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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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wollen sie heute Abend auf allen Kanälen sehen, Haare hochgesteckt, Haare offen, eine Frau, die in einem Apartment des Prosilio-Gebäudes in den Docklands tot aufgefunden wurde.«
    »Ist das dasselbe wie ermordet?«, sagte Dove. »Darf das Wort ›ermordet‹ fallen?«

    »Sie können gehen, Detective Weber. Detective Dove, einen Moment noch.«
    Weber ging. Villani sah Dove an, blinzelte, musterte ihn, ohne den Kopf zu bewegen, die Hände im Schoß. Dove blinzelte, ruckte mit dem Kopf vor und zurück, ohne wegzusehen, blinzelte, fasste sich ans Ohr.
    »Sie müssen wissen, dass ich Klugscheißer nicht mag«, sagte Villani. »Sie sind nur hier, weil ich Sie genommen habe, als Sie herumgereicht wurden wie sauer Bier, als man Sie loswerden wollte. Jetzt spricht nur noch für Sie, dass Sie angeschossen wurden. Der Mitleidsbonus.«
    »Eigentlich hatte ich nie eine echte Chance«, sagte Dove.
    »Das ist Ihre Chance«, sagte Villani. »Verbocken Sie sie nicht. Sagen Sie Manton, wenn wir nicht heute noch alles kriegen, Namen der Mitarbeiter, Lebensläufe, wer gekommen und gegangen ist, werden wir einige richtig üble Dinge über das Prosilio-Gebäude verbreiten. Und die Orion-Gästeliste wollen wir auch haben.«
    Er erledigte Papierkram, las die Fallakten, schrieb Anweisungen, erteilte Anweisungen, sprach mit Einsatzleitern. Alles war im Griff, der Tag verging. Um zwanzig vor sechs brach er auf, kaufte unterwegs chinesisches Essen, traf rechtzeitig zu den Fernsehnachrichten im leeren Haus ein. Sie zeigten ihr Gesicht. Die Ähnlichkeit mit Lizzie war stark, das hatte er sich nicht vorgestellt. Sogar im Tod war sie schön, ernst, doch sie sah genauso wenig tot aus, als wäre das Bild ihr Passfoto.
    Dass man sie mit gebrochenem Genick gefunden hatte, blieb unerwähnt. Der Prosilio-Tower blieb unerwähnt. Es war nur von einer bisher nicht identifizierten jungen Frau die Rede. Er schaltete um, sah den Beitrag auf Kanal Zehn. Das Gleiche.
    Er wählte vier Telefonnummern, bekam weder Searle noch einen anderen dran, an dem er seinen Zorn auslassen konnte, hinterließ Dove eine kurze Nachricht.

    Er sah gerade die Sieben-Uhr-Nachrichten auf ABC, als Dove zurückrief.
    »Ehe Sie etwas sagen«, sagte Villani, »wer hat entschieden, weder den Genickbruch noch den Fundort der Leiche zu erwähnen? «
    »Wir nicht, Chef. Ich habe Ihre Worte verwendet. Eine junge Frau wurde in einem Apartment des Prosilio-Gebäudes tot aufgefunden.«
    Bild der Frau auf dem Schirm. Haare offen.
    … die Polizei bittet um Informationen über die Identität dieser jungen Frau. Sie hat braune Haare, ist weiß, keine zwanzig Jahre alt und seit einigen Tagen nicht mehr gesehen worden …
    Neues Foto. Mit hochgesteckten Haaren.
    … bitte kontaktieren Sie Crime Stoppers unter der…
    »Dafür nehme ich mir Searle zur Brust«, sagte Villani. »Wenn was reinkommt, lassen Sie’s mich wissen.«
    »Heißt das zu jeder Zeit, Tag und Nacht?«, fragte Dove.
    »Falls der Anruf ungelegen kommt, sag ich’s Ihnen. Es geht um alles oder nichts.«
    Samstagabend. Früher mal der Höhepunkt der Woche. Er duschte, fand zerknitterte Shorts, machte ein Bier auf, ging mit bloßem Oberkörper in die heiße Nacht hinaus. Er pinkelte auf das ehemalige Gemüsebeet am Zaun, tote, knochentrockene Erde, hörte Stimmen, von zwei Seiten. Es planschte einmal, mehrmals. Wieso war ihm entgangen, dass die Leute nebenan einen Pool gebaut hatten?
    Er saß in einem Liegestuhl auf der hinteren Terrasse, trank noch ein Bier, aß kaltes chinesisches Essen, gar nicht so übel, vermutlich kalt besser als heiß, heiß war es nicht gerade berauschend. Er bemerkte das grobe Backsteinpflaster unter den Füßen, das ein anderer Er selbst und ein anderer Joe Cashin in einer anderen Epoche verlegt hatten. Es hatte ein Wochenende lang gedauert.

    Ein plötzliches Verlangen nach Rotwein. Er fand eine Flasche, die vorletzte in der Kiste.
    In der Küche, er hatte gerade den Korkenzieher in der Hand, meldete sich sein Handy auf der Tischplatte.
    »Ist das ein passender Zeitpunkt?«, fragte Dove.
    »Reden Sie«, sagte Villani.
    »Eine Frau aus Box Hill hat Crime Stoppers angerufen. Ich habe gerade mit ihr gesprochen.«
    »Und?«
    »Sie ist sich ziemlich sicher, dass sie unser Mädchen vor etwa zwei Monaten an einem Truckstop am Hume Highway gesehen hat, am sechzehnten Dezember gegen neun Uhr abends. Auf dieser Seite von Wangaratta.«
    »Wie gesehen?«
    »Im Toilettenbereich. Draußen wartete ein Mann auf sie, und

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