Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
alles bloß gelernt? «
    Das schien die Frage der Stunde zu sein. »Hier im Süden.«
    »Sie sind erstaunlich . Sind die anderen auch so gut?«
    »Komm am besten her und sieh sie dir selbst an.«
    »Kann Ric mitkommen?«
    »Hat er einen Reisepass?«
    »Ja...«
    »Verspricht er, keine gallischen Witze über deinen Alten zu reißen?«
    »Er begegnet Älteren immer sehr respektvoll.«
    »Vorausgesetzt, dass die Flüge nicht ausgebucht sind und es euch nichts ausmacht, zu zweit in einem Zimmer zu schlafen - was kein Problem sein dürfte -, kann er natürlich mitkommen.«
    Sie quietschte so laut, dass es mir in den Ohren wehtat, aber ich hielt das Telefon nicht von meinem Ohr weg. Es war lange her, dass ich etwas gesagt oder getan hatte, das Linnie Freemantle dazu gebracht hatte, begeistert zu kreischen. »Danke, Daddy - das ist wundervoll!«
    »Ich freue mich darauf, Ric kennenzulernen. Vielleicht klaue ich ihm seine Baskenmütze. Schließlich bin ich jetzt ein Künstler.«
    »Ich erzähle ihm, was du gesagt hast.« Ihr Tonfall veränderte sich. »Hast du schon mit Ilse gesprochen?«
    »Nein, warum?«
    »Wenn du’s tust, sagst du lieber nichts davon, dass Ric mitkommt, okay? Überlass das mir.«
    »Ich hatte das nicht vorgehabt.«
    »Weil sie und Carson... sie sagt, dass sie dir davon erzählt hat...«
    »Das hat sie.«
    »Nun, ich bin mir ziemlich sicher, dass es da ein Problem gibt. Illy sagt, dass sie ›über diese Sache nachdenkt‹. Das ist ein wörtliches Zitat. Ric wundert sich nicht darüber. Er sagt, dass man keinem trauen darf, der öffentlich betet. Ich weiß nur, dass sie viel erwachsener klingt, als das bei meiner kleinen Schwester bisher der Fall war.«
    Das gilt auch für dich, Lin, dachte ich. Vor meinem inneren Auge stand sie kurz als Siebenjährige, als sie so krank gewesen war, dass Pam und ich schon Angst hatten, sie könnte uns unter den Händen wegsterben, auch wenn wir das natürlich nie laut sagten. Damals hatte Melinda nur noch aus großen dunklen Augen, blassen Wangen und strähnigem Haar bestanden. Ich erinnerte mich, einmal Totenschädel auf einer Stange gedacht und mich dafür gehasst zu haben. Und mich noch mehr gehasst zu haben, weil ich in den Tiefen meines Herzens wusste, dass ich froh war, dass es sie getroffen hatte, wenn schon eines unserer Mädchen so schwer erkranken musste. Ich hatte immer zu glauben versucht, ich würde meine beiden Töchter mit gleicher Qualität und Intensität lieben, aber das stimmte nicht. Vielleicht war das bei manchen Eltern so - ich vermutete es bei Pam -, aber nie bei mir. Und wusste Melinda das?
    Natürlich wusste sie es.
    »Passt du gut auf dich auf?«, fragte ich sie.
    »Ja, Daddy.« Ich konnte beinahe sehen, wie sie die Augen verdrehte.
    »Mach so weiter. Und gute Reise!«
    »Daddy?« Eine Pause. »Hab dich lieb.«
    Ich lächelte. »Wie viele Bussis?«
    »Eine Million und eines für unter dein Kopfkissen«, sagte sie wie jemand, der einem Kind den Gefallen tut. Aber das war in Ordnung. Ich blieb eine Zeit lang sitzen, sah übers Wasser hinaus, rieb mir geistesabwesend die Augen und raffte mich dann zum hoffentlich letzten Anruf dieses Tages auf.
     
     
     
     
     
     
    VII Inzwischen war es Mittag, und ich rechnete eigentlich nicht damit, sie zu erreichen; ich dachte, sie würde mit Freunden zum Lunch ausgegangen sein. Aber wie Pam meldete sie sich nach dem ersten Klingeln. Ihr Hallo? klang merkwürdig zurückhaltend, und ich hatte jäh eine klare Intuition: Sie glaubte, dass es Carson Jones war, der anrief, um eine zweite Chance zu erbitten oder alles zu erklären. Alles noch mal von vorn. Ich habe diese Vermutung nie verifiziert, aber das war auch nicht nötig. Von manchen Dingen weiß man einfach, dass sie wahr sind.
    »Hey, If-So-Girl, was treibst du so?«
    Ihre Stimme klang sofort fröhlicher. »Daddy!«
    »Wie geht’s dir, Schätzchen?«
    »Mir geht’s gut, Daddy, aber nicht so gut wie dir - hab ich dir nicht gesagt, dass sie klasse sind? Ich meine, hab ich’s dir gesagt , oder was?«
    »Das hast du«, bestätigte ich und musste unwillkürlich grinsen. Im Gespräch mit Lin mochte sie älter geklungen haben, aber auf mich wirkte sie nach dem ersten zögerlichen Hallo? ganz wie die alte Illy, die übersprudelte wie ein Cola mit Eiscreme.
    »Mama hat gesagt, dass du dir schrecklich Zeit lässt, aber dass sie sich mit deinem neuen Freund dort unten zusammentun und dafür sorgen will, dass du in die Gänge kommst. Das war wundervoll! Sie hat

Weitere Kostenlose Bücher