Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
seiner zitierten Äußerung angespielt hat. Insoweit ist zusätzlich zu verweisen auf die von Ludwig Huber erwähnte Mitteilung Friedrich Jahns, Strauß habe bei seiner (Jahns) Firma Transcommerce in Liechtenstein viel Geld verloren.
Der ungestüme Drang von Strauß zum großen Geld manifestierte sich während der gesamten Zeit seiner politischen Aktivität. Schon sein früherer persönlicher Referent Marcel Hepp, stellvertretender Chefredakteur des Bayernkurier , notierte in seinem Tagebuch: »Seine Geldgier steigt mit seinem Einkommen.« Und in den 1970 er-Jahren verkündete eine CSU -Werbebroschüre: »Der Mehrung seines Vermögens gibt er sich mit demselben Eifer hin, den er in der Politik walten lässt.« Das Ergebnis beweist es. Doch wie kann man als Abgeordneter, Minister und Ministerpräsident zu solchen Reichtümern gelangen? So viel ist da nicht zu verdienen, die Bezüge sind zudem zu versteuern.
Noch eine Anmerkung: Peer Steinbrück ist keineswegs der Erste, der für seine Reden Honorar forderte. Das tat lange vor ihm schon Strauß – und er verlangte keineswegs weniger als Steinbrück. Strauß berechnete sogar Honorar für Interviews mit ausländischen Fernsehanstalten. Dagegen war nichts einzuwenden. Aber skurril wurde es, als er von Karikaturisten, die ihn zeichneten, wie Ernst Maria Lang und Dieter Hanitzsch, nachdrücklich Honorar einfordern wollte – federführend dabei war seine Frau Marianne. Das war Geldgier pur!
4 Das Ansehen von F. J. Strauß und sein Bild von den Menschen
Die Sicht der Menschen im Land auf Strauß war recht unterschiedlich – viele hatten starke Vorbehalte gegen ihn, viele bewunderten ihn vor allem in Bayern, viele verabscheuten ihn. Hingegen war die Sicht von Strauß auf seine Mitmenschen recht einheitlich: Sie war geprägt von Verachtung.
F. J. Strauß und sein Nimbus
Das Erscheinungsbild
Wenn Strauß redete, im Bundestag, auf Versammlungen, im Fernsehen, trat er auf wie der Chefankläger der Bundesrepublik. Schneidend prangerte er die angeblichen Untaten von SPD und FDP an, die heuchlerische Charakterlosigkeit ihrer Repräsentanten. Bundeskanzler Willy Brandt und den Bundesminister Egon Bahr brandmarkte er im Zuge der Ostpolitik faktisch als Vaterlandsverräter. Die führenden Leute der CDU stellte er öffentlich als lahme und einfältige Figuren hin, insbesondere Helmut Kohl, solange er noch nicht Bundeskanzler war. Und jedem Kanzler, so der frühere CSU -Bundesminister Niederalt, bereitete er »ungeheure Schwierigkeiten«. Sich selbst aber präsentierte Strauß als den Staatsmann, der die Probleme klarsichtig erkennt und rational zu entscheiden wüsste, wenn man ihn nur ließe. »In historischen Dimensionen denkend«, wie er sich selbst immer wieder bescheinigte (er hatte früher einmal neben Latein und Griechisch Geschichte studiert), gab er vor, deshalb auch die Zukunft zu kennen. Behielt er, wie so oft, nicht recht, hatte er immer eine Ausrede parat. Das haben viele, die ihn erlebten, bezeugt.
Der Kampf für »Recht und Ordnung« und der Kampf gegen eine »sozialistische Neidgesellschaft« waren vornehmlich seine innenpolitischen Schlachtrufe. Wenn er dieses Credo mit Nachdruck und mit geschickten Argumenten vortrug, waren viele beeindruckt, viele überzeugt. Wenn er sich in seiner Rhetorik steigerte, mit Donnerstimme und Zorneseifer Missstände und Missgriffe anprangerte, schwitzend vor Anstrengung und Erregtheit, dann musste man glauben: Dieser Mann steht felsenfest hinter dem, was er sagt! Das ist ein Politiker, der Prinzipien hat. Dass der Bannerträger der bürgerlichen Werte von Ehrlichkeit, Fleiß und Anstand selbst genau das Gegenteil von dem tat, was er verkündete, erschien einem Großteil der Menschen ausgeschlossen.
Doch alles war Schein, Lug und Trug. Hinter der Fassade tat sich ein Abgrund auf. Im Leben des F. J. Strauß gab es nirgendwo einen festen Boden – das christliche Fundament, auf dem er angeblich stand, war vorgespiegelt. Von ihm stammt der Satz: »Man muss seine Prinzipien so hoch aufhängen, das man unter ihnen durchschlüpfen kann.« Das schien witzig gemeint, in Wirklichkeit aber war es sein Lebenselixier. Nochmals sei sein einstiger enger Weggefährte, der Bundesminister Alois Niederalt, zitiert, der mir gegenüber äußerte: »Er hielt sich an keine Gesetze, an nichts!« Grimmig fügte Niederalt hinzu: »Er hätte halt 20 Jahre früher auf die Welt kommen sollen, dann hätte er Gauleiter werden können.« Freiherr Karl Theodor
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