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Wait for You

Wait for You

Titel: Wait for You Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Lynn
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passiert war, und das hier haute mir die Sicherungen durch. Ich hatte so viele Mails von Accounts bekommen, die ich nicht kannte. Viele mit meinem oder Blaines Namen als Betreff. Ich hatte keine davon geöffnet, weil ich mich mit so etwas nicht herumschlagen wollte. Niemals hätte ich geglaubt, dass sie von Molly stammen könnten.
    Andererseits, hätte es wirklich etwas geändert? Hätte ich die Mails geöffnet und Molly eine helfende Hand gereicht, wenn ich es gewusst hätte? Mal abgesehen von den rechtlichen Aspekten der Geheimhaltungsvereinbarung?
    Zu sagen, dass ich ihr geholfen hätte, wäre eine Lüge gewesen.
    »Bist du noch da?«, drängte Molly.
    »Ja.« Ich räusperte mich und hob den Kopf. Die eisige Kugel in meiner Brust lockerte sich ein wenig. »Ich habe nicht gelogen.«
    »Also war es die Wahrheit?« Ihre Stimme klang, als habe sie ihren Mund näher an den Hörer geschoben. »Und du hast die Anklage fallen lassen?«
    Mein Körper verkrampfte sich. »Ja, aber du…«
    »Wieso solltest du das tun?« Ihre Stimme klang rau. »Wie konntest du? Wie konntest du so lange schweigen?«
    »Ich…«
    »Du bist ein Feigling. Du klammerst dich an dein Schweigen, weil du ein Feigling bist! Du bist immer noch dieselbe verängstigte Vierzehnjährige, die Jahre später so tut, als wäre es vorbei!«, schrie sie laut genug, dass es in meinem Ohr knackte. »Mir ist das nur passiert, weil du nicht die Wahrheit gesagt hast! Du kannst dir selbst einreden, was auch immer du willst, aber so ist es! Und das wissen wir beide!«
    Damit legte Molly einfach auf.
    Ich saß da und starrte auf mein Handy. In mir kochte immer noch Wut, aber ein Teil ihrer Worte hatte den roten Schleier durchdrungen und tatsächlich Sinn ergeben.
    »Du klammerst dich an dein Schweigen, weil du ein Feigling bist! Du bist immer noch dieselbe verängstigte Vierzehnjährige, die Jahre später so tut, als wäre es vorbei!«
    Sie hatte recht. Gott, sie hatte so recht. All diese Jahre und ich hatte seit diesem Abend nie ein einziges Wort gesagt. Ich hatte zu viel Angst, es irgendwem zu erzählen, sogar Cam. Und deswegen war er gegangen. Denn er hatte ebenfalls recht gehabt. Ich hatte die Vergangenheit nicht losgelassen. Und es konnte keine Zukunft geben, bevor ich das nicht tat. Ich hatte allen die ganze Zeit nur etwas vorgespielt – dass es mir gut ginge, dass ich glücklich war, dass ich eine Überlebende sei.
    Aber ich war keine Überlebende. Viele Jahre lang war ich nichts gewesen als ein Opfer.
    Molly kannte nicht die gesamte Geschichte. Das hätte wahrscheinlich auch nichts geändert, aber überleben und eine Überlebende sein waren zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Und das hatte ich die ganze Zeit getan. Ich hatte einfach nur irgendwie überlebt und auf den Tag gewartet, an dem das, was Blaine mir angetan hatte, keinen Schatten mehr auf alles warf, was in meinem Leben gut war.
    Ich ließ den Kopf in die Hände sinken. Tränen stiegen mir in die Augen.
    Stattdessen gab es eine Menge Dinge, die ich anders hätte angehen können. Ich konnte nichts daran ändern, was mir passiert war. Aber ich hätte danach anders reagieren können, besonders jetzt, wo ich mich so weit von denen entfernt hatte, die jeden Versuch, das Trauma zu überwinden, boykottiert hatten. Aber um ehrlich zu sein, ging es um mehr als nur das. Es war immer um mehr gegangen als nur Blaine. Es ging auch um meine Eltern – und um mich.
    Der einzige Weg, wie ich meine Vergangenheit je hinter mir lassen konnte, war, mich den Geschehnissen zu stellen; etwas zu tun, für das ich bereits einmal bestraft worden war.
    Es war nicht die Vergangenheit, die zwischen uns stand.
    Es war die Gegenwart.
    Cam hatte recht gehabt.
    Plötzlich sprang ich auf. Ich bewegte mich bereits, bevor ich wusste, was ich tat. Als ich mich vor Cams Wohnungstür wiederfand, schlug mir das Herz bis zum Hals. Es war wahrscheinlich zu spät für uns, aber wenn ich es ihm erzählte – wenn ich mich erklären konnte –, dann war das zumindest ein Anfang. Auf jeden Fall schuldete ich es Cam.
    Ich schuldete es mir selbst.
    Ich klopfte, und ein paar Sekunden später hörte ich Schritte. Die Tür schwang auf, und Cam trat hervor. Sofort schloss er die Augen und öffnete den Mund, und ich wusste einfach, dass er mich wegschicken wollte.
    »Können wir reden?«, fragte ich mit brechender Stimme. »Bitte, Cam. Es wird nicht lange dauern. Ich möchte nur…«
    Cam riss die Augen auf, dann kniff er sie zu Schlitzen zusammen.

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