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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Teil gerefften Segeln unter einer für Elizabeth Eastlake charakteristischen Sonne, die lange glückliche Strahlen ausschickte, auf dem Wasser des Golfs einlief. Eine wundervolle Arbeit, die fast einen Calypso als Soundtrack erforderte.
    Aber im Gegensatz zu den übrigen Bildern empfand ich sie als irgendwie unehrlich.
    »Weiter, muchacho .«
    Das Schiff … das Schiff... Familie, vier von ihnen, die sich jedenfalls am Strand stehend an den Händen hielten wie Girlandenfiguren und das Glückslächeln à la Elizabeth aufgesetzt hatten … das Schiff … das Haus mit etwas, das aussah wie ein schwarzer Rasenjockey, der auf dem Kopf stand … das Schiff, diese prächtige weiße Schwalbe … John Eastlake …
    John Eastlake schreiend … mit Blut, das ihm aus der Nase und einem Auge lief.
    Ich starrte es wie hypnotisiert an. Das hier war das Aquarell eines Kindes, aber es war mit teuflischem Geschick ausgeführt. Es stellte einen Mann dar, der vor Kummer oder Entsetzen - oder beidem - wahnsinnig zu sein schien.
    »Mein Gott«, sagte ich.
    »Noch eins, muchacho «, sagte Wireman. »Nur noch eins.«
    Ich zog das Bild des schreienden Mannes ganz heraus. Trockene alte Aquarellfarben raschelten wie Knochen. Unter dem schreienden Vater war noch mal das Schiff abgebildet, nur war es diesmal wirklich mein Schiff, meine Perse . Elizabeth hatte sie vor einem Nachthimmel gemalt - nicht mit dem Pinsel, denn in den grauen und schwarzen Strudeln konnte ich noch uralte Abdrücke ihrer Kinderfinger sehen. Diesmal schien sie die Tarnung der Perse endlich durchschaut zu haben. Die Planken waren zersplittert, die Segel schlaff und voller Löcher. Um sie herum, bläulich im Licht eines Mondes, der nicht lächelte oder Glücksstrahlen aussandte, reckten Hunderte von Knochenarmen sich zu einem tropfenden Gruß aus dem Wasser. Und auf dem Vordeck stand ein plumpes, blasses Wesen, vage weiblich, in ein zerschlissenes Etwas gehüllt, das ein Umhang, ein Leichentuch oder … eine Robe sein konnte. Es war die Rote Robe, meine Rote Robe, nur diesmal von vorn gesehen.Aus ihrem Schädel grinsten drei leere Öffnungen, und ihr Grinsen ging in einem verrückten Gemenge von Zähnen und Lippen über die Ränder ihres Gesichts hinaus. Dieses Bild war weit grausiger als mein Zyklus Mädchen mit Schiff , weil es direkt ans Herz der Sache griff, ohne dem Verstand Gelegenheit zu geben, es zu erfassen. Dies ist die Verkörperung aller Schrecken, sagte es. Dies ist alles, was du jemals im Dunkeln lauernd anzutreffen gefürchtet hast. Sieh nur, wie ihr Grinsen im Mondschein überbordet. Sieh nur, wie die Ertrunkenen ihr ihren Gruß entbieten.
    »Herr des Himmels«, sagte ich, zu Wireman aufblickend. »Wann, glaubst du? Nachdem ihre Schwestern...?«
    »Muss so gewesen sein. Muss ihre Art gewesen sein, das zu verarbeiten, glaubst du nicht auch?«
    »Weiß nicht«, sagte ich. Ein Teil meines Ich versuchte an meine eigenen Mädchen zu denken, und ein anderer bemühte sich, das nicht zu tun. »Ich verstehe nicht, wie ein Kind - irgendein Kind - so etwas darstellen kann.«
    »Archetypische Erinnerungen«, sagte Wireman. »Würden jedenfalls die Jungianer sagen.«
    »Und wie bin ich dazu gekommen, dasselbe verfluchte Schiff zu malen? Vielleicht auch dasselbe gottverdammte Wesen , nur von hinten? Haben die Jungianer auch dafür irgendwelche Theorien?«
    »Auf Elizabeth’ Bild steht nicht Perse «, stellte Jack fest.
    »Damals war sie ungefähr vier«, sagte ich. »Ich bezweifle, dass der Name sie sonderlich beeindruckt hat.« Ich dachte an die früheren Bilder, auf denen das Schiff ein schönes weißes Trugbild gewesen war, an das sie für kurze Zeit geglaubt hatte. »Vor allem nachdem sie erkannt hatte, was es wirklich war.«
    »Du redest, als wäre es real«, sagte Wireman.
    Mein Mund war wie ausgedörrt. Ich ging ins Bad, ließ mir ein Glas Wasser einlaufen und stürzte es hinunter. »Ich weiß nicht, was ich in diesem Fall glauben soll«, sagte ich, als ich zurückkam, »aber ich habe mir im Leben eine Faustregel zurechtgelegt, Wireman. Wird etwas von nur einem Menschen gesehen, könnte es eine Halluzination sein. Sehen es zwei Menschen, steigen die Chancen, dass es die Realität ist, exponentiell. Elizabeth und ich haben beide die Perse gesehen.«
    »In eurer Fantasie «, sagte Wireman. »Ihr habt sie in eurer Fantasie gesehen.«
    Ich deutete auf sein Gesicht und sagte: »Du hast selbst erlebt, wozu meine Fantasie imstande ist.«
    Er gab keine Antwort, aber er

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