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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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es erforderte, aber ich vermutete, dieser unversöhnliche blaue Stahl war etwas Neues: ihr Anteil an meinem Unfall. Pams Hinken, dachte ich.
    »Ich hab bei dir genug von diesem Psychologenscheiß mitgemacht, Edgar. Ich möchte bloß mal einen Mann kennenlernen, der ein Mann , kein Pillen einwerfender Magic 8-Ball ist. ›Kann ich jetzt nicht sagen, frag später noch mal, wenn ich nicht mehr so durcheinander bin.‹«
    Sie schniefte in mein Ohr, und ich wartete auf das folgende Schnäuzen. Es kam pünktlich. Sie weinte genau wie immer; manche Dinge ändern sich anscheinend nie.
    »Zum Teufel mit dir, Edgar, dafür, dass du mir wieder einen Tag versaust, der vorher ziemlich gut war.«
    »Mit wem du schläfst, ist mir egal«, sagte ich. »Wir sind geschieden. Ich will nur Tom Riley das Leben retten.«
    Diesmal kreischte sie so laut, dass ich das Telefon vom Ohr weghalten musste. »Ich bin nicht für sein Leben VERANTWORTLICH! MIT IHM IST ES AUS! Hast du das nicht mitgekriegt?« Dann etwas leiser (aber nicht sehr): »Er ist nicht mal in St. Paul. Er macht eine Kreuzfahrt mit seiner Mutter und seinem schwulen Brüderchen.«
    Plötzlich sah ich alles ganz klar, zumindest fühlte es sich klar an. Es war, als würde ich darüber hinwegfliegen und alles aus der Vogelperspektive betrachten. Vielleicht weil ich an Selbstmord gedacht und mich ständig ermahnt hatte, dass ich ihn unbedingt wie einen Unfall aussehen lassen musste. Nicht wegen der Auszahlung der Versicherung, sondern damit meine Töchter nicht mit dem Stigma durchs Leben gingen, dass alle Welt wusste …
    Und das war die Antwort, nicht wahr?
    »Sag ihm, dass du es weißt. Wenn er zurückkommt, sagst du ihm, dass du weißt, dass er sich umbringen will.«
    »Wieso sollte er mir das glauben?«
    »Weil er genau das vorhat. Weil du ihn kennst. Weil sein Kopf gerade nicht richtig funktioniert und er vermutlich denkt, dass auf seinem Rücken ein Schild klebt mit der Aufschrift: ICHWILL SELBSTMORD BEGEHEN. Sag ihm, dass du weißt, dass er seine Antidepressiva nicht mehr genommen hat. Das weißt du, oder? Das steht fest, nicht wahr?«
    »Ja. Aber ihn zu ermahnen, sie zu nehmen, hat noch nie geholfen.«
    »Hast du ihm je damit gedroht, über ihn zu tratschen, wenn er nicht wieder seine Medikamente nimmt? Alles über ihn herumzuerzählen?«
    »Nein, und das werde ich auch nicht tun!« Das klang entsetzt. »Glaubst du, ich will, dass ganz St. Paul weiß, dass ich mit Tom Riley geschlafen habe? Dass ich eine Affäre mit ihm hatte?«
    »Wie wär’s damit, wenn ganz St. Paul wüsste, dass dir sein Schicksal nicht gleichgültig ist? Wäre das so gottverdammt schrecklich?«
    Sie schwieg.
    »Ich will nur, dass du ihn konfrontierst, wenn er zurückkommt...«
    »Du willst’s nur! Natürlich! Dein ganzes Leben hat sich darum gedreht, was du wolltest! Hör zu, Eddie, wenn dir das so gottverdammt wichtig ist, kannst du ihn ja damit konfrontieren!« Wieder diese schrille Härte, hinter der sich diesmal jedoch Angst verbarg.
    Ich sagte: »Wenn du diejenige warst, die Schluss gemacht hat, besitzt du vermutlich noch etwas Macht über ihn. Vielleicht auch die Macht, ihm das Leben zu retten. Ich weiß, das ist beängstigend, aber du steckst mit drin.«
    »Nein, tue ich nicht. Ich leg jetzt auf.«
    »Wenn er sich umbringt, bezweifle ich, dass du für den Rest deines Lebens ein schlechtes Gewissen hättest... aber bestimmt hättest du ein miserables Jahr vor dir. Oder zwei.«
    »Bestimmt nicht. Ich würde schlafen wie ein Baby.«
    »Sorry, Panda, das kauf ich dir nicht ab.«
    Das war ein uralter Kosename, den ich seit Jahren nicht mehr benutzt hatte, und ich hatte keine Ahnung, woher er plötzlich kam, aber er gab ihr den Rest. Sie fing wieder an zu weinen. Diesmal lag keine Wut darin. »Warum musst du so gemein sein? Warum lässt du mich nicht in Ruhe?«
    Ich hatte keine Lust mehr, darauf einzugehen. Was ich wollte, waren ein paar Schmerztabletten. Und mich vielleicht aufs Bett werfen und selbst eine Runde heulen, wer weiß? »Sag ihm, dass du Bescheid weißt. Sag ihm, dass er zu seinem Therapeuten gehen und seine Antidepressiva einnehmen soll. Und vor allem: Sag ihm, dass du, angefangen bei seiner Mutter und seinem Bruder, aller Welt erzählen wirst, dass er sich umgebracht hat. Dass jeder wissen wird, dass es Selbstmord war, egal wie viel Mühe er sich gibt, ihn zu tarnen.«
    »Das kann ich nicht. Ich kann’s nicht!« Ihre Stimme klang mutlos.
    Ich dachte darüber nach, dann beschloss ich,

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