Wait for You: Roman (Wait for You-Serie) (German Edition)
Kerl zu einer Bedrohung wurde. Diesen Punkt hatte dieser Junge noch nicht erreicht gehabt. Keiner wusste, ob das noch hätte passieren können, aber diesmal waren es die Erinnerungen gewesen, die mich um den Verstand gebracht hatten.
»Du hättest nicht herkommen müssen«, sagte ich schließlich. Plötzlich war ich unglaublich müde. »Du solltest auf der Party sein und Spaß haben.«
Cam schwieg so lange, dass ich ihn einfach anschauen musste. Sein Gesichtsausdruck ließ vermuten, dass ein Teil von ihm mich erwürgen wollte, während der andere Teil sich etwas vollkommen anderes wünschte. Mein Magen zog sich kurz zusammen, genau wie auf der Party, bevor alles den Bach runtergegangen war.
»Wir sind Freunde, richtig?«, fragte er leise und ruhig.
»Ja.«
»Freunde tun so etwas. Sie passen aufeinander auf. Brittany und Jacob wären ebenfalls hier, wenn ich sie nicht überredet hätte, noch zu bleiben.«
Vielleicht hatte ich den Moment zwischen uns vollkommen falsch gedeutet. »Ich muss mein Handy holen und sie…«
»Ich werde Brittany eine SMS schicken. Ich habe ihre Nummer.« Cam lehnte sich auf die Fersen zurück und musterte mich. »Die Tatsache, dass du nicht damit rechnest, dass sich jemand für dich interessiert, ist… Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll.«
Ich schwieg und wollte den Blick abwenden, aber Cam hob die Hand und legte sie an meine Wange. Sein Daumen streichelte sanft meine Haut. Unsere Blicke trafen sich. Ich wünschte mir, ich könne etwas sagen, was diese Nacht ungeschehen machte. Nun, alles, bis auf die Art, wie er mich auf der Party angesehen hatte. Das hatte mir irgendwie gefallen.
Okay. Es hatte mir sogar ziemlich gut gefallen, aber egal.
»Warum hast du geweint?«, fragte er. »Warte. Hat dieses Arschloch dir wehgetan? Denn dann werde ich…«
»Nein! Überhaupt nicht«, sagte ich schnell. Ich hatte das Gefühl, dass Cam den Kerl aufspüren und zu Brei schlagen würde, wenn er vermutete, dass er mir wehgetan hatte.
»Warum dann?« Wieder bewegte sich sein Daumen. Ich bewegte mich wie aus einem lange vergessenen Instinkt heraus. Ich drehte den Kopf tiefer in seine Handfläche. »Sprich mit mir.«
Den meisten Leuten fiel es leicht zu reden, aber die meisten Leute hatten auch Dinge, über die sie tatsächlich reden wollten. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich habe ich mich einfach lächerlich benommen.«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Bist du dir sicher, dass das alles war?«
»Ja«, flüsterte ich.
Er schwieg für einen langen Moment. Statt etwas zu sagen, ließ er seinen Blick prüfend über mein Gesicht gleiten. »Geht es dir gut?«
Ich nickte.
Seine Hand rutschte ein Stück nach unten, und sein Daumen berührte meinen Mundwinkel. Ich schnappte nach Luft. Plötzlich war ich mir Cams Nähe unglaublich bewusst. Irgendwie seltsam. Ich hatte nach Worten gesucht, die diese Nacht verschwinden lassen konnte, aber eigentlich brauchte es gar keine Worte.
Eine Berührung, ein einziger Blick war genauso dazu fähig.
In diesem Moment dachte ich an nichts anderes als Cam. Darin lag eine Freiheit, die ich so noch nie zuvor empfunden hatte.
Sein Blick saugte sich an meinen Lippen fest. Sobald ich das bemerkt hatte, schlug mein Herz wie wild und jagte das Blut in Höchstgeschwindigkeit durch meinen Körper. Der Abstand zwischen uns war sehr gering. Ich müsste mich nur ein paar Zentimeter bewegen, mehr wäre nicht nötig.
Und dann hob er den Blick.
Cam überbrückte die Distanz zwischen uns, bevor ich mich zurückziehen konnte. Mein Herz machte einen Sprung, weil ich glaubte, dass er mich küssen könnte… dass ich nur Sekunden vor meinem ersten Kuss stand und keine Ahnung hatte, was ich tun sollte. Mein Mund fühlte sich nach meinem Heulanfall seltsam an, und ich saß auf einer Toilette – wahrscheinlich nicht der romantischste aller Orte.
Doch er küsste mich nicht. Cam drückte seine Stirn gegen meine und atmete einmal tief durch. Sein Atem roch nach Minze. »Manchmal treibst du mich wirklich in den Wahnsinn.«
Ich trieb mich selbst in den Wahnsinn. »Tut mir leid.«
Cam zog sich wieder ein wenig zurück und musterte mein Gesicht. »Lauf nicht noch mal so weg, okay? Mir ist der Arsch auf Grundeis gegangen, als ich dich nicht finden konnte und niemand wusste, wo du bist.«
Fast hätte ich mich noch mal entschuldigt, aber Entschuldigungen waren wie Wünsche. Beides gab es in meinem Leben in Hülle und Fülle, und weder das eine noch das andere machte einen
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