkürlich; er presste die Zähne wieder zusammen. Er hatte an Vergewaltigung gedacht, an Lösegeld, an politische Erpressung, aber sicherlich nicht daran.
»Ja. Und sie haben sie verstümmelt, indem sie ihr chirurgisch die Stimmbänder entfernten.« Er brach ab; Barin sagte nichts, versuchte sich die redselige Brun nicht als stumm vorzustellen.
Zorn stieg in ihm auf. »Wir wissen derzeit nicht, wo sie steckt; wir wissen nicht, ob sie noch lebt – obwohl wir es vermuten.
Wir haben keine Vorstellung von ihrer körperlichen Verfassung zu irgendeinem Zeitpunkt nach dieser Videoaufnahme.
Vielleicht wird es unmöglich sein, sie zu finden.«
Barin wollte protestieren und einwenden, dass es ihnen
unbedingt gelingen musste – aber er wusste es besser. Eine einzelne Person – selbst Brun, die Tochter des Sprechers – war kein ausreichender Grund für einen Krieg.
»Ich sehe keinen Grund, warum Sie das Video sehen sollten«, sagte Escovar. »Es macht uns zu Voyeuren, uns, die wir als Allerletzte an so etwas mitwirken möchten. Aber es könnte sich später mal als nötig erweisen, und Sie müssen erfahren, dass diese Bilder auf dem Gebiet der kalkulierten Grausamkeit ohne große tatsächliche Verletzungen das Schlimmste sind, was mir je untergekommen ist. Der entscheidende Punkt dabei ist: Was Sie von ihr wissen, das könnte entscheidend für ihre Rettung sein. Wir möchten Brun ja nicht zufällig erschießen, nur weil wir keine Ahnung von ihrer Denkungsart haben.«
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»Ja, Sir.«
»Ich möchte, dass Sie jedes Detail niederlegen, an das Sie sich bezüglich Bruns erinnern – alles, von der Farbe ihrer Unterwäsche bis zu jeder Vorliebe, die sie je zum Ausdruck gebracht hat. Wir versuchen, weitere Informationen von anderen Leuten zu erhalten, die sie ebenfalls kannte, aber Sie und Lieutenant Suiza haben dabei den Vorteil, die militärische Perspektive zu verstehen und Brun schon in gefährlichen Situationen erlebt zu haben.«
»Ja, Sir.«
»Ich schreibe Ihnen keinen Abgabetermin vor, aber ich lege Wert auf die Feststellung, dass ich es für dringlich halte. Je länger Brun in deren Händen ist, desto wahrscheinlicher bleiben permanente Schäden zurück, ganz zu schweigen vom
politischen Chaos.« Barin verdaute das schweigend. Er wagte nicht zu fragen, wie ihr Vater es
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