Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
gestellt, schon gar nicht bei Gericht. Jetzt sollte er sogar noch zahlen! Das war ein übler Streich, der ihm da gespielt wurde. Nach Einschaltung eines Anwalts hob das Oberlandesgericht Nürnberg die Kostenpflicht auf, weil er keinen Antrag gestellt habe. Trotzdem verkündete die Oberstaatsanwältin Gabriels-Gorsolke der SZ , Braun habe einen solchen Antrag gestellt – den aber habe das Landgericht Regensburg als unzulässig abgewiesen. Damit stellte sie klar, an ihrer Chefin Merk hafte kein Makel. Dem Zahnarzt Braun aber war vor Augen geführt worden, welche Folgen unbotmäßiges Verhalten haben kann.
Justizministerin Merk unterließ übrigens in der erwähnten Plenarsitzung des Landtags pflichtwidrig jeden Hinweis auf die eidesstattliche Versicherung des Zahnarztes Braun.
Anrufung der Öffentlichkeit
Nach der ablehnenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg war ich zwei Tage lang niedergeschlagen. Jede Initiative zugunsten Mollaths würde die Justizministerin Merk mit dem Argument vereiteln, dass die Gerichte entschieden hätten. Hinter diesen Festungsmauern konnte sie sich sicher fühlen. Aber gab es nicht vielleicht doch eine unvermutete Schwachstelle?
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Die Staatsanwaltschaft war das Einfallstor! Sie hatte zum einen sämtliche Strafanzeigen Mollaths verworfen. Zum anderen hatte sie ihn ohne jede Überprüfung seiner Angaben angeklagt. Und sie saß am 8 . August 2006 im Gerichtssaal, als gegen ihn verhandelt wurde. Was hatte der Staatsanwalt im Prozess beantragt? Ich schaute im Protokoll nach. Er hatte die Einweisung Mollaths in die Psychiatrie gefordert, obwohl er genau wissen musste, dass schon von der Logik her nichts als Wahnvorstellung eingestuft werden konnte, was man nicht überprüft hatte! Und obwohl er nicht beantragt hatte, etwa die Direktoren und andere Verantwortliche der HypoVereinsbank zu vernehmen. Sein Einweisungsantrag war deshalb schwer strafbar. Überdies hatten die Staatsanwaltschaft und ebenso die Generalstaatsanwaltschaft bei der jährlichen gerichtlichen Prüfung der Unterbringung immer wieder den Antrag gestellt, deren Fortdauer anzuordnen.
Dafür war Justizministerin Merk verantwortlich, sie war die Vorgesetzte. Sie konnte sich nicht darauf hinausreden, Anträge der Staatsanwaltschaft hätten, weil jeweils das Gericht entscheide, keine Wirkung. Wäre dem so, wäre die Beteiligung der Staatsanwaltschaft überflüssig. Zudem hatte das Justizministerium, wie schon erwähnt, eine Beschwerde Mollaths über die Untätigkeit der Staatsanwaltschaft rechtswidrig zurückgewiesen, die Ministerin war damit persönlich massiv belastet.
Am 5 . März 2011 prangerte ich den Fall bei einem Vortrag vor etwa 150 Zuhörern in der Villa Leon in Nürnberg erstmals öffentlich an. Ich rechnete damit, dass Justizangehörige darunter waren – was auch der Fall war, wie ich später erfuhr.
Ich informierte die Oppositionsparteien des Landtags über den ungeheuerlichen Fall. Parallel dazu versorgte ich die Presse mit Material. Die ARD kam auf mich zu, nachdem sie erfahren hatte, dass ich mich für Mollath einsetzte. Als Erstes brachten die Nürnberger Nachrichten unter dem ironischen Titel: »Ein gar nicht so fernes Unrecht?« einen Bericht, in dem aus juristischen Gründen der Deckname Ferdl G. gewählt wurde. Dann, am 11 . November 2011 , erschien ebenfalls in den Nürnberger Nachrichten ein weit schärferer Artikel. Darin wurde ich zitiert mit dem Vorwurf, es handle sich um einen »menschenverachtenden politischen Justizskandal« bis hinauf zur Ministerin Beate Merk. Es bestehe der dringende Verdacht eines vorsätzlich falschen Urteils und eines vorsätzlich falschen Gutachtens.
Die Zeitung berichtete weiter, die HypoVereinsbank habe auf Anfrage mitgeteilt, aufgrund der Angaben, die Mollath seinerzeit ihr gegenüber machte, habe ihre Innenrevision ermittelt, dass sich Mitarbeiter »im Zusammenhang mit Schweizer Bankgeschäften, unter anderem mit der AKB -Bank, weisungswidrig verhalten hätten. Mehrere Mitarbeiter seien daraufhin entlassen worden.« Die Justiz war jetzt zweifach bloßgestellt. Es war offenkundig, dass der, den sie weggesperrt hatte, nicht verrückt war! Und die Angaben Mollaths waren offenkundig so präzise, dass man ebenso wie die Innenrevision der Bank hätte ermitteln können und müssen. Justizministerium und Staatsanwaltschaft verhielten sich mucksmäuschenstill. Selbst auf journalistische Anfrage wollten sie sich nicht
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