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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Geisterschritte auf dem hellblauen Wohnzimmerteppich. Der beabsichtigte Effekt wurde durch sein Hemd mit Tropenblumen und -vögeln weitgehend zerstört. »Was auch immer durchs Big Pink geistert, ist seitdem... allein gegeistert! «
    »Shirley Jackson«, sagte ich. »Circa wann auch immer.«
    »Jawohl. Jedenfalls hat Wireman ein Argument vorgebracht, oder es versucht. Big Pink DAMALS!« Er machte eine alles umfassende Armbewegung. »In dem beliebten Floridastil möbliert, der sich im einundzwanzigsten Jahrhundert für Ferienhäuser durchgesetzt hat! Big Pink JETZT: In dem beliebten Floridastil eingerichtet, dazu Computer, Cybex-Laufband und...« Er kniff die Augen zusammen. »Erspähe ich da eine Lucille-Ball-Puppe auf der Couch im Florida-Raum?«
    »Das ist Reba, die Wutmanagement-Queen. Der Psychologe, mit dem ich befreundet bin, hat sie mir mitgebracht. Kramer.« Aber das war nicht richtig. Mein fehlender Arm begann wie verrückt zu jucken. Ich wollte mich daran kratzen und erwischte zum zehntausendsten Mal meine noch heilenden Rippen. »Warte«, sagte ich und sah Reba an, die auf den Golf hinausstarrte. Ich schaffe das, dachte ich. Irgendwie hat es damit zu tun, ein gutesVersteck für Schwarzgeld zu finden.
    Wireman wartete geduldig.
    Mein Arm juckte. Der eine, der nicht da war. Der manchmal zeichnen wollte. Ich hatte den Verdacht, dass er Wireman zeichnen wollte.Wireman und die Obstschale.Wireman und die Pistole.
    Lass den verrückten Scheiß, dachte ich.
    Ich schaffe das, dachte ich.
    Schwarzgeld versteckt man am besten in Offshorebanken, dachte ich. Nassau. Die Bahamainseln. Die Kaimaninseln. Und peng, da war’s!
    »Kamen«, sagte ich. »So heißt er. Kamen hat mir Reba mitgebracht. Xander Kamen.«
    »Nun, nachdem das gelöst ist«, sagte Wireman, »wollen wir uns die Kunst ansehen.«
    »Falls es welche ist«, sagte ich und ging an meiner Krücke hinkend nach oben voraus. Auf halber Treppe fiel mir etwas ein, und ich blieb stehen. »Wireman«, sagte ich, ohne mich umzusehen, »woher hast du gewusst, dass mein Laufband von Cybex ist?«
    Er schwieg einen Augenblick lang. Dann: »Das ist die einzige Marke, die ich kenne. Kannst du jetzt allein weitergehen, oder brauchst du einen Tritt in den Hintern, damit du wieder in Gang kommst?«
    Klingt gut, aber trotzdem falsch, dachte ich, als ich weiter die Treppe hinaufging. Ich glaube, dass du lügst, und weißt du was? Ich glaube, dass du weißt, dass ich’s weiß.
     
     
     
     
     
     
    III Mein Werk stand im Little Pink an der Nordwand, sodass die Nachmittagssonne reichlich natürliches Licht lieferte. Als ich sie aus der zweiten Reihe hinter Wireman betrachtete, der sie langsam abschritt, mehrmals stehen blieb und einmal sogar zurückging, um einige Gemälde erneut zu studieren, kam es mir vor, als hätten sie weit mehr Licht, als sie verdienten. Ilse und Jack hatten sie gelobt, aber die eine war meine Tochter und der andere mein Faktotum.
    Als Wireman die Buntstiftzeichnung des Tankers ganz am Schluss der Reihe erreichte, ging er in die Hocke und studierte sie ungefähr dreißig Sekunden lang, wobei er die Unterarme auf den Schenkeln ruhen und seine Hände schlaff zwischen den Beinen herunterbaumeln ließ.
    »Was...«, begann ich.
    »Pst!«, machte er, und ich erduldete weitere dreißig Sekunden Schweigen. Endlich erhob er sich. Seine Knie knackten laut. Als er sich mir zuwandte, wirkten seine Augen sehr groß, und das linke Auge war entzündet. Wasser - nicht nur eine Träne - lief aus dem inneren Augenwinkel. Er zog ein Taschentuch aus der Hüfttasche seiner Jeans und wischte es ab - die automatische Bewegung eines Mannes, der am Tag ein Dutzend Mal oder öfter dasselbe tut.
    »Großer Gott«, sagte er und trat ans Fenster, während er sein Taschentuch wieder wegsteckte.
    »Großer Gott was?«, fragte ich. »Großer Gott was? «
    Er sah auf den Golf hinaus. »Du weißt nicht, wie gut sie sind, stimmt’s? Ich meine, du weißt es wirklich nicht.«
    »Sind sie es denn?«, fragte ich. So unsicher hatte ich mich noch nie gefühlt. »Ist das dein Ernst?«
    »Hast du sie chronologisch angeordnet?«, fragte er, während er weiter auf den Golf hinausblickte. Der blödelnde, scherzende, Witze reißende Wireman war vorübergehend verschwunden. Ich hatte den Eindruck, dass dieser Mann, dem ich jetzt zuhörte, weit mehr Ähnlichkeit mit dem Wireman hatte, den Geschworene gehört hatten... falls er überhaupt diese Art Anwalt gewesen war. »Das hast du getan, richtig?

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