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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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Mähen.«
    »Gordie macht das schon.«
    »Ich weiß nicht recht, ob mir die vage Chance, dass eines Tages Gordie vorbeikommt, zur Sicherung meines Erbes ausreicht. «
    »Wer hat dich zum Kronprinzen gemacht? Ich hinterlasse das alles hier Luke.«
    Man durfte Bob nicht ernst nehmen, er konnte nehmen und geben, er konnte alles auflösen, was man für sicher und stabil gehalten hatte.
    Villani holte den Victa aus der Garage, füllte Benzin nach, schob ihn vors Haus. Er öffnete die Drosselklappe und versuchte, an der Leine zu ziehen. Sie ließ sich nicht bewegen. Er drehte das Gerät um, wollte die Klinge bewegen, stieß mit den Knöcheln dagegen, blutete sofort. Er ging zu dem Holzstapel, nahm ein Scheit, kam zurück und schlug gegen die Klinge; beim dritten Versuch bewegte sie sich.
    »Die erste Wahl«, sagte sein Vater. »Rohe Gewalt.«
    »Genau«, sagte Villani. »Hab ich von dir gelernt.«
    Er richtete den Mäher wieder auf, drückte ein paarmal auf den mit Fett und Dreck beschmierten Nippel. Er zog an der Leine. Der Motor knackte. Er probierte es noch mal. Noch mal. Und noch mal, dabei schoss ihm der Schmerz in den Arm, rauf bis zur Schulter.

    »Er kriegt keinen Saft«, sagte sein Vater. »Mehr Power.«
    »Das Gerät ist dreckig. Was ist eigentlich aus der Regel geworden, die du uns immer gepredigt hast: ein Werkzeug nie dreckig wegzupacken?«
    »Staub«, sagte sein Vater. »Der ganze beschissene Bezirk Mallee weht hier rüber.«
    Villani drückte so lange mit dem Daumen auf die Kolbenstange, bis er Benzin roch, stand auf und zog an dem Anlasserseil : ein Kolbenknaller, ein neuer Versuch, der Motor knallte zweimal, Villani zog erneut am Seil. Ein Aufheulen, Staub, Kiebitze stiegen aus dem Gras auf. Villani verringerte die Gaszufuhr, schob den Mäher zur nördlichen Ecke des Hauses und legte los.
    Als er mit der zweiten Tankfüllung unterwegs war, sah er Bob Villani winken. Sie setzten sich auf die Veranda mit ihren Lücken zwischen den Bohlen und tranken Tee. Der Hund, gelbe Haare und Augen, lag da, die lange Schnauze auf dem Stiefel seines Herrchens.
    Villani schob das Gerät noch eine halbe Stunde lang. Der von ihm aufgewirbelte Staub vermischte sich mit den Benzindünsten und klebte auf seiner Haut, er bekam Kopfweh. Es war über dreißig Grad, kein Lüftchen wehte, nichts rührte sich, eine heiße, tote, nach Rauch riechende Welt. Auf der langen Ost-West-Bahn, es juckte, Staub war in seinen Augen, klebte ihm im Gesicht, sah er den blaugrauen Berg, das baumlose Dunkel des oberen Hanges. Er schien nah zu sein, aber die Fahrt dauerte eine Stunde, in dieser Landschaft ging es ständig rauf und runter.
    Gegen Mittag nahm er das Gas zurück, der Motor stotterte, wollte nicht ausgehen. Es vergingen Minuten, bis Villani die Stille hörte. Er ging zum Tank, schreckte ein Paar Spitzschopftauben auf. Sie stolzierten beleidigt davon. Er wusch sich die Hände, spritzte sich Wasser ins Gesicht. Als er die Augen wieder öffnete, verdüsterte sich die Welt. In der Stadt
bemerkte man das nicht, man musste sich von dem Smog entfernen, damit Wolken die Farbe des Landes, die Farbe der eigenen Haut verändern konnten.
    »Da unten hast du ein Stück ausgelassen«, sagte Bob und zeigte darauf.
    »Eigentlich bin ich nicht hier, um deinen Rasen zu mähen«, sagte Villani. »Das Telefon klingelt ununterbrochen. Was ist aus dem Anrufbeantworter geworden?«
    »Ist im Arsch«, sagte Bob.
    »Na, besorg dir einen neuen.« Er trank aus dem Hahn. Das Regenwasser schmeckte uralt, als hätte er Zinknägel im Mund.
    Villani reinigte den Mäher, sprühte ihn mit WD-40 ein, schob ihn in die Garage. Er ging ins Haus, wusch sich in der Küchenspüle Gesicht und Hände, machte dann Sandwiches mit Mayonnaise und Eisbergsalat.
    Sie aßen in der Küche, der Hund lag unter dem Tisch.
    »Zähes Brot«, sagte Bob.
    »Ist teures Brot, von Hand gebacken.«
    »Die haben dich übers Ohr gehauen, Kumpel.«
    »War Mark mal hier?«
    »Der Doktor braucht seinen alten Herrn nicht.«
    »Vielleicht ruft er an, und niemand nimmt ab.«
    »Mark ruft nicht an.«
    »Ach ja? Das Telefon funktioniert nicht. Ich werd mit ihm reden. Der Komposthaufen ist tot. Tomaten wachsen auch keine.«
    Sein Vater kaute, Blick in Richtung Zimmerdecke. »Wenn man nichts anbaut, braucht man auch keinen Kompost.«
    »Es ist noch nicht vorbei, Dad. Du isst doch noch, nehme ich an?«
    Bob Villani sagte: »Gordie baut genug Gemüse für ’ne ganze verdammte Armee an, weshalb sollte ich da noch

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