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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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und Superreichen. Flick, Diehl, Zwick, Jahn, Grundig, Hurler, März und andere sind Beispiele hierfür. Er profitierte von ihrem Reichtum, umgekehrt schlugen sie Gewinn aus seiner Macht – selbstverständlich heimlich, die Bürger durften um Gottes willen nichts davon erfahren. Nur ab und zu konnte man etwas ahnen, beispielsweise als der Stern ein großformatiges Foto abdruckte, das Strauß auf der Jacht von Friedrich Karl Flick zeigte: die vielköpfige Schiffmannschaft pyramidenförmig aufgestellt, oben an der Spitze der strahlende Strauß.
    In einem 1975 veröffentlichten Büchlein Deutschland Deine Zukunft prangerte F. J. Strauß an, der Neid sei in der Bundesrepublik der gesellschaftliche Antrieb geworden. In einer CDU / CSU -Abschlussbesprechung vor der Verabschiedung der Einkommensteuerreform 1974 habe ich es erlebt, dass Strauß erklärte, die Hauptsache sei, dass keine Neidgefühle entständen. Das war sein einziger Beitrag zur Sache. Der angebliche Neid der Ärmeren auf die Reichen missfiel ihm, und das aus gutem Grund. Er kam aus einfachsten Verhältnissen. Jetzt aber war er selbst reich und wollte immer noch reicher werden. Kein anderer Politiker außer ihm erklärte je den Neid zum politischen Problem.
    Warum gerade ihm der Neid so verwerflich erschien, war damals rätselhaft. Aber heute wird sein Motiv klar, wenn man den erstaunlichen Reichtum betrachtet, den er in aller Heimlichkeit angehäuft hat.
    Was »sozial« ist, definierte Strauß auf seine Weise. Er polterte: »Sozial bedeutet, ohne den lebensfremden Gerechtigkeitsscheinmoralismus, ohne Ideologiebesessenheit und ohne den Wahn der totalen Gleichheit und Gleichmacherei zu handeln« (zitiert nach Frankfurter Rundschau vom 18 . Juli 1979 ). Natürlich: Wie sonst konnte er vor sich selbst seine unstillbare Geldgier rechtfertigen? Die anderen Bürger standen weit unter ihm, da durfte er sich wohl mit Fug und Recht nehmen, was er haben wollte. Welch ein Wahn zu glauben, die Gleichheit stehe dagegen! Angesichts seines nunmehr aufgedeckten, fragwürdigen bis illegalen Reichtums ist der doppelbödige Sinn seiner Äußerungen zu erkennen.
    Aber als Strauß 1980 als Kanzler kandidierte, flehte er die einfachen Bürger an, ihm ihre Stimmen zu geben. Beschwörend wies er auf seine ärmliche Herkunft hin: »Ich stehe dem kleinen Mann – ob es der Kumpel an Rhein und Ruhr ist, ob es der Arbeiter am Flugplatz in Berlin ist, ob es der Taxichauffeur in Hamburg ist oder ob es die breite Schicht der Hausfrauen ist – näher als die meisten der hohen Funktionäre und Manager … Ich komme aus dem Milieu einer Arbeitervorstadt. Ich kenne die Mentalität und Psychologie der breiten Massen unseres Volkes, … weil das meine Natur ist, weil ich dort mehr politische Heimat habe als in manchen Häusern der Vornehmen und der Reichen, die heute vor Helmut Schmidt herumscharwenzeln« (Stefan Finger, Franz Josef Strauß. Ein politisches Leben , S. 438 ).
    Nach der verlorenen Kanzlerwahl hatte er dieses Glaubensbekenntnis schnell wieder vergessen. Als im Zuge einer großen Steuerreform die Abgaben für Benzin und leichtes Heizöl angehoben und zugleich staatliche Sozialleistungen gekürzt werden sollten, versuchte er vehement die Besteuerung des Flugbenzins aufzuheben – zugunsten betuchter Privatflieger. (Finger, S. 516 ). Damit hatte er sich entlarvt. Sein Ansehen sank erheblich, auch in der CSU . Die Öffentlichkeit hatte erkannt, auf wessen Seite er wirklich stand. Aber die Bürger ahnten nicht, in welchem Ausmaß er sich selbst über die Jahrzehnte hinweg bereichert hatte – auf ihre Kosten.
    Die Fürsorge für die CSU
    F. J. Strauß gerierte sich als der »große Vorsitzende« seiner Partei, insgeheim aber betrachtete er sie wohl auch und vor allem als Einkunftsquelle. Es besteht der dringende Verdacht, dass Strauß sogar seine eigene Partei betrog, indem er Geld, das ihr gehörte oder für sie bestimmt war, nicht weitergereicht hat. Dafür gibt es hochrangige Kronzeugen. So hatte der CSU -Schatzmeister Wolfgang Pohle 1970 in einem Brief beklagt: »Die Beträge, die an den Landesvorsitzenden gehen, sind im Allgemeinen nur mit Schwierigkeiten herauszubekommen, wenn überhaupt.« Das besagt, dass Strauß einen Teil dieser Beträge der CSU vorenthielt. Pohle beklagte weiter, dass Strauß sich um Aussprachen hierrüber gerne drückte.
    Der frühere Ministerpräsident Max Streibl erzählte nach seinem Sturz dem Spiegel , als CSU -Generalsekretär habe er »schon gemerkt,

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