Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
eine glänzende Idee.
Er wandte sich mit meinem Einverständnis an eine Staatsanwaltschaft, die im Ruf stand, sich an die Gesetze zu halten. Es war die Staatsanwaltschaft Bochum. Diese ermittelte bekanntlich aufgrund angekaufter CDs gegen Steuerhinterzieher, die ihr Geld in Liechtenstein und in der Schweiz deponiert hatten. Mein Anwalt regte an, eine förmliche Vernehmung des Zeugen durchzuführen, weil er nicht nachvollziehen könne, wie in München mit der Angelegenheit umgegangen werde. Die Staatsanwaltschaft Bochum erklärte sich dazu bereit.
Was sich bei der Münchner Justiz abgespielt hatte, versetzte die Bochumer Staatsanwälte in gewaltiges Erstaunen. Staatsanwalt Timo Dörffer legte in einem Aktenvermerk Folgendes nieder: Mein Rechtsanwalt habe ihm telefonisch berichtet, der Staatsanwalt Lutz habe ihm mitgeteilt, dass er nach Erhalt der anonymisierten Angaben des Zeugen Burkhard K. mindestens zweimal mit Franz Georg Strauß telefoniert habe. Dieser habe gesagt, es müsste sich bei der genannten Summe wohl um Mandantengelder seines Bruders Max gehandelt haben. Der Vorgang als solcher sei von Burkhard K.’s Gesprächspartner, dessen Verständnis nach also Max Strauß, nicht bestritten worden.
Am 11 . November 2010 wurde Burkhard K. in Bochum über dreieinhalb Stunden von einem Staatsanwalt in Gegenwart von Beamten der Steuerfahndung Düsseldorf vernommen. Das Protokoll umfasste sieben Seiten. Darin erklärte er, es sei sein ausdrücklicher Wunsch, zunächst nicht von bayerischen, sondern von nordrhein-westfälischen Ermittlungsbeamten vernommen zu werden, weil er diese für neutraler halte. Er machte die gleichen Angaben wie zuvor mir und meinem Anwalt gegenüber, präzisierte sie mit weiteren Einzelheiten. Zugleich aber machte er überraschend eine sehr brisante Aussage: Er habe 2007 während des zweiten Strafprozesses gegen Max Strauß in Augsburg ein anonymes Schreiben an den Leiter der Staatsanwaltschaft Augsburg, den Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz, persönlich gerichtet. Darin habe er sich als Ex-Banker einer internationalen Großbank vorgestellt und mitgeteilt, dass seine damalige Bank von einem Büro Strauß kontaktiert und gebeten worden sei, einen großen Millionenbetrag entgegenzunehmen. In dem Brief an Nemetz habe er zudem angeregt, sich nach dem Verbleib des Geldes bei der Sparkasse Luxemburg umzusehen.
Da die Staatsanwaltschaft Bochum nicht immer die besten Erfahrungen mit der von Beate Merk geführten Justiz in Bayern gemacht hatte – und zwar in Bezug auf die angekauften CDs mit gespeicherten Steuerfällen –, beschloss man, bei Nemetz nachzufragen.
Oberstaatsanwalt Hans-Ulrich Krück rief ihn an und erkundigte sich danach, was mit dem Brief geschehen sei. Nemetz reagierte, wie es hieß, sehr unwirsch. Seine Antwort war, »er wisse nichts von einem solchen Schreiben«. Dass ausgerechnet ein so wichtiges Schriftstück nicht seinen Weg zu ihm gefunden haben sollte, war nicht glaubhaft.
Nemetz war überdies im Jahr 2000 vor dem Schreiber-Untersuchungsausschuss des Landtags von untergebenen Staatsanwälten massiv belastet worden. Er hatte ihnen rechtswidrigerweise verboten, amtsinterne Differenzen in den Handakten festzuhalten. Vor dem Ausschuss rechtfertigte sich Nemetz damals mit der indiskutablen Begründung: »So eine Handakte ist kein Tagebuch.« Hatte er der Strafkammer, die gegen Max Strauß verhandelte, das anonyme Schreiben vorenthalten? Hatte er »nach oben« berichtet? Konnte es sein, dass er von dort eine Weisung erhalten hatte?
Schon früher war Nemetz in ähnlicher Weise ins Zwielicht geraten. Nur zwei Tage nach dem Tod seines unter mysteriösen Umständen tödlich verunglückten Vorgängers Jörg Hillinger (s. »Der mysteriöse Tod des Leitenden Oberstaatsanwalts Jörg Hillinger«, S. 229 ) hatte er angeordnet, dessen letzte Verfügung aus der Hauptakte zu entfernen und in die geheime Handakte zu übernehmen. Aus dieser Verfügung ging hervor, dass Generalstaatsanwalt Froschauer die rechtswidrige Aussetzung der Haftbefehle gegen Holger Pfahls und andere Beschuldigte gefordert hatte.
Der Bochumer Oberstaatsanwalt erkundigte sich – wie in den Akten festgehalten wurde – noch mehrmals bei der Augs burger Staatsanwaltschaft nach dem Schreiben von Burkhard K. Laut Auskunft wurde dort vergeblich nach dem Verbleib des Briefes gesucht. Überraschenderweise wurde er aber plötzlich dann doch gefunden, als die Landtagsfraktion der Freien Wähler im Dezember 2012 die
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