Waisen des Alls
installiert werden. Doch abgesehen von den technischen Aufgaben galt es noch ein weiteres schwerwiegendes Problem zu lösen:
Wie sollte er die Menschenbesatzung eines interstellaren Raumschiffs simulieren?
9 Kao Chih
Gut einen Tag nach dem Aufbruch von Belskirnir erreichten sie Doyles Anleger, eine Kreuzung am Chyornyfluss, dort wo er aus einer steilwandigen Schlucht am Südostrand des Arawnwaldes austrat. Es ging bereits auf den Abend zu, und der Himmel dunkelte rasch. Mit dem an Seilen geführten Holzkahn hatten sie gerade die Mitte des Flusses erreicht, als die Brolturaner angriffen. Kao Chih hatte sich mit Silveira, dem Beauftragten der Erdsphäre, unterhalten, als er Triebwerksgeheul vernahm und drei schlanke Jagdflieger bemerkte, die einen halben Kilometer flussabwärts dicht über die Baumwipfel hinweg herangeschossen kamen.
»Alle ins Wasser!«, brüllte Silveira. »Sie greifen an!«
Angst und Panik spiegelten sich in den Gesichtern wider, doch Kao Chih verspürte eine eigentümliche Gelassenheit. Greg und die Firmanow-Brüder sprangen bereits ins Wasser, gefolgt von zwei bärtigen Trappern, die kurz entschlossen ihre Fellballen über Bord warfen. Alle waren gegen den Strom gehechtet, deshalb entschied Kao Chih sich für die andere Seite, außerdem gedachte er, die Strömung zu seinem Vorteil zu nutzen. Er hörte gerade noch, dass Silveira ihm etwas zurief … dann sprang er ins eiskalte Wasser. Er tauchte gerade zum Atemholen auf, als der Kahn von einer Rakete getroffen wurde.
Die Detonation war ohrenbetäubend laut und blendend hell, und eine Hitzewelle raste über ihn hinweg. Als die brennenden Trümmer des Kahns flussabwärts getrieben
wurden, begriff er, weshalb seine Begleiter sich für die andere Seite entschieden hatten. Durch die nasse Kleidung behindert, musste er tauchen, als die brennenden Holzstücke auf ihn zutrieben, und anschließend hatte er Mühe, wieder an die Oberfläche zu kommen. Und der Angriff ging weiter, eine unaufhörliche Kakophonie von Explosionen und Gewehrfeuer, von Schreien, Gebrüll und vereinzelten Schüssen.
Als er das gegenüberliegende Ufer erreichte und pitschnass die grasbestandene Böschung hinauftaumelte, waren die Kampfjäger verschwunden. Doyles Anleger war zerstört, die alte Taverne und die umliegenden Hütten und Bruchbuden waren dem Erdboden gleichgemacht. Die Überreste standen in Flammen. Erschöpft und bis auf die Haut durchnässt stolperte Kao Chih noch ein paar Schritte weiter, dann rutschte er im Morast aus und fiel auf den Hintern. Er blieb einfach sitzen und starrte einen Moment lang benommen ins Leere. Auf dem Hinweg war er mit Greg in der Taverne eingekehrt, hatte einen Krug des einheimischen Gerstensafts getrunken und mit dem Wirt Neuigkeiten ausgetauscht …
Alexej, der eine der Firmanow-Brüder, kam angelaufen. Seine Kleidung war ebenfalls durchnässt, seine Hände fast schwarz von Dreck und Asche, und aus einer Schädelverletzung rann ihm Blut über die Schläfe.
»Kao Chih, mein Freund, alles in Ordnung?«, fragte er. »Du siehst gar nicht gut aus. Bist du verletzt?«
»Nein … danke, ich bin unverletzt.«
»Gut, sehr gut, dann braucht jetzt nur noch Greg aufzutauchen und ein paar Feuer zu löschen, pazhalsta ?«
Kao Chih nickte und ließ sich auf die Beine helfen, dann stolperte er hinter Alexej her durch die brennende Siedlung. Die nächste Stunde über schleppten sie Wassereimer,
brachten die Verletzten zu einem primitiven Unterstand am Waldrand und bargen die noch essbaren Vorräte aus den verkohlten und qualmenden Ruinen. Greg, Silveira und die Firmanows packten energisch mit an und bargen Baumstämme, Leinwand und so viele Planen, wie sie finden konnten, Baumaterial für provisorische Unterkünfte. Inzwischen war es Nacht geworden, und es brannten Lagerfeuer, als Greg eine Ruhepause verkündete. Die Kleidung war in der verqualmten, erhitzten Luft getrocknet, doch alle waren verschwitzt und mit Asche bedeckt, ebenso die wenigen unverletzten Siedlungsbewohner, die darauf bestanden hatten, ihre Toten selbst zu begraben.
Megan Doyle, die Tavernenbesitzerin, war bei dem Angriff ums Leben gekommen, doch Tavish, ihr Sohn, ein magerer Jugendlicher mit gequältem Blick, kam herüber, um ihnen zu danken.
»Ich stehe in euer aller Schuld«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie wir zurechtgekommen wären, wenn ihr wie diese beiden Lumpen davongerannt wärt …«
Die beiden Trapper, die mit im Kahn gesessen hatten, waren mit ihren Fellen ans
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