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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Tom Rileys Leben ganz in ihre Hand zu legen - es ihr einfach durch die Telefonleitung zu schicken. Ein Loslassenkönnen dieser Art hatte nicht zum Repertoire des alten Edgar Freemantle gehört, aber natürlich hätte jener Edgar Freemantle auch nicht im Traum daran gedacht, Sonnenuntergänge zu malen. Oder mit Puppen zu spielen.
    »Die Entscheidung liegt bei dir, Panda. Vielleicht ist alle Mühe vergebens, wenn er sich nichts mehr aus dir macht, aber...«
    »Oh, das tut er.« Das klang noch mutloser.
    »Dann sag ihm, dass er wieder leben lernen muss, ob’s ihm passt oder nicht.«
    »Der gute alte Edgar, der weiter alles managt«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Sogar von seinem Inselkönigreich aus. Der gute alte Edgar. Edgar das Monster.«
    »Das tut weh«, sagte ich.
    »Wunderbar«, sagte sie und legte auf. Ich saß noch eine Zeit lang auf der Couch und beobachtete, wie der Sonnenuntergang leuchtender wurde, während die Luft im Florida-Raum abkühlte. Wer glaubt, in Florida gäbe es keinen Winter, täuscht sich sehr. In Sarasota waren 1977 fast drei Zentimeter Schnee gefallen. Wahrscheinlich wird es überall mal kalt. Ich wette, dass es selbst in der Hölle schneit, obwohl ich bezweifle, dass der Schnee liegen bleibt.
     
     
     
     
     
     
    II Wireman rief am nächsten Tag kurz nach Mittag an, um zu fragen, ob er noch immer eingeladen sei, sich meine Bilder anzusehen. Mir war nicht ganz wohl bei dem Gedanken an sein Versprechen (oder seine Drohung), sich freimütig darüber zu äußern, aber ich forderte ihn trotzdem auf zu kommen.
    Ich stellte die sechzehn Bilder auf, die meiner Ansicht nach die besten waren... obwohl sie mir im klaren, kalten Licht jenes Januarnachmittags alle ziemlich beschissen vorkamen. Meine Zeichnung von Carson Jones lag noch im obersten Fach im Schlafzimmerschrank. Ich holte sie heraus, klemmte sie auf eine Holzfaserplatte und stellte sie ans Ende der Reihe. Im Vergleich zu den Ölfarben wirkten ihre Buntstiftfarben matt und reizlos, und die Zeichnung war auch viel kleiner, aber ich fand trotzdem, dass sie etwas an sich hatte, das den anderen fehlte.
    Ich überlegte, das Bild mit der roten Robe dazuzustellen, tat es dann aber doch nicht. Warum, wusste ich nicht. Vielleicht weil es mir Schauer über den Rücken jagte. Stattdessen stellte ich Hallo dazu, die Buntstiftzeichnung von dem Tanker.
    Wireman kam in einem knallblauen Golfwagen mit sportlich gelben Rallyestreifen angebraust. Er brauchte nicht zu klingeln. Ich erwartete ihn an der Tür.
    »Du siehst irgendwie verkrampft aus, muchacho «, sagte er beim Hereinkommen. »Entspann dich. Ich bin nicht der Arzt, und dies ist keine Sprechstunde.«
    »Ich kann nichts dagegen machen. Wärst du ein Baukontrolleur, der dieses Gebäude abnehmen will, wäre mir nicht so zumute, aber...«
    »Aber das war in deinem anderen Leben«, sagte Wireman. »Dieses ist dein neues, in dem du deine Wanderschuhe noch nicht eingelaufen hast.«
    »Darauf läuft’s ungefähr hinaus.«
    »Da hast du verdammt recht. Weil wir gerade bei deiner früheren Existenz sind... hast du deine Frau wegen der kleinen Sache angerufen, die wir besprochen hatten?«
    »Ja. Willst du einen detaillierten Bericht?«
    »Nein. Ich will nur wissen, ob du mit dem Ausgang eures Gesprächs zufrieden bist.«
    »Seit ich im Krankenhaus aufgewacht bin, habe ich kein befriedigendes Gespräch mit Pam mehr geführt. Aber ich bin ziemlich sicher, dass sie mit Tom reden wird.«
    »Das muss wohl reichen, Schwein. Babe, 1995.« Er blieb im Wohnzimmer stehen und sah sich neugierig um. »Mir gefällt, wie du alles umgestaltet hast.«
    Ich lachte schallend. Ich hatte nicht einmal das Rauchverbotsschild vom Fernseher genommen. »Jack hat mir oben ein Laufband aufgestellt, das ist neu. Du warst schon mal hier, nicht wahr?«
    Er bedachte mich mit einem rätselhaften kleinen Lächeln. »Wir waren alle schon mal hier, amigo - das hier ist größer als Profifootball. Peter Straub, circa 1985.«
    »Ich kann dir nicht folgen.«
    »Ich arbeite jetzt seit rund sechzehn Monaten bei Miss Eastlake - mit einem kurzen, unbehaglichen Abstecher nach St. Pete, als die Keys wegen des Hurrikans Frank geräumt wurden. Jedenfalls sind die letzten Leute, die Salmon Point - Entschuldigung, Big Pink - für acht Wochen gemietet hatten, schon nach zwei Wochen wieder abgehauen. Entweder mochten sie das Haus nicht, oder das Haus mochte sie nicht.« Wireman hob wedelnde Geisterhände über den Kopf und machte große schwankende

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