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Wahrheit (Krimipreis 2012)

Titel: Wahrheit (Krimipreis 2012) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Temple
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rechte Achselhöhle, ein stechender Schmerz fuhr durch seinen ganzen Körper, Les’ Rechte knallte gegen seinen Kopf, er hatte Wasser in den Augen.
    Villani schüttelte den Kopf, nahm die Hände runter,
keuchte, ihm war übel, spuckte den Mundschutz aus. »Zufrieden, Opi?«, sagte er. »Hab dir ein paar Treffer zugestanden. Machste jetzt ’n Nickerchen?«
    Les tätschelte seinen Arm. »Gar nicht übel«, sagte er, »für ’n abgefuckten alten Cop. Hast noch ’ne gute Rechte, bist ziemlich flink auf den Füßen.«
    Aus dem Ring rief Les ihm nach: »Wenn du hier trainieren willst, dann mindestens zweimal die Woche, sonst verpiss dich. Und erzähl mir keinen Scheiß von wegen Arbeit. Im Fernsehen seid ihr nix als Scheißschauspieler, das ist der Job von euch blöden Cops.«
    Im Wagen musste er an die junge Frau aus dem Prosilio denken. Deren Körper schon vom Leben gezeichnet war. War sie am Anfang das Gleiche gewesen wie Lizzie, ein geliebtes Kind? Wer würde ihrem Vater sagen, dass sein Töchterchen tot war? In einem Palast zu Tode gefickt.
    Lizzie.
    Ein affektiertes kleines Mädchen mit Zöpfen, das auf dem Sofa in dem alten Wohnzimmer gesessen hatte, vor der Renovierung, nicht fernsah, sondern Bilder malte, in ein großes Buch. Ihm fiel ein, wie er sie zu Bett gebracht hatte, als sie noch klein war. Zuerst mussten die Puppen schlafen gelegt werden, eine nach der anderen, sie hatte ungefähr zwanzig. Wenn es so lange dauerte, dass er es nicht mehr aushielt, rief er Laurie, die ihn ablösen musste.
    Ein mäkeliges Kind, sie aß kein Fleisch, sie aß keinen Fisch, sie mochte es nicht, wenn auf ihrem Teller die Speisen vermengt wurden, dann hob sie angewidert die Oberlippe, zeigte Zahnfleisch, winzige weiße Stummel, provisorische Zähne.
    Das trieb ihn immer zur Weißglut. Corin und Tony hatten alles gegessen.
    Meine Güte, Stephen, mach daraus keine Staatsaffäre. Das ist eine Phase, manche Kinder sind so.
    Nicht zu meiner Zeit.

    Nun, vielleicht sind ausgebildete Killer nicht die besten Vorbilder für künftige Eltern. Wir wohnen hier nicht in einer Kaserne.
    Der Knock-out-Schlag. Er konnte seinen Vater, seine eigene Erziehung nicht verteidigen. Er hätte nicht gewusst, wo anfangen. Er hatte Bob nie als Vater gesehen, eher als dominierenden älteren Bruder, als einen viel, viel älteren Bruder, der einen mit einem einzigen Blick zum Schweigen bringen und so mit der Hand ausholen konnte, dass man glaubte, ein Rückhandschlag würde einen ins Koma befördern. Was er nie tat, nie schlug er einen der Jungs. Das brauchte er gar nicht.
    Paul Keoghs Stimme aus dem Radio:
    … ein Slapstick-Polizeieinsatz spät in der letzten Nacht endete mit zwei Toten auf der Western Ring Road. Wie ich aus verlässlichen Quellen erfahre, flohen die Hauptverdächtigen des Oakleigh-Massakers aus einem Wohnblock in der Roma Street, während sie unter polizeilicher Beobachtung standen. Ja, Leute, das Haus wurde mittels modernster Technik observiert. Genial, nicht wahr? In der Leitung haben wir den Sprecher des Polizeipräsidiums, Geoff Searle.
    Morgen, Paul.
    Diese Sache in South Melbourne, die gibt doch Anlass zu größter Besorgnis, oder?
    Bei allem Respekt, Paul, bei Polizeieinsätzen geschehen Dinge, die niemand kontrollieren kann, das war ein …
    Verdächtige entkamen, während Sie zusahen, das stimmt doch, oder?
    Ich kann die Ereignisse nicht kommentieren, sondern nur betonen, dass unsere Beamten äußerst professionell vorgegangen sind und…
    Also echt, Geoff, wie sehr hängt Ihnen dieser alte Spruch zum Hals raus? Äußerst professionell am Gesäß, um es mal frei heraus zu sagen. Zwei Mordverdächtige entkommen,
während die Polizei sie beobachtet, und sterben später im Verlauf einer aberwitzigen Verfolgungsjagd …
    Paul, es gab keine Hochgeschwindigkeitsverfolgungsjagd, das ist schlicht falsch …
    Ich kann wohl nicht erwarten, dass Sie Farbe bekennen und das sagen, was wir beide wissen, stimmt’s? Dass dieses Desaster in South Melbourne genau ins Bild passt? Was sagen Sie zu dem Gerücht, die Verdächtigen seien von jemandem innerhalb der Polizei vorgewarnt worden?
    Dazu sage ich: einfach lächerlich, Paul. Einfach lächerlich. Es gibt absolut…
    Mal sehen, was die Hörer denken, Geoff, wir wollen die Leitungen freigeben und…
    Bei allem Respekt, Paul, ich bin nicht hier, um mich von Ihren Hörern befragen zu lassen, dazu bin ich nicht befugt.
    Oh, tut mir leid. Mein Fehler. Ich dachte, Sie sprechen im Namen der Polizei?

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