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Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)

Titel: Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Schlötterer
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habe. Und weiter: »Um Recherchen durch Münchner Behörden zu vermeiden, empfiehlt März, Möglichkeiten zu finden, Goldenberg ein entsprechendes Dokument zuzuspielen, aus dem seine Einbürgerung als Bürger der DDR 1959 ersichtlich ist.«
    Es lag sicher nicht im Interesse von F. J. Strauß, wenn Goldenberg bei einer Vernehmung über die Geschäfte der Fleischfirma Marox geplaudert hätte. Was wogen dagegen schon die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik? Oder gar die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft?
    Die Fürsorge für die Bevölkerung der Oberpfalz
    Im Juni 2009 fand in der Schwandorfer Oberpfalzhalle ein Erinnerungsfest statt. 20 Jahre nach dem Ende des Projekts der atomaren Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf ( WAA ) feierten 400 alte WAA -Gegner und jüngere Atomkraftgegner, darunter viele Mandatsträger, dieses Jubiläum. Die Vorführung eines Films über die damaligen Ereignisse zeigte, wie frisch die Emotionen geblieben waren. Denn, so berichtete die Mittelbayerische Zeitung : Franz Josef Strauß wurde seinerzeit gnadenlos ausgepfiffen und Landrat Hans Schuierer bejubelt.
    Die Staatsregierung mit Strauß an der Spitze hatte das von der Atomindustrie beantragte Projekt seinerzeit genehmigt. Verblüffenderweise hatte Strauß beim Bund um die Wiederaufbereitungsanlage geworben, er wollte sie in Bayern haben. Der Widerstand der einheimischen Bevölkerung war jedoch gewaltig, es gab riesige Demonstrationen und gewalttätige Ausschreitungen. Die Staatsregierung sah sich zu massiven Polizeieinsätzen gezwungen. Beim Besuch der Redaktion einer Zeitung wurde Strauß damals gefragt, was er dazu sage, dass mittlerweile in Wackersdorf 400 Polizisten eingesetzt seien. Strauß habe, wie berichtet wurde, geantwortet: »Wenn es nach mir ginge, würden vier Polizisten und ein Maschinengewehr ausreichen.« Diese Äußerung, die bei der erwähnten Gedenkveranstaltung erstmals publik wurde, war unsäglich – sie wäre aber noch ganz anders einzustufen, wenn Strauß auch hier die Hand aufgehalten hätte.
    Kassierte er Geld von der Atomindustrie oder von anderer Seite? Wenn man in Betracht zieht, dass er nachweislich in zahlreichen anderen Fällen rechtswidrig Gelder vereinnahmt hat, und wenn man bedenkt, dass er zum Beispiel schon als junger Bundesminister auf der Gehaltsliste von Wacker Chemie stand, ohne irgendeine nachweisbare Arbeit zu leisten, liegt der Verdacht nahe. Otto Wiesheu, unter Strauß CSU -Generalsekretär und späterer Wirtschaftsminister, bezweifelte später, dass die deutsche Stromwirtschaft die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf aufgegeben hätte, wenn Strauß nicht plötzlich gestorben wäre ( SZ vom 6 . 8 . 2008 ).
    Anfang 2010 suchte mich ein früherer CSU -Bundestagsabgeordneter zu einem vertraulichen Gespräch auf. Er berichtete mir empört über eine Reihe skandalöser Vorgänge innerhalb der CSU . Auf meine Frage, ob es zutreffe, dass Strauß für die WAA in Wackersdorf von der Atomindustrie Geld bekommen habe, erhielt ich die Antwort: »Ja, ich weiß es.« Er kenne auch die einschlägigen Briefe von Strauß an einen bestimmten Funktionsträger. Bald darauf sandte er mir ein von ihm verfasstes, umfangreiches Skript zu.
    Von anderer Seite wurde eine Summe von horrender Höhe genannt, die Strauß vereinnahmt haben soll: 50 Millionen Mark.
    Der seinerzeitige SPD -Landrat Hans Schuierer erklärte später, das ganze Projekt sei »von Anfang bis zum Ende ein Lügenpaket« gewesen. Nach dem ersten Zeitungsbericht, dass in der Oberpfalz wahrscheinlich eine Atomfabrik gebaut werde, habe er Ministerpräsident Strauß in Gegenwart seiner Minister deswegen angesprochen. Strauß habe gesagt, »es gebe dafür überhaupt keine Überlegungen«. Schuierer weiter: »Ein paar Wochen darauf ruft mich der Umweltminister Alfred Dick an, streng vertraulich, und hat mich informiert, was geplant war.« Laut Friedrich Zimmermann hatte Strauß in der Spiegel -Affäre »zum Wohle des Volkes gelogen«. Wie war das hier – wieder zum Wohle des Volkes?
    Ministerpräsident Streibl jedenfalls ließ nur acht Monate nach dem Tod von Strauß das Projekt Wackersdorf einstellen – ein Verdienst, das ihm hoch anzurechnen ist. Vermutlich hatte er Strauß durchschaut. Dass das Projekt begraben wurde, freute möglicherweise nicht jeden im Land. Nicht zu vergessen ist, dass Streibl ein weiteres Bauvorhaben, den von Strauß monströs geplanten Neubau der Staatskanzlei, im Volksmund »Straußoleum« genannt, auf ein

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