Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Pferdeschwanz zusammen. Die Erinnerungen daran, wie ich das bei Melinda und Ilse getan hatte, waren süß und schmerzhaft.
    »Danke, Edgar. Danke, mi amigo .«
    »Wie soll ich es also anfangen?«, fragte ich. Ich ließ meine Handflächen auf beiden Seiten von Elizabeth’ Kopf ruhen und spürte die Glätte ihrer Haare, wie ich oft die Glätte der frisch gewaschenen Haare meiner Töchter gespürt hatte; wenn die Erinnerung am stärksten ist, werden unsere eigenen Körper zu Geistern, die uns mit den Gesten unserer früheren Jahre verfolgen. »Wie soll ich über einen Arbeitsprozess reden, der zumindest teilweise übersinnlich ist?«
    So! Nun war’s heraus. Der Kern des Problems.
    Trotzdem blieb Wireman gelassen. »Edgar!«, rief er aus.
    »Edgar was? «
    Der Hundesohn lachte doch tatsächlich. »Wenn du ihnen genau das erzählst … werden sie’s dir glauben .«
    Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen. Dachte an Dalís Werk. Dachte an van Goghs wundervolles Gemälde Sternennacht . Dachte an bestimmte Bilder von Andrew Wyeth, nicht an Christinas Welt , sondern seine Interieurs: kahle Räume, in denen das Licht normal und fremdartig zugleich ist, als käme es aus zwei Richtungen gleichzeitig. Ich machte den Mund wieder zu.
    »Ich kann dir keine Rede aufsetzen«, sagte Wireman, »aber dir etwas in dieser Art an die Hand geben.« Er hielt die Broschüre /Einladung hoch. »Ich kann dir ein Konzept liefern.«
    »Damit wäre mir schon geholfen.«
    »Wirklich? Dann hör zu.«
    Ich hörte zu.
     
     
     
     
     
     
    IV »Hallo?«
    Ich saß auf der Couch im Florida-Raum. Mein Herz klopfte laut. Dies war einer der Anrufe - jeder hat schon ein paar hinter sich -, bei denen man gleichzeitig hofft, sofort durchzukommen, um die Sache so hinter sich zu bringen, und niemanden zu erreichen, um das schwierige und voraussichtlich schmerzliche Gespräch noch eine Weile aufschieben zu können.
    Ich erwischte Option eins: Pam meldete sich nach dem ersten Klingeln. Ich konnte nur hoffen, dass dieses Gespräch besser verlaufen würde als unser letztes. Sogar als die paar letzten.
    »Pam, ich bin’s - Edgar.«
    »Hallo, Edgar«, sagte sie vorsichtig. »Wie geht’s dir?«
    »Oh... nicht schlecht. Gut. Ich habe mit meinem Freund Wireman gesprochen. Er hat mir die Einladung gezeigt, die ihr gemeinsam entworfen habt.« Die ihr gemeinsam entworfen habt. Das klang unfreundlich. Sogar konspirativ. Aber wie ließ der Sachverhalt sich sonst ausdrücken?
    »Ja?« Ihr Tonfall war unmöglich zu deuten.
    Ich atmete einmal tief durch und sprang. Gott hasst Feiglinge, sagt Wireman. Unter anderem. »Ich rufe an, um mich zu bedanken. Ich habe mich echt dämlich benommen. Euer Eingreifen war genau das, was ich brauchte.«
    Das Schweigen am anderen Ende dauerte so lange, dass ich mich fragte, ob sie irgendwann lautlos aufgelegt hatte. Dann sagte sie: »Ich bin noch da, Eddie - ich musste mich nur vom Boden aufrappeln. Ich weiß gar nicht mehr, wann du dich zuletzt bei mir entschuldigt hast.«
    Hatte ich mich entschuldigt? Nun... schon gut.Vielleicht indirekt. »Dann tut mir auch das leid«, sagte ich.
    »Ich selbst muss mich bei dir entschuldigen«, sagte sie. »Das hebt sich ungefähr auf, denke ich.«
    »Du? Wofür musst du dich entschuldigen?«
    »Tom Riley hat mich angerufen. Erst vorgestern. Er nimmt wieder seine Medikamente. Er will, ich zitiere, ›zu jemandem gehen‹ - damit meint er einen Seelendoktor, vermute ich -, und hat angerufen, um sich dafür zu bedanken, dass ich ihm das Leben gerettet habe. Hat dich schon mal jemand angerufen und dir dafür gedankt?«
    »Nein.« Allerdings hatte mich erst neulich jemand angerufen und sich für die Wiederherstellung seines Sehvermögens bedankt, sodass ich ungefähr wusste, wovon sie sprach.
    »Ein seltsames Erlebnis. ›Wärst du nicht gewesen, wäre ich jetzt tot.‹ Exakt das waren seine Worte. Und ich konnte ihm nicht sagen, dass er sich bei dir bedanken muss, weil das verrückt geklungen hätte.«
    Ich hatte das Gefühl, als wäre ein zu enger Gürtel um meine Taille plötzlich zerschnitten worden. Manchmal entwickeln die Dinge sich zum Besten. Manchmal tun sie es tatsächlich. »Das ist gut, Pam.«
    »Ich habe mit Ilse über deine bevorstehende Ausstellung gesprochen.«
    »Ja, ich...«
    »Nun, eigentlich mit beiden, mit Illy und Lin, aber als ich mit Illy telefoniert habe, habe ich das Gespräch auf Tom gebracht und sofort gemerkt, dass sie keine Ahnung hat, was zwischen uns beiden gelaufen ist.

Weitere Kostenlose Bücher