Wahn - Duma Key
Bewahr dir deine guten Gedanken.«
»Ich gebe mir Mühe, aber ich muss leider sagen, dass du heute nicht ganz so flüssig Konversation machst wie sonst, Edster.«
»Nenn mich nicht Edster, das klingt wie ein Oldtimer von Ford. Du hast ihr eine Suppe gebracht, und sie war … was? Wieder abgetaucht?«
»So ziemlich, ja. Sie hatte zwei Figuren auf den Fußboden geworfen und zerbrochen - ein Pferd und ein Rodeo-Girl.« Er seufzte.
»Hat sie ›Der Tisch ist leck‹ gesagt, bevor oder nachdem du ihr das Essen gebracht hast?«
»Vorher, nachher, welche Rolle spielt das?«
»Weiß ich nicht«, sagte ich. »Wann also?«
»Davor, glaube ich. Ja, vorher. Danach hatte sie so ziemlich das Interesse an allem verloren - auch daran, die Sweet-Owen-Dose zum x-ten Mal in den Teich zu werfen. Ich habe ihr die Suppe in ihrem Lieblingsbecher gebracht, aber sie hat ihn so energisch weggestoßen, dass etwas Suppe auf ihren armen alten Arm geschwappt ist. Das hat sie anscheinend nicht mal gespürt. Edgar, wieso stellst du mir all diese Fragen? Was weißt du?« Er ging mit dem Handy am Ohr auf und ab. Ich konnte sehen, wie er das tat.
»Nichts. Ich stochere mit einer Stange im Nebel herum, verdammt noch mal.«
»O ja? Und mit welchen Arm tust du das?«
Das ließ mich kurz zögern, aber wir hatten schon zu viel miteinander durchgemacht, als dass ich hätte lügen dürfen, auch wenn die Wahrheit verrückt klang. »Mit meinem rechten.«
»Also gut«, sagte er. »Also gut, Edgar. Ich wüsste nur gern, was hier vorgeht, das ist alles. Hier geht nämlich etwas vor.«
»Schon möglich. Was macht sie jetzt?«
»Sie schläft. Und ich störe dich. Du arbeitest.«
»Nein«, sagte ich und warf den Pinsel beiseite. »Ich denke, dieses Bild ist fertig, und ich glaube, auch ich bin für einige Zeit fertig. Bis zu meiner Ausstellung mache ich nur noch Strandwanderungen und suche Muscheln.«
»Edles Streben, aber ich glaube nicht, dass du das durchhältst. Nicht ein Workaholic wie du.«
»Ich glaube, du täuschst dich.«
»Okay, ich täusche mich.Wäre nicht das erste Mal. Kommst du morgen mal vorbei und besuchst uns? Ich möchte, dass du siehst, ob sie wieder zu sich kommt.«
»Verlass dich darauf. Und vielleicht können wir ein paar Bälle wechseln.«
»Jederzeit.«
»Wireman, noch eine Frage. Hat Elizabeth jemals gemalt?«
Er lachte. »Niemals. Ich habe sie mal gefragt, und sie hat geantwortet, sie könnte kaum Strichmännchen zeichnen. Sie hat gesagt, ihr Interesse für Kunst unterscheide sich nicht wesentlich von dem Interesse reicher ehemaliger Studenten für Football oder Baseball. Sie hat sogar einen Scherz darüber gemacht und gesagt...«
»Wenn man schon kein Sportler sein kann, muss man wenigstens den Sport fördern.«
»Genau. Woher wusstest du das?«
»Das ist ein Standardsatz«, sagte ich. »Schön, dann bis morgen.«
Ich legte auf, blieb stehen, wo ich war, und sah zu, wie die Abendsonne den Golf mit dem Glanz eines feurigen Sonnenuntergangs übergoss, den es mich nicht zu malen drängte. Genau das hatte sie zu Gene Hadlock gesagt. Und ich bezweifelte nicht, dass ich diese Anekdote einmal oder zweimal oder ein Dutzend Mal hören würde, wenn ich andere danach fragte: Sie hat gesagt, sie könnte nicht mal Strichmännchen malen; sie hat gesagt, wer kein Sportler sein kann, muss wenigstens den Sport fördern. Und weshalb? Weil eine ehrliche Frau vielleicht manchmal die Wahrheit entstellt, aber eine gute Lügnerin niemals ihre Geschichte variiert.
Ich hatte ihn nicht nach dem roten Picknickkorb gefragt, aber ich sagte mir, dass das in Ordnung war; er stand auf dem Dachboden des Palacio , er würde auch morgen oder übermorgen noch dort sein. Ich redete mir ein, dass dies alles noch Zeit hatte. Aber das sagen wir uns natürlich immer, nicht wahr? Wir können uns nicht vorstellen, dass die Zeit vielleicht schon so gut wie abgelaufen ist, und Gott straft uns für das, was wir uns nicht vorstellen können.
Ich betrachtete Mädchen mit Schiff Nr. 8 fast mit gewissem Abscheu und warf das Abdecktuch darüber. Ich kam nie dazu, den roten Picknickkorb an den Bugspriet zu hängen; ich malte nie mehr einen Pinselstrich an diesem Bild - dem letzten verrückten Abkömmling meiner ersten Skizze im Big Pink, der ich den Titel Hallo gegeben hatte. Die Nr. 8 war vielleicht mein bestes Gemälde, aber auf verrückte Weise vergaß ich es beinah. Bis zur Ausstellung, meine ich. Danach konnte ich es nie mehr
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