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Wahnsinn

Titel: Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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sie hatte, ungeachtet dessen, was alle sagten, nicht geglaubt, dass es Mädchen möglich war, einen Orgasmus zu bekommen –, fühlte sie sich, als hätte sie ihre Jungfräulichkeit zurückgewonnen, nur um sie gleich nochmal zu verlieren.
    Doch kurz danach fühlte sie sich wieder wie Ausschussware.
    So war es jedes Mal. Für sie war Sex so etwas wie eine Droge, die sie von ihrer Einsamkeit und ihrer Schuld und ihrem Unglück kurierte, aber auch ein tödliches Gift.
    Sie versuchte immer, nicht an die Zeit nach dem Sex zu denken.
    Das würde sie auch jetzt nicht tun.
    Er knöpfte ihre Bluse auf, schob den Büstenhalter aus dem Weg und umfasste ihre Brust. Ihr Nippel richtete sich unter seiner Handfläche auf. Ein wunderbares Gefühl durchströmte ihren Körper. Er konnte sie manchmal nur dadurch zum Orgasmus bringen, dass er eine ihrer Brustwarzen streichelte. Aber davon wusste er nichts.
    Überhaupt wusste er nicht viel über sie. Niemand tat das.
    »Komm mit nach oben«, sagte er und nahm ihre Hand. Sie folgte ihm.

    Es war das erste Mal, dass er grob zu ihr war.
    Sie wusste nicht, warum. Sie fragte sich, ob es irgendwas mit dem Revolver zu tun hatte. So eine Aggressionssache.
    Ihre Brustwarzen schmerzten, wo er sie gekniffen hatte. Auch in ihrem Inneren tat es weh. Morgen würde sie Blutergüsse an den Oberarmen haben.
    Sie hatte keinen Orgasmus gehabt. Dieses Mal nicht.
    Als er sie heimbrachte, war sie unverkennbar wütend auf ihn. Sie hatte kein Wort gesagt, aber sie wusste, dass er es wusste. Ihr Schweigen war deutlich genug.
    Was er nicht wusste, war, dass sie vermutlich genauso wütend auf sich selbst war. Weil sie ihn nicht davon abgehalten hatte.
    Sie hatte es nicht mal versucht.
    Sie hatte ihn einfach gewähren lassen.
    »Ich ruf dich an«, sagte er. Er klang ein bisschen reumütig.
    Aber nicht reumütig genug.
    Sie knallte die Autotür zu und blickte sich nicht um.
    Sie würde keine Anrufe von Martin entgegennehmen, nicht ans Telefon gehen, wenn er anrief, zumindest nicht in der nächsten Zeit. Womöglich nie mehr. Es gab schließlich noch andere Jungs.
    So was macht man einfach nicht, dachte sie.
    Man tut niemandem ohne Grund weh. Bloß weil man will und jemand einen lässt. Bloß weil man gerade Lust dazu hat und der andere sich nicht wehrt.
    Sie stieg die Stufen zur Veranda hinauf, öffnete die Tür und ging ins Haus.
    Ihre Mutter saß im Wohnzimmer und las die Zeitung von gestern. Dem guten, kräftigen Geruch nach zu urteilen, der aus der Küche kam, gab es zum Abendessen Kohl mit Speck.
    »Hallo, Liddy«, sagte ihre Mutter und blickte sie über den Rand der Zeitung hinweg an. Sie sah, wie Liddys Miene sich verdüsterte und legte die Zeitung beiseite.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    Und alles, was sie tun konnte, war, ein paar Tränen zu vergießen, während ihre Mutter aufstand und ihre Arme um sie legte, sie an sich drückte und sie fragte, was denn los sei, was passiert sei. Aber sie konnte ihr es ja schlecht erzählen, weil sie eigentlich gar nicht mit Jungs ins Bett steigen durfte, nicht in ihrem Alter, nicht mit dieser Familie.
    Also hatte Liddy ein weiteres kleines Geheimnis, das auf ihrem Gewissen lastete.
    Plymouth, New Hampshire ∙ Juli 1971
    Sie saßen an einem Schreibtisch in der kleinen, verglasten Bürozelle, als Harry Danse durch die Eingangstür des Polizeireviers getrottet kam. Das Glas war trüb vom Zigarettenqualm vieler Jahre, doch Harry erspähte seinen Sohn sofort und kam zu ihnen rüber.
    »Hey, Ralph.«
    Duggan nickte. Er sah, dass Harry etwas dicker geworden war.
    Sein Sohn würdigte ihn keines Blickes.
    »Wie geht’s Ruth?«
    »Alles klar.«
    Ralph Duggan tat der Mann leid. Harry hatte eine hübsche junge Frau geheiratet, die sich in einen mürrischen Hausdrachen verwandelt hatte. Und jetzt saß auch noch sein Sohn Arthur wieder mal in der Tinte.
    Dieses Mal hatten sie den Jungen auf frischer Tat ertappt.
    »Bevor wir dazu kommen, was, äh, passiert ist, möchte ich, dass Sie sich etwas ansehen«, sagte Harry. Er griff in seine Brusttasche und zog ein gefaltetes Blatt Papier heraus.
    »Was ist das?«, fragte Duggan.
    »Sein Highschool-Zeugnis. Sehen Sie, was da steht? Nur Einsen, außer einer Zwei in Algebra. Der Junge macht sich ganz gut, finden Sie nicht, Ralph?«
    »War das Ruths Idee?«
    »Ich denke schon, ja. Sie wollte eigentlich auch selbst herkommen, aber es geht ihr nicht so gut.«
    »Grippe?«
    »Hm-hm.«
    Duggan seufzte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Er

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