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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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hatte? Mussten Sie ihm all das auf der Stelle zumuten?«
    »Ich tat das auf den Rat meines Rechtsanwalts. Um es möglichst schnell hinter mich zu bringen.«
    »Und Sie wollten es doch schnell hinter sich bringen, oder etwa nicht? Sie persönlich wollten es hinter sich bringen.«
    »Ich hielt es für das Beste.«
    »Also lautet die Antwort: ja?«
    »Ja, ich hielt es für das Beste, es schnell hinter mich zu bringen.«
    Wood seufzte erneut und schüttelte den Kopf.
    »Hat Robert geweint, als er aus Doktor Hesslers Praxis kam?«
    »Ein bisschen. Aber nicht lange. Ein paar Minuten.«
    »Und als er von Doktor Bromberg kam?«
    »Da nicht.«
    »Und an dem Abend? Nach der Befragung durch Miss Stone?«
    Sie sah Andrea Stone an. Sie konnte unmöglich lügen. Nicht in ihrer Anwesenheit.
    »Kann sein, dass er während der Befragung geweint hat, ich weiß es nicht. Ich glaube schon. Aber nicht danach. Nicht, als ich ihn ins Bett gebracht habe.«
    »Das war demnach ein langer Tag, an dem eine Befragung auf die nächste folgte. Robert musste also im Grunde einen furchtbar aufwühlenden Spießrutenlauf durchstehen, nicht wahr?«
    »Einspruch.«
    Endlich unternahm Owen Sansom etwas. Allerdings wollte sie auf diese Frage antworten. Denn wie konnte man diesen Tag mit dem vergleichen, den er zuvor mit seinem Vater durchgemacht hatte? Wie konnte man das, was sie ihm zugemutet hatte, mit dem vergleichen, was Arthur ihm an jenem Tag und in der ganzen Zeit davor angetan hatte? Das ging nicht und war nicht fair.
    »Stattgegeben«, sagte der Richter.
    »Ist es nicht so, dass Sie das hier persönlich nehmen, Mrs. Danse? Hätten Sie ohne den Rat Ihres Rechtsbeistands nicht genauso gehandelt?«
    »Ich weiß nicht, was Sie mit persönlich meinen. Aber wahrscheinlich wäre ich selbst nicht großartig anders vorgegangen.«
    »Auch was den Proktologen angeht?«
    »Ich bin gelernte Krankenschwester, Mr. Wood. Wahrscheinlich hätte ich auch daran gedacht, ja.«
    »Ein Proktologe. Dessen Untersuchung Ihren Sohn anschließend zum Weinen gebracht hat.«
    »Ja, Mr. Wood. Doktor Hessler war sehr nett zu Robert. Sehr freundlich. Aber wie ich schon sagte, das ließ sich angesichts der Situation nicht vermeiden. Nichts von alldem war besonders angenehm.«
    »Und wenn ich Ihnen nun sagte, dass es sich durchaus hätte vermeiden lassen, Mrs. Danse, dass das Verhalten, mit dem wir es hier zu tun haben, das Verhalten einer wütenden, rachsüchtigen, möglicherweise hysterischen Frau war, die sich nicht die Zeit nahm oder auch nur daran dachte, Rücksicht auf die Gefühle ihres Jungen zu nehmen, die zu keinem Zeitpunkt …«
    »Einspruch!«, rief Andrea Stone. Ein Bleistift landete klappernd auf ihrem Tisch.
    »Einspruch«, sagte auch Sansom.
    Besser spät als nie, dachte Lydia.
    Burke gab dem doppelten Einspruch statt.
    »Gegenwärtig keine weiteren Fragen an die Zeugin«, schloss Wood.
    »Wir beantragen eine Unterbrechung«, sagte Sansom.

    Die Verhandlung wurde über die Mittagszeit ausgesetzt und Lydia und Sansom gingen zwei Blocks weiter in ein kleines Familienrestaurant auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Tag in New Hampshire war wunderschön, in der Luft lag der erste Hauch des Frühlings. Jeder Atemzug knisterte noch kühl in den Lungen, doch die Sonne schien bereits so warm und hell, dass Lydia im Gehen ihren Mantel auszog und über den Arm legte. Nach der abgestandenen, überhitzten Luft im Gerichtssaal war die frische Brise einfach großartig.
    Sie bestellten Eier und Kaffee.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Was meinen Sie?«
    »Mit Ihnen. Owen, was zur Hölle ist mit Ihnen los?«
    Sein Lächeln wirkte gequält. Er rührte langsam seinen Kaffee um. »Ich schätze, ich war gerade eben nicht gerade hundertprozentig bei der Sache.«
    »Hundertprozentig?«
    »Aber ich glaube nicht, dass das zu Ihrem Nachteil war.«
    »Das hat sich für mich gerade aber ganz anders angefühlt, Owen. Ich hatte den Eindruck, dass Wood mich ganz schön herumschubst. Gütiger Gott, er hatte mich fast so weit, dass ich zugegeben hätte, Arthur den Jungen auch dann nicht sehen zu lassen, wenn ich dafür in den Knast gehe, um Himmels willen!«
    »Dagegen konnte ich nichts tun. Wirklich. Das waren alles zulässige Fragen.«
    Er schien zusammenzusacken, als müsse er sich plötzlich etwas eingestehen, das er lieber weiter unter den Teppich gekehrt hätte.
    »Hören Sie«, begann er. »Es tut mir aufrichtig leid.«
    Sie glaubte ihm, obwohl es nur ein schwacher Trost

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