Waffenschwestern
»Ist Ihnen nicht klar, was mit meiner Tochter geschieht?«
Savanche seufzte, und die Falten in seinem Gesicht wurden tiefer. »Es dauert so lange, wie es dauert… und ja, ich verstehe 296
Ihre Sorgen, und ich kann mir vorstellen – auch wenn ich es nicht möchte –, was womöglich mit ihr geschieht.«
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»Ensign Serrano, melden Sie sich im Büro des Kommandanten.
Ensign Serrano, melden Sie sich im Büro des Kommandanten.«
Was hatte er diesmal falsch gemacht? Lieutenant Garrick drehte sich um und sah ihn an, ehe sie mit dem Daumen ruckartig zur Luke deutete. Barin drückte den Schalter der Empfangsbestätigung und machte sich auf den Weg zum Kommandodeck.
Als er anklopfte, rief ihn Kommandant Escovar sofort herein.
Escovar saß hinterm Schreibtisch und hielt etwas in der Hand, was nach einem entschlüsselten Computerausdruck aussah.
»Ensign, Sie kennen doch die Tochter des Sprechers, nicht wahr?«
Einen Augenblick lang wusste Barin nicht, wer das sein
könnte –welcher Vorsitzende, was für eine Tochter. Dann sagte er: »Brun Meager, Sir? Ja, Sir, ich habe sie kennen gelernt. Ich bin ihr auf der Copper-Mountain-Schule begegnet, und wir waren gemeinsam im Kurs Entkommen und Ausweichen.«
»Schlechte Nachrichten«, sagte Escovar. »Sie war auf dem Rückweg zur Familie, als ihr Schiff von Piraten angegriffen wurde.«
Brun tot… Barin konnte einfach nicht glauben, dass dieses lebhafte, stets zu einem Lachen aufgelegte Mädchen tot war…
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»Sie war allein?«
»Nicht ganz. Sie hatte eine kleine Yacht gechartert,
vergleichbar etwa mit einem unserer Kurierschiffe, und sie hatte ein kleines Sicherheitskommando aus der Privatmiliz ihres Vaters dabei.« Escovar legte eine Pause ein, als wollte er sicherstellen, dass er nicht wieder unterbrochen wurde. Barin presste die Kiefer zusammen. »Das Schiff wurde nicht
gefunden, aber ihr Vater erhielt eine Nachricht per Paket auf dem kommerziellen Postweg.« Eine weitere Unterbrechung.
»Die Tochter des Sprechers ist… nicht umgebracht worden, sondern entführt.«
Barin spürte, wie ihm der Mund aufklappte, und unterdrückte alles heftig, was an Gefühlen aufsteigen wollte.
»Die Piraten … wollten, dass ihre Familie von der
Entführung erfuhr und davon, was sie mit ihr gemacht haben.«
Escovar erzeugte tief in der Kehle einen Laut. »Barbaren, das sind sie! Nähere Informationen sind an mich weitergeleitet worden und müssten in Kürze eintreffen.« Er blickte Barin über den oberen Rand des Ausdrucks hinweg an. »Ich habe Sie
gerufen, weil wir über keine adäquate, professionelle
Einschätzung des Temperaments und der Fähigkeiten dieser jungen Frau verfügen. Ich weiß, dass sie von Admiral Vida Serrano nach Copper Mountain geschickt wurde, anscheinend auf eine Empfehlung Commander Serranos hin. Ihre Schuldatei wurde jedoch aus Sicherheitsgründen gelöscht, als sie fortging.
Falls wir irgendetwas für sie tun möchten, dann müssen wir erst wissen, wozu sie selbst fähig ist und was sie wahrscheinlich tun wird.«
Barins erster Impuls drängte ihn zu sagen, dass Brun letztlich immer obenauf sein würde – dass sie einfach von Natur aus 298
Glück hatte –, aber er musste sich auf Fakten stützen. Diesmal wollte er keine voreiligen Entschlüsse fassen bezüglich dessen, was er wirklich wusste und was er nur vermutete.
»Sie ist hochintelligent«, sagte er. »Lernt blitzschnell. Ist in allem schnell… impulsiv, aber ihre Impulse sind oft richtig.«
»Haben Sie zu ›oft‹ auch eine Zahl?«
»Nein, Sir … Nicht, ohne erst richtig darüber nachzudenken.
Bei praktischen Problemen würde ich sagen, dass sie zu achtzig Prozent richtig entschieden hat, aber ich weiß nicht, wie oft das impulsiv geschehen ist. An der großen Feldübung hat man sie aus Sicherheitsgründen nicht teilnehmen lassen. Sie hatte allerdings ein Problem …« Wie konnte er das nur ausdrücken, ohne ihren Ruf zu schädigen? »Sie war es gewöhnt zu
bekommen, was sie wollte«, sagte er schließlich. »Von
Menschen, in Beziehungen. Sie setzte das einfach voraus.«
»Ahm. Was hat sie bei Ihnen probiert? Und es tut mir Leid, wenn das ein wunder Punkt sein sollte, aber wir müssen es erfahren.«
»Naja … sie hat. mich attraktiv gefunden. Süß, das war ihr Begriff, denke ich.« Wie ein Hündchen, hatte er damals
gedacht; er hatte sich ein bisschen darüber geärgert, auch wenn er Bruns Energie und Intelligenz attraktiv fand. »Sie wollte mehr. Ich
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