Wahnsinn
oder?«
»Freut mich, dass es dir so gutgeht, Arthur. Was dagegen, wenn ich jetzt wieder ins Bett gehe?«
»Kein Problem. Was hast du an, Lyd?«
»Leck mich, Arthur. ’ne Ritterrüstung.«
Sie legte auf.
Der Anruf machte sie wütend.
Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen?, fragte sie sich.
Weil sie nämlich tatsächlich daran gedacht hatte, einfach abzuhauen.
Und weil sie aus genau dem Grund, den Arthur ihr vorgehalten hatte, wieder davon abgekommen war. Letztlich lief alles aufs liebe Geld hinaus. Hätte sie eigenes Geld gehabt, wäre sie vermutlich schon längst über alle Berge.
Aber er hatte Recht. Sie musste arbeiten gehen. Als Krankenschwester konnte sie sich und ihren Sohn knapp über der Armutsgrenze halten. Sie hatte daher keine andere Wahl, als bis zum Ende des Prozesses durchzuhalten und zu beten, dass alles wieder gut werden würde.
Es konnte doch niemand so verrückt sein, ihm das zu geben, was er wollte, oder? Unbegrenztes Umgangsrecht ohne Beaufsichtigung?
Aber was sollte sie machen, wenn es doch dazu kam?
Sie brauchte noch zwei Gläser Wein, bis sie endlich einschlafen konnte.
Sie schlief unruhig und konnte sich an ihre Träume am nächsten Morgen nicht erinnern.
Nur, dass diese Träume keine Antworten auf ihre Fragen enthalten hatten.
23
Die Verhandlung: dritter Tag
Die Gegenseite rief eine Handvoll Geschäftsleute in den Zeugenstand, die lediglich dazu dienten, Arthur ein gutes Leumundszeugnis in finanziellen und geschäftlichen Angelegenheiten auszustellen. Weder Stone noch Sansom hielten sich lange mit ihrer Befragung auf.
Die nächste Zeugin war Arthurs Mutter.
Lydia hatte Ruth seit der Scheidung außer an Weihnachten kaum zu Gesicht bekommen und sie ganz sicher nicht vermisst. Sogar in ihrem feinsten Zwirn – den, wie sie vermutete, abermals Arthur ausgesucht hatte –, haftete der Frau etwas Abstoßendes an, eine Gehässigkeit, die sich irgendwie von innen durch ihr Fleisch fraß wie ein latentes, unverwechselbares Aroma.
Aber eines musste man ihr lassen – sie war absolut loyal.
»Mein Junge könnte keiner Fliege was zuleide tun«, sagte sie. »Wenn Sie mich fragen, ist das alles Blödsinn. Und auf diese Weise würde er bestimmt keinem was zuleide tun, lassen Sie sich das gesagt sein. Mein Arthur hatte im Lauf der Jahre mehr nette Freundinnen, als Sie an Ihren zehn Fingern abzählen können. Ich habe manchmal sogar ihre Namen durcheinandergebracht. Tatsache.«
»Vielen Dank, Mrs. Danse«, sagte Wood. »Keine weiteren Fragen.«
»Mr. Sansom?«
»Keine Fragen an die Zeugin, Euer Ehren.«
Er sah heute schon besser aus, fand Lydia. Müde zwar, aber der gehetzte Blick war verschwunden.
»Ich würde Mrs. Danse gerne ein paar Fragen stellen. Euer Ehren«, meldete sich Andrea Stone. »Rein formeller Natur.«
»Bitte, Miss Stone.«
»Mrs. Danse«, begann sie, »als ich Sie zu Hause aufsuchte, ließen Sie durchblicken, dass Sie, falls das Gericht weder für Arthur noch für Lydia Danse entscheiden würde, bereit seien, Robert zu adoptieren. Ist das immer noch Ihr Standpunkt und der Ihres Mannes?«
»Absolut.«
»Und der Ihres Mannes?«
»Absolut.«
»Würden Sie die Anordnungen des Gerichts hinsichtlich der Besuchszeiten akzeptieren?«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, sagen wir, das Gericht erlaubt Lydia Danse zum Beispiel, ihren Sohn Robert zweimal pro Woche zu sehen, ihn mit in die Ferien zu nehmen, ihn jeden Monat für eine bestimmte Anzahl von Tagen zu sich zu nehmen und so weiter. Wäre das in Ordnung für Sie?«
»Na klar. Sie ist seine Mutter. Ganz egal, was ich von ihr halte oder was sie meinem Jungen angetan hat.«
»Und angenommen, das Gericht schränkt Arthurs Umgangsrecht ein? Angenommen, der Richter ordnet an, dass Arthur seinen Sohn nur unter Aufsicht sehen darf oder überhaupt keine Besuchszeiten mehr zulässt?«
Sie zögerte nur einen Augenblick. Doch Lydia fragte sich, ob sie die Einzige war, die den unverhohlen verschlagenen Blick bemerkt hatte, der kurz über ihr Gesicht gewandert und sofort wieder verschwunden war. Sie fragte sich, ob man diesen Blick kennen musste – sie selbst hatte ihn schon viele Male gesehen –, um ihn auch diesmal zu bemerken.
»Nun, um die Wahrheit zu sagen«, antwortete Ruth, »gefallen würde mir das nicht. Das wäre Arthur gegenüber nicht fair, finde ich. Aber wenn ihr hier so entscheidet, ist es ja wohl meine Pflicht, das Gesetz zu respektieren. Und das würde ich auch tun.«
»Danke, Mrs. Danse. Keine
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