Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
F. J. Strauß dieses Amt unter Verstoß gegen die Bayerische Verfassung, die einem Ministerpräsidenten eine solche Tätigkeit untersagt. Er erhielt dafür, wie schon erwähnt, jährlich 250 000 bis 300 000 Mark bis zu seinem Tod, insgesamt circa 1 , 3 Millionen Mark.
Die Vergütung war der Höhe nach weit mehr als das, was sich die Eheleute Baur vorgestellt hatten. Die Ausgaben für die Testamentsvollstreckung überstiegen sogar die gemeinnützigen Aufwendungen der Stiftung. Allein 1 , 5 Millionen Mark verschlang die zwischengeschaltete Scheinfirma KBV Kontor Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH, die offenkundig den Verstoß gegen die Verfassung verschleiern sollte.
Deshalb hatte die Witwe Kathi Baur in einem weiteren Testament rechtswirksam eine Begrenzung der Vergütung auf 60 000 Mark jährlich verfügt. Strauß aber kassierte, wie allgemein bekannt wurde, ungerührt weiter volle 300 000 Mark. Das war etwa so viel wie sein Gehalt als Ministerpräsident, er wurde zum Doppelverdiener. Dafür hatte er einmal im Jahr an einer Sitzung der Testamentsvollstrecker teilzunehmen, die praktischerweise in der Staatskanzlei stattfand. Ansonsten anfallende Arbeit erledigte ein Ministerialrat der Staatskanzlei, dem er hierfür 10 000 Mark zahlte.
Der Regierung von Oberfranken als Stiftungsaufsicht und drei anderen Mitgliedern des Stiftungskuratoriums wurde die Kenntnis von der Begrenzung auf 60 000 Mark vorenthalten, ebenso angeforderte Informationen, wie Regierungspräsident Winkler 1994 vor dem Amigo-Untersuchungsausschuss bitter beklagte. Die Eheleute Baur hatten in ihrem gemeinsamen Testament zudem bestimmt, der Ministerpräsident könne die Vergütung auch für gemeinnützige Zwecke in seinem Geschäftsbereich verwenden. Doch auch davon nahm Strauß geflissentlich Abstand.
Nach seinem Tod kassierten die Strauß-Geschwister die letzte angefallene Testamentsvollstreckervergütung. Als Edmund Stoiber Ministerpräsident wurde, machte er die geheimen Einnahmen seiner Vorgänger publik und verkündete, er werde dies nicht fortsetzen. Die Öffentlichkeit war voller Empörung über das Verhalten von Strauß, aber auch über das seiner Erben. Eine FDP -Landtagsabgeordnete rügte, die Gelder sollten »kranken Kindern zufließen und nicht den gesunden Kindern eines Ministerpräsidenten«.
Die Geschwister Strauß aber focht das nicht an. Sie lehnten es entschieden ab, das Geld oder auch nur den 60 000 Mark übersteigenden Betrag herauszugeben oder der Stiftung oder anderen gemeinnützigen Zwecken (etwa der Marianne-Strauß-Stiftung) zuzuführen. Max Strauß drohte gar, wer dies durchzusetzen versuche, werde sich eine »blutige Nase« holen. »Von uns gibt es keinen Pfennig zurück«, erklärte er dem Spiegel . Er lehne »öffentlichen Finanz-Striptease« ab. Seine Schwester Monika Hohlmeier, damals Staatssekretärin im Unterrichtsministerium, sagte, für sie sei die Sache »gegessen«.
Edmund Stoiber deklarierte das erstaunlicherweise als Privatangelegenheit. Er beförderte Monika Hohlmeier sogar alsbald zur Kultusministerin. Als solche durfte sie für viele, viele Kinder sorgen, ohne dass es sie auch nur einen Pfennig gekostet hätte.
Edmund Stoiber galt von nun an als derjenige, der mit dem Amigo-Unwesen aufräumen wollte. Er erhielt von vielen Seiten Lob. Ab jetzt genoss er das Image des Saubermanns. Sein Beweggrund war aber höchstwahrscheinlich auch noch ein ganz anderer: Er musste ernsthaft damit rechnen, dass die Sache mit den Testamentsvollstreckervergütungen irgendwann auffliegen würde. In Erinnerung an seine frühere öffentliche Beichte, dass er die Vorteile des Amigo-Systems in Anspruch genommen habe, zum Beispiel kostenlose Urlaubsflüge und Autobenutzungen, hätten sich die Bürger dann gesagt: Er hat ja heimlich damit weitergemacht. Dieses Risiko durfte Stoiber nicht eingehen. Er selbst erklärte, es habe in der Stiftungsangelegenheit Anfragen aus der Presse gegeben, da sei er Veröffentlichungen lieber zuvorgekommen ( Spiegel 11 / 94 , S. 25 ). Es war ihm wohl bewusst, dass er sonst zurücktreten hätte müssen.
Die Fürsorge für weniger betuchte Bürger
CSU ist die Abkürzung von Christlich-Sozialer Union. Als Parteivorsitzender musste es für Strauß ein Hauptanliegen sein, den programmatischen Anspruch des Christlich-Sozialen zu erfüllen. Er musste sich als Anwalt der ärmeren Schichten geben. Nach außen hin propagierte er das mit gewaltigem Stimmaufwand, aber in Wirklichkeit hielt er es mit den Reichen
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