Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
vernünftiges Maß reduzierte.
Die Fürsorge für die Kranken
Wie rührend sich Strauß um die Gesundheit seiner Landeskinder kümmerte, stellte er durch die immense finanzielle Förderung seines Leibarztes Valentin Argirov, der als völlig mittelloser Arzt aus Bulgarien nach Bayern gekommen war, unter Beweis. Ein Beamter, der an dieser erstaunlichen Bevorzugung Anstoß nahm, informierte darüber heimlich die SPD -Landtagsabgeordnete Carmen König. Dabei habe er, so Carmen König, »vor Angst am ganzen Leib gezittert«. Die Angst war begründet. Denn es ging das hartnäckige Gerücht um, dass Strauß bei den Kliniken Argirovs mitkassierte.
Die Klinik in Kempfenhausen
Strauß soll zunächst schon den von Argirov für den Erwerb der Villa in Kempfenhausen am Starnberger See benötigten Kredit besorgt haben – angeblich zwei Millionen Mark.
Sodann wurde mit vielen Millionen der Ausbau der Villa und die Ausstattung als Klinik staatlicherseits finanziert. Wer sich hier als Beamter nicht fügte, konnte schnell unter die Räder kommen. So erging es dem Ministerialrat Peter Steigerwald im Arbeits- und Sozialministerium. Argirov wollte sich für seine Klinik einen staatsfinanzierten Computertomografen anschaffen – zu einer Zeit, als ein solches Gerät noch sehr teuer war, die Kosten lagen bei etwa zwei Millionen Mark. Da die Argirov-Klinik nur etwa 60 bis 80 Betten hatte, bestand für sie nach der sogenannten Großgeräteverordnung keine Chance auf eine solche Förderung, solange weit größere Kliniken, wie zum Beispiel das Pasinger Krankenhaus mit 400 Betten, noch kein derartiges Gerät hatten. Auf Verlangen von Strauß wurde Steigerwald jedoch angewiesen, die Finanzierung zu genehmigen. Er kam dieser Weisung nach, machte es aber zur Auflage, dass der Computertomograf durch einen niedergelassenen Radiologen betrieben werden und somit auch für Patienten außerhalb der Klinik in Kempfenhausen zur Verfügung stehen müsse. Das wiederum gefiel Argirov nicht. Auf ultimativen Druck von Strauß wurde der Ministerialrat daraufhin, wie er mir selbst erzählte, ohne jede vorherige Anhörung, abgelöst und in das Landesjustizprüfungsamt versetzt.
Die Ärzte des nahe gelegenen großen Kreiskrankenhauses in Starnberg protestierten öffentlich, denn ihrer Klinik stand kein Computertomograf zur Verfügung.
Die Klinik in Vogtareuth
Aber die Ausschüttung »wahnsinniger Fördermittel ohne Ende«, so ein sachkundiger Beamter der Regierung von Oberbayern, ging noch weiter. Für eine Klinik für behinderte Kinder in Vogtareuth in der Nähe von Wasserburg am Inn wurden, obwohl für eine Förderung nach dem Krankenhausfinanzierungsprogramm in keiner Weise die Voraussetzungen vorlagen, 80 Millionen Mark ausgegeben. Die Klinik wurde voll staatlich finanziert.
Plötzlich aber, laut Handelsregister vom 15 . September 1988 , also drei Wochen vor dem Tod von Strauß, gelangte die Klinik in die Hände von Argirov, der 60 Prozent der Anteile erwarb. Im Dezember 1988 genehmigte das Kabinett weitere 73 Millionen Mark, sodass sich die Förderung auf insgesamt 150 Millionen Mark addierte. Als 1990 weitere staatliche Millionen für die Einrichtung einer Neurochirurgie in dem kleinen Ort Vogtareuth gewährt werden sollten, gab es einen Medizineraufstand. Im Namen von 1150 Ärzten protestierte der Rosenheimer Ärztekreisverband gegen diese Förderung für ein Krankenhaus auf der »grünen Wiese«, wo es keine Infrastruktur gab. Doch der Protest war vergeblich.
Ein medizinischer Sachverständiger äußerte, die exzessive finanzielle Förderung der Argirov-Kliniken sei nur dann verständlich, wenn Strauß wirtschaftlich irgendwie beteiligt war. Darauf weist auch der Umstand hin, dass nach dem Tod von Strauß – einem Journalisten des Spiegel zufolge – enge Strauß-Vertraute sich zwei Tage in der Buchhaltung von Argirov umgesehen haben sollen. Zwei Journalisten des Stern , die Ähnliches erfahren hatten, führten mit Argirov darüber ein Interview. Argirov soll nichts zugegeben, aber auch nichts dementiert haben.
Die Luxusvilla an der Côte d’Azur
Unter Stoiber, heißt es, sei die ungerechtfertigte Förderung Argirovs, der inzwischen Stoibers Leibarzt geworden war, weitergegangen wie bisher. Wegen der hohen staatlichen Zuwendungen ist beachtenswert, dass Stoiber des Öfteren mit seiner Familie in Argirovs Luxusvilla in Cap Ferrat an der Côte d’Azur Urlaube verbrachte wie früher schon in der Luxusvilla des inzwischen wegen Bestechung und
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