Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
heimliches Motiv haben.
Weiter versuchte die Ministerin zu rechtfertigen, warum die Staatsanwaltschaft sich geweigert hatte, aufgrund der Strafanzeigen Mollaths zur Schwarzgeldverschiebung zu ermitteln. Diese seien, behauptete sie, so unkonkret gewesen, dass die Staatsanwaltschaft mangels Anfangsverdachts gar nicht habe ermitteln dürfen. Doch für die Innenrevision der Bank waren sie sogar sehr konkret gewesen.
Sodann schilderte Merk detailliert den Inhalt des von Mollath seinerzeit übergebenen Schnellhefters von 106 Seiten: Schriftverkehr mit der HypoVereinsbank, Schreiben an Bundestagsabgeordnete, an Medienvertreter, Zeitungsartikel und anderes. Sogar einen Brief Mollaths an den Papst, in dem er seinen Kirchenaustritt begründete, erwähnte sie. Gleich an drei Stellen ihres Berichts verwies sie auf diesen Brief, offensichtlich um Mollath lächerlich zu machen. Aber geflissentlich verschwieg sie die in dem Schnellhefter ebenfalls enthaltenen Beweise, insbesondere handschriftliche Buchungsanordnungen seiner Ehefrau für unter Decknamen geführte Nummernkonten und Anlagen- und Vermögensverzeichnisse von Schwarzgeldern in der Schweiz.
Warum verheimlichte sie ausgerechnet diese Unterlagen? Es waren genau jene, um deren Einsichtnahme Mollaths Anwalt ein halbes Jahr lang hatte kämpfen müssen. Die Gründe der Justizministerin waren klar: Diese Beweise überführten die Justizverantwortlichen der Strafvereitlung im Amt! Und warum verschwieg sie, worum es in der Korrespondenz Mollaths mit der HypoVereinsbank ging? Er bat darin inständig, seine Frau von den Schwarzgeldgeschäften fernzuhalten, weil ihr im Entdeckungsfall bis zu zehn Jahre Gefängnis drohten. Und warum verschwieg Beate Merk die ebenfalls beigefügte Korrespondenz mit seiner Frau nach der Trennung? Es war darin immer wieder von den Schwarzgeldgeschäften die Rede.
Sodann berichtete Merk, die Staatsanwaltschaft habe die HypoVereinsbank zu den Schwarzgeldverschiebungen inzwischen um Auskunft gebeten. Warum handelte die Staatsanwaltschaft erst jetzt? Und warum so lächerlich schüchtern? In anderen Fällen schickt die Staatsanwaltschaft die Steuerfahndung los, die alles durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt. Als ob eine Bank sich bei einer solchen Anfrage selbst belasten würde! Die Bank, trug die Ministerin vor, habe bestimmte Praktiken eingeräumt, diese seien aber 1998 nach einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren eingestellt worden. Doch die erwähnten Buchungsanordnungen und Anlagenverzeichnisse datierten von 2001 – warum verschwieg sie das dem Rechtsausschuss? Abgesehen davon trafen die Schwarzgeldverschiebungen dann zumindest bis 1998 zu. Die Verjährungsfrist war zum Zeitpunkt der Strafanzeigen Mollaths nicht abgelaufen.
Überdies entband die Anfrage bei der HypoVereinsbank die Staatsanwaltschaft nicht von ihrer Ermittlungspflicht hinsichtlich der Schwarzgeldgeschäfte, die Petra Mollath – hinter dem Rücken der HypoVereinsbank – für eigene Kunden mit der Bank LEU (einer Tochter der Credit Suisse) getätigt hatte. Dort hatte sie auch ihre eigenen Vermögenswerte untergebracht, wie Mollath unter anderem in einem Schreiben vom 12 . August 2002 an die Credit Suisse anprangerte. Obwohl dieses Schreiben in dem besagten Schnellhefter enthalten war, wurde es den Abgeordneten von der Ministerin ebenfalls verschwiegen.
Und wieder verlor die Justizministerin kein Sterbenswörtchen über die ihr vorliegende eidesstattliche Versicherung des Zahnarztes Edward Braun, wonach Petra Mollath gedroht habe, sie werde ihrem Mann etwas anhängen, falls er sie und ihre Bank anzeige, und dass sie ihn auf seinen Geisteszustand überprüfen lassen werde. Zur Verurteilung Mollaths wegen angeblicher Misshandlung seiner Ehefrau allein aufgrund deren Aussagen erklärte Merk lapidar: »Dass es für ein Tatgeschehen nur eine Zeugin, nämlich das Opfer, gibt, ist keine Seltenheit, sondern Gerichtsalltag.«
Auf verschiedene Fragen der Oppositionsabgeordneten gab sie keine Antwort. Damit war der Fall Mollath auf der Tagesordnung des Rechtsausschusses abgehakt, die Dame ging ab. Ich war bei der öffentlichen Sitzung anwesend. Es wunderte mich, dass die Justizministerin glaubte, sie könnte mit ihrer maßgeschneiderten Darstellung davonkommen. Gerade durch ihre Unwahrheiten und ihr Verschweigen hatte sie sich selbst als böswillig entlarvt.
Öffentlicher Angriff auf die Justizministerin
Nach ihrem Auftritt im Rechtsausschuss war endgültig klar, dass Beate
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