Wahn und Willkür: Strauß und seine Erben oder wie man ein Land in die Tasche steckt (German Edition)
zu Guttenberg (Großvater von »KT«), Staatsminister im Auswärtigen Amt unter Kiesinger, urteilte über Strauß: »Er ist der gleiche Typ, der uns tausend Jahre regiert hat.« Es gab nur ein einziges Prinzip, an das Strauß sich hielt. Es hieß: »Ich!«
Das Selbstbildnis
Nichts kennzeichnete ihn mehr als das, was er – wie erwähnt – zu dem mutigen Piloten sagte, der ihm nach einem Flug nach Budapest, wo Strauß einen Fleischimport zu Billigpreisen einfädelte, vorhielt: »Aber gestern haben Sie doch in der Nibelungenhalle in Passau gefordert, die Bauern sollten einen gerechten Preis für ihr Fleisch erhalten.« Unbekümmerte Antwort von Strauß: »So muss man’s halt machen!« Nach vorne so reden, hintenherum anders handeln. Das Frappierende: Er genierte sich vor dem Piloten nicht einmal, suchte keine Ausrede. So als ob es das Natürlichste wäre, seine Mitmenschen zu hintergehen. Nichts enthüllt den Charakter von Strauß mehr als diese seine Worte über sich selbst. Prägnanter kann man sein ganzes Leben und Wirken nicht umreißen. Er zog mit Donnerstimme gegen die angeblichen Zerstörer der »Werteordnung« zu Felde, tatsächlich aber trat er diese selbst mit Füßen.
Strauß kannte keine Ehrlichkeit. Warum auch sollte er ehrlich sein, wenn ihm die Lüge (zum Beispiel Steuerhinterziehung und Korruption) mehr einbrachte?
Strauß kannte keinen Respekt. Nicht seiner Frau gegenüber, die schon bald nach der Heirat von Frauen- und Prostituiertengerüchten hören musste. Nicht Ministern gegenüber, die er anbrüllte wie Max Streibl, Karl Hillermeier und Prof. Hans Maier. Oder die er per Rufmord herabwürdigte wie Franz Heubl oder Bruno Merk, der ihm am 9 . Juli 1977 schrieb: »Die Praxis der schriftlich oder mündlich verbreiteten Dossiers über Parteifreunde wird von mir nicht stillschweigend hingenommen … Erfolgreiche Arbeit … ist nicht ohne ein Mindestmaß an wech selseitigem Respekt und menschlicher Achtung möglich.« Strauß brüllte, wie schon erwähnt, sogar Bundeskanzler Adenauer an, was er selbst in seinen Erinnerungen mit offenkundigem Stolz mitteilte.
Strauß kannte keine Verantwortung. Andernfalls hätte er als Bundesverteidigungsminister in der hochgefährlichen Kubakrise nicht volltrunken in einem Gebüsch herumgelegen, es hätte die Beschaffungsaffären beim Aufbau der Bundeswehr nicht gegeben – und keine Spiegel -Affäre.
Strauß kannte keine Achtung vor dem Recht. Dies haben viele bezeugt, so auch Prof. Hans Maier, der zugleich August Lang, den früheren Vorsitzenden der CSU -Landtagsfraktion, zitierte: »Für Strauß hat Goppel kein Verhältnis zur Macht – für Goppel hat Strauß kein Verhältnis zum Recht.« Die Belege hierfür sind seine maßlose Bereicherung und seine Willkür bei Auftragsvergaben, Stellenbesetzungen, Steuernachlässen zugunsten seiner ihm umgekehrt tributpflichtigen Freunde.
Strauß kannte keine Disziplin. Strauß war sicher enorm leistungsfähig, doch geordnetes, regelmäßiges Arbeiten war seine Sache nicht. So beklagte der frühere stellvertretende Ministerpräsident Ludwig Huber mir gegenüber, er habe noch nie erlebt, dass eine Besprechung mit Strauß pünktlich begonnen habe. Er war notorisch unpünktlich. Besucher etwa ließ er stundenlang warten (Bickerich, S. 67 ). Das resultierte aus seiner irrwitzigen Hybris. Sogar der französische Botschafter musste, als er Verteidigungsminister war, in seinem Vorzimmer warten – eine Missachtung ohnegleichen. Den General Burkhard Müller-Hillebrand, der eine Viertelstunde lang gewartet hatte und dann gegangen war, ließ er durch Feldjäger vorführen! Das war nicht nur eine menschenverachtende Demütigung, sondern auch ein unfassbarer Amtsmissbrauch, denn das gehörte nicht zu den Aufgaben der Feldjäger! Und schier unglaublich, wie oft einem CSU -Mitglieder oder Journalisten erzählen, sie hätten Strauß sturzbetrunken erlebt.
Wie schon erwähnt, lag der deutsche Verteidigungsminister während der Kubakrise, in der die Bundeswehr in Alarmbereitschaft versetzt worden war, in einer Nacht betrunken in einem Gebüsch. Als er 1980 als Kanzler kandidierte, gab es einen aufklärerischen Kinofilm über Strauß. Der Film zeigte eine Szene aus einer Veranstaltung mit Strauß, in der seine Frau Marianne und Edmund Stoiber rasch eine Flasche Alkohol wegräumen. Max Streibl erzählte dem Spiegel , dass ein Treffen von Strauß mit Unternehmensvertretern beinahe katastrophal gelaufen wäre, weil Strauß bereits betrunken
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