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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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für sie war. Er starrte in seinen Kaffee.
    »Sie wissen nichts über mich«, sagte er dann. »Und normalerweise soll es ja auch so sein.«
    Sie wartete, dass er weitersprach.
    »Meine Frau wurde vor anderthalb Wochen mit einem Darmverschluss ins Bezirkskrankenhaus eingeliefert. Wir dachten zuerst, es wäre nichts Schlimmes. Aber dann hatte sie auf einmal Flüssigkeit … in beiden Lungenflügeln …«
    »Großer Gott. Darmdurchbruch.«
    »Ja. Darmdurchbruch. Den Begriff haben die Schwestern auch verwandt. Irgendwer hat da Mist gebaut. Sie war nur drei Minuten nicht an die Rettungssysteme angeschlossen, aber es hat ausgereicht, dass sie ins Koma fiel. Sie war fast eine Woche lang bewusstlos und hatte die ganze Zeit über vierzig Fieber. Als sie Samstag endlich wieder zu sich kam, hatte das Fieber … ihr Verstand ist seitdem …« Er schüttelte den Kopf. »Scheiße. Ich war seitdem jede Nacht im Krankenhaus. Ich sitze da und rede mit ihr, versuche sie dazu zu bringen, dass sie sich an die kleinsten Kleinigkeiten erinnert. Wie man mit Messer und Gabel isst. Oder ein Kartenspiel mischt. Ich glaube, sie weiß nicht mal, wer da vor ihr sitzt. Ich zeige ihr Bilder von ihren Eltern und ihren Geschwistern. Aber ich glaube nicht, dass sie irgendjemanden erkennt.«
    Er schob die Kaffeetasse über den Tisch und sah sie an.
    »Ich weiß, das ist keine Entschuldigung. Es tut mir wirklich leid. Ich muss da drin mehr für Sie und Robert tun, und das werde ich auch. Es ist nur sehr schwer, nicht ständig daran zu denken, wissen Sie? Es einfach auszublenden.«
    »Ich verstehe.«
    Sie legte intuitiv ihre Hand auf seine, ließ sie einen Moment dort liegen, wobei sie spürte, wie warm sich ihre Handfläche auf seinem kühlen Handrücken anfühlte. Sie zog die Hand wieder zurück. Dann kam ihr Essen.
    Sie konnte ihn jetzt unmöglich ersetzen. Dazu hatte sie keine Zeit. Beide wussten es. Sie musste sich darauf verlassen, dass er auch tun würde würde, was er ihr eben versprochen hatte: dass er sein Privatleben verdrängen und für sie einstehen würde. Das war zwar nicht fair, aber sie waren nun einmal aneinander gebunden.
    Sie aßen schweigend.

    Arthurs Barmann Jake Whalen fungierte als Eröffnungszeuge.
    Er hatte einen neuen Haarschnitt, der ihrer Meinung nach zu kurz ausgefallen war, und trug einen nagelneuen Anzug. Wahrscheinlich hatte Arthur den für ihn ausgesucht. Jake war ein gut aussehender Bursche und hatte Erfolg bei Frauen, aber er besaß kein besonderes Gespür für Mode.
    Und er schien sich hier überhaupt nicht wohl zu fühlen.
    Sie war immer gut mit Jake ausgekommen, und sie hielt ihn, ungeachtet seiner gelegentlichen anzüglichen Seitenblicke, für einen anständigen Kerl. Vermutlich war das der Grund für sein Unbehagen. Er war hier, weil Arthur es so wollte, aber deshalb musste ihm das noch lange nicht gefallen.
    Wood fragte Namen, Beruf und Anschrift ab und brachte sofort den Abend zur Sprache, an dem Lydia in die Bar gestürmt war.
    »Hat sie mit Ihnen gesprochen?«
    »Nein.«
    »Mit irgendjemandem sonst?«
    »Nein. Nur mit Mr. Danse.«
    »Hat sie laut gesprochen? So laut, dass Sie hören konnten, was sie sagte?«
    »Ich habe ein bisschen was mitgekriegt.«
    »Was genau haben Sie gehört?« ∙
    »Wie sie ihn beschuldigte, ihrem Sohn Robert etwas angetan zu haben.«
    »Was angetan?«
    Er schien sich nun sehr unwohl zu fühlen. Er tat ihr fast ein bisschen leid.
    »Erinnern Sie sich noch an den genauen Wortlaut, Jake?«
    »Sie sagte, er hätte den Jungen in den Arsch gefickt.«
    »In den Arsch gefickt? Und das hat sie laut gesagt?«
    Jake nickte. »Ja. Ziemlich laut.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Er sagte, sie wäre wahnsinnig. Und dass er Robert niemals was getan hätte.«
    »Und hat sie sich wie eine Wahnsinnige verhalten, Mr. Whalen?«
    »Einspruch«, sagte Sansom. »Der Zeuge ist kein Psychoanalytiker.«
    »Ich formuliere die Frage anders, Euer Ehren«, sagte Wood. »Wie würden Sie ihr Verhalten Mr. Danse gegenüber an besagtem Abend charakterisieren?«
    »Sie war sauer. Echt stinksauer auf ihn.«
    »Würden Sie sagen, dass sie jähzornig war?«
    »Sie hat ihn nicht geschlagen oder so, wenn es das ist, was Sie meinen, aber ich schätze, sie sah schon irgendwie so aus, als würde sie ihm gern eine reinhauen.«
    »Wo standen die beiden? Standen sie sich direkt gegenüber?«
    »Sie standen ungefähr einen Meter von mir entfernt auf der anderen Seite des Tresens. Ja, sie standen sich direkt gegenüber. Also,

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