Waisen des Alls
Einblicke eröffnet in das, was gewesen war, hatten ihm verschiedene Ereignisse mit unterschiedlichem Ausgang oder anderen beteiligten Personen gezeigt. Außerdem sah er Fragmente gegenwärtiger Ereignisse; Greg, der im Sonnenuntergang auf einem verwüsteten Berghang stand, die Aufräumarbeiten leitete und den Flüchtlingen half; Kao Chih an Bord eines kleinen Raumschiffs in Begleitung von zwei weiteren Personen, das Gesicht eigentümlich verzerrt; Catriona, die mitgenommen und angespannt auf einem hohen Ast hockte, während im Halbdunkel des Waldes ein heftiger Regen niederging.
Dann sah er eine Abfolge eigentümlich grauer er - Greg tot und verschüttet im Innern eines Berges, Catriona tot und begraben am Fuße eines Baums, und da war auch er selbst, bäuchlings in einem Fluss zum Meer treibend, während verschwommene Unterdrückermaschinen über die Hügel zur Schulter des Riesen marschierten. War das eine Warnung vor möglichen Zukünften, oder wiesen sie auf eine andere Art von Konflikt hin?
Gelassen blickte er in den abendlichen Wald. Seine Aufgabe war klar - er musste mehr über das bizarre, tentakelbewehrte Maschinenwesen herausfinden, seinen Weg verfolgen, klären, wohin es strebte, und dann Greg und den anderen helfen, es zu zerstören. Sollte ihm das nicht gelingen, würde dies offenbar schreckliche Folgen haben.
Die Sonne war inzwischen untergegangen, deshalb richtete er sich auf und begann den Abstieg ins Tal.
Umaras Himmel entfaltete heute ein prachtvolles Schauspiel mit purpurroten und orangefarbenen Wirbeln, während die Lichtpünktchen und das fahle Leuchten des Waldes besonders strahlend wirkten. Lächelnd stellte Chel sich vor, Himmel und Erde hätten sich verbündet, den Wald zu erleuchten, durch den er sich verstohlen bewegte. Doch er kannte genug Listen und Kniffe, um der Entdeckung zu entgehen und sich vor den Augen und Ohren der Maschinensklaven zu verbergen.
Sie hatten Wachposten aufgestellt, was darauf hindeutete, dass der Vormarsch des Gegners zum Stillstand gekommen war. Einer der Vorteile, die seine neuen Augen mit sich brachten, bestand darin, dass er nun bestimmte Körperfunktionen wie Herzschlag und Hauttemperatur beeinflussen konnte. Er passte seine äußere Erscheinung so an, dass er mit dem Rauschen des Waldes verschmolz, und kroch an den funkelnden Linsen und Sensoren der wachenden Kriegsmaschinen vorbei. Er hätte auch die luftverändernde Tarnhülle einsetzen und sich vollkommen unsichtbar machen können, doch dann wäre er unnötig geschwächt im feindlichen Lager angekommen.
Mit stetigen, zielstrebigen Bewegungen kroch er an den inneren und äußeren Wachposten vorbei, wobei er noch den kleinsten Busch als Deckung nutzte. Abendnebel waberte durchs Unterholz und umgab die sanft leuchtenden
Inekakäfer und Ulbywurzeln mit einem Lichthof. Schließlich hatte er das gegnerische Lager erreicht, das in einer von großen, ausgewachsenen Bäumen überschatteten steilen Senke lag. Hinter einem dichten, dornigen Syldugebüsch verborgen, spähte er auf einen großen dunklen Schatten nieder, dann betrachtete er ihn mit den Augen Segranas …
Der Gegner ruhte in der länglichen, kastenförmigen Fabrikmaschine - er glich einem Lebewesen mit abgeflachtem Panzer und zahlreichen Tentakeln am einen Ende. Chel aber hatte so etwas schon gesehen, in den mit seiner Verpuppung im Tapiola-Tochterwald einhergehenden Visionen aus der fernen Vergangenheit, vom großen Krieg gegen die Legion der Avatare. Pervertierte Bewusstseine fesselten sich ein Leben lang an gepanzerte Hüllen, eten eine Einheit mit Maschinen, ein kalter Schmerz und ein mechanisierter Zorn, der sich nach außen richtete, gegen alles und jedes, was es wagte, ihnen zu trotzen …
Und nun veränderte er die Intensität und den Fokus seiner Augen, wechselte von den ern des Jetzt zu den ern des Nachher. Dies hier war ein Ritter der Legion der Avatare, dessen einziger Zweck anscheinend die Befreiung der auf den tiefsten Ebenen des Hyperraums eingesperrten Überlebenden der Legion war, die anschließend maßlose Vergeltung üben sollten. Doch er musste selbst die finstersten Folgen kennen, die sich jenseits des Jetzt versammelten, er musste es sehen …
Nächtliches Dunkel lag auf dem Wald, durchbrochen vom Leuchten einzelner Tiere und überlagert mit einer bedrohlichen Stille. Alle seine sechs Augen blickten in den Schatten, der wie eine Membran zitterte. Die sich auflöste in kalte, schwarze Verwüstung. Das Land und die Hügel
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