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Waisen des Alls

Waisen des Alls

Titel: Waisen des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Chel saß. Neben ihm stand eine ovale Tür offen, dahinter sah man dichtes Gezweig, alles in dunklen Umrissen dargestellt. Greg begriff, dass der Uvovo in einer Vudronkammer saß. Chel hatte sämtliche Augen, sein ursprüngliches Augenpaar und die vier Stirnaugen, weit geöffnet. Vor Anspannung zitterte er beinahe. Dann begann er zu sprechen.
    »Der Wächter hat mir versprochen, dir diese Nachricht zu übermitteln, Greg. Ich habe nach dem letzten Hüter Segranas gesucht oder zumindest nach einem Hinweis auf seinen Ruheort. Stattdessen habe ich etwas anderes gefunden, doch dann wurde ich von einer brolturanischen Patrouille entdeckt. Sie waren zu fünft oder zu sechst, und jetzt sitze ich an einem erstaunlichen Ort in der Falle. Ich brauche deine Hilfe, Greg. Bitte komm - der Wächter wird dich leiten.«
    Das dunkle schrumpfte und ging im Lichtschleier auf.
    »Wann hast du die Nachricht bekommen?«
    »Vor weniger als zwanzig Minuten, während des Angriffs.«
    »Wie weit ist es bis zu der Stelle?«
    »Mindestens drei Stunden Fußmarsch. Lauscher Oskel hat eine Karte gezeichnet.«
    Als Greg von der Plattform hinunterstieg, reichte ihm einer der Lauscher ein kartonartiges Stück Pergament.
    »Der Seher hat gesagt, die Brolturaner kämen immer näher. Es ist dringend.«
    Ich weiß, wie verdammt dringend es ist!, hätte er am liebsten geknurrt, sagte aber stattdessen: »Zunächst muss ich
mich vergewissern, dass an der Küste die Luft rein ist. Wir haben zu viel zu verlieren.« Er blickte zur Frauengestalt des Wächters hoch. »Danke.«
    Das Observatorium gab Entwarnung, und so traten Greg, Alexej und vier erfahrene Freiwillige durch das Geheimtor, einen sieben Meter langen Gang, der für gewöhnlich mit schweren, mit Gegengewichten ausbalancierten Steinblöcken verbarrikadiert war. Der Gang endete hinter einer geborstenen Felsplatte, von der sie hinunterstiegen und sich zur einer buschbestandenen ausgetrockneten Wasserrinne vorarbeiteten, die sich nach Norden hin zum Arawnwald absenkte.
    Es war früher Nachmittag, der Himmel grau und verhangen, was nach der Düsternis in der Bergfeste dennoch eine willkommene Abwechslung darstellte. Der Wald aber war die Domäne des Gegners, hinter jedem Baum, jedem Grashöcker, jedem Laubdickicht konnte sich ein mechanischer Schrecken verbergen. In den achtzig Stunden seit dem Einzug in den Hauerberg hatte die brolturanische Mechafabrik anscheinend eine erkleckliche Anzahl robotischer Jäger ausgestoßen, jedenfalls war dies der Tenor der Gerüchte und der Berichte aus zweiter Hand, die sie von den wenigen Flüchtlingen erhielten, die noch immer im Stundentakt eintrudelten. Während Greg mit seinen Begleitern durchs kalte, stille Unterholz kroch, wurde der Schatten belebt von einem eingeeten Schwarm funkelnder, klingenbewehrter Maschinen, die nur darauf warteten, sich auf sie zu stürzen.
    Doch sie kamen ungehindert voran und gelangten schließlich in das Dickicht des Waldes, wie es auf der Karte des Wächters verzeichnet war. Im Zwielicht unter den überhängenden Ästen mussten sie auf Grasbüscheln einen Morast überqueren, worauf sie auf festeren Untergrund
gelangten, der sich erneut in sumpfigeres Erdreich absenkte. Feuchtes Laub gluckste unter ihren Füßen, Insekten summten, und Echsen pfiffen. Schließlich ging es im Windschatten eines steilen Hügels eine üppige Wiese hinauf. Der Hügel grenzte an die unteren Hänge eines Vorgebirges, Teil einer Hügelkette, die aus der Nordseite der Kentigernberge vorsprang.
    Das war ihr Ziel.
    Wie auf der Karte des Wächters verzeichnet, folgten sie vom Fuß eines gewaltigen geneigten Felsens aus einem Weg durch ein Dickicht zu einer verwitterten Holztreppe. Regenböen gingen nieder, als sie die vermoderten, rutschigen Stufen hinaufstiegen, dann gelangten sie zu einem Felsgesims und einem schiefen Eingang in den Hügel, von dessen Türsturz Moos herabhing. Wasserrinnsale sammelten sich zu ihren Füßen und rieselten in die Dunkelheit. Greg zog seine Waffe, eine Gustav 9 mm, dann schalteten sie die Taschenlampen ein, und er und Alexej traten als Erste durch die Öffnung.
    Im scharfen Lichtkegel der Lampen entdeckte Greg am Boden kleine, flache Fußabdrücke, die von den Fellschuhen der Uvovo stammten. Der Gang wurde schmaler und veränderte sich; vor langer Zeit hatte man hier Baumstämme und Matten ausgelegt, doch die waren inzwischen verrottet.
    »Das stinkt hier wie ein Komposthaufen«, brummte Alexej.
    »Da liegen Sie gar nicht so

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