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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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verloren, zwei Mufflons hatten im Hause Zachinger ihre mächtigen gedrehten Hörner gelassen. Auf mehreren dunkelbraun gebeizten Brettchen fanden sich die Hauer von Wildschweinen, und in der Mitte der Wand, umgeben von einem Kranz aus blau-silbern schimmernden Eichelhäherfedern, hing ein Brett mit zwei kurzen, an der Spitze stark gebogenen schwarzen »Hörnchen«.
    »Da haben wir die Gams«, sagte Hecht und deutete auf die Trophäe, die offensichtlich Zachingers liebstes Stück war. »Und wie schön, dass alles so sorgfältig beschriftet ist.« In das Brettchen war mit einem Lötkolben ein Datum eingebrannt worden: »22.  XII . 2005«.
    »Das Datum passt zu dem, was uns der Sohn vom alten Schreiber erzählt hat«, folgerte Hecht. »Wir bringen allmählich Licht in die Sache.«
    Jetzt erst fanden die beiden Ermittler Zeit, sich weiter umzusehen. Im Gegensatz zur rustikalen Trophäenwand war der Rest des Raumes äußerst funktional gehalten: Der Boden und die drei anderen Wände waren mit weißen Kacheln gefliest, in der Ecke neben der Tür stand ein mit Holz beheizbarer großer Kessel, der offenbar für die Wurstproduktion benötigt wurde. Ein Tisch mit einer speckigen Platte aus Buchenholz dominierte die Mitte des Raumes, auf dem Tisch thronte ein robuster Fleischwolf aus Edelstahl. Eine alte Küchenzeile aus Resopal zog sich eine Wand entlang, daneben hing ein Kalender. Auf dem Septemberfoto mühte sich ein spärlich bekleidetes Fotomodel mit einer Motorsäge ab. Morgensterns – rein berufliches – Interesse war augenblicklich geweckt, was Frau Zachinger nicht entging.
    »Nackte Weiber, das müssen Sie sich natürlich ganz genau anschauen«, sagte sie und stellte sich Morgenstern in den Weg. Der errötete und wandte sich ab. Wie peinlich, das hatte er wirklich nicht nötig! Doch Peter Hecht hatte anscheinend weniger Skrupel. Er ignorierte Zachingers Kopfschütteln, trat vor den Kalender und studierte ihn aufmerksam. Dann wandte er sich um.
    »Wenn ich das richtig interpretiere, trägt Ihr Mann hier im Kalender seine Termine für die Hausschlachtungen ein, nicht wahr?«
    Jetzt schaute auch Morgenstern genauer hin. In krakeliger Schrift standen zahlreiche Namen und der zugehörige Ort in der Datumsleiste.
    Er las vor: »Mühlbauer – Konstein, Maisinger – Wasserzell, Hübner – Zell, Rieber – Pietenfeld. Und was haben wir für heute drin? Wenn Sie uns nicht sagen wollen, wo Ihr Mann steckt, tut es eben das Kalender-Girl. Also, was haben wir denn da, erste Septemberwoche, Dienstag, ah ja …«
    Morgenstern gab sich alle Mühe, Frau Zachinger aus der Reserve zu locken. Doch sie verzog keine Miene, weshalb Morgenstern weiter säuselte. »Sieben Uhr dreißig: Müller – Ochsenfeld. Dann werden wir wohl mal nach Ochsenfeld fahren und sehen, was Ihr Mann zu unseren Entdeckungen sagt.« Er überlegte einen Moment. »Apropos Entdeckung: Eine entscheidende Frage stellt sich immer noch: Wo hat Ihr Mann seine Waffe versteckt?«
    Frau Zachinger schwieg eisern.
    »Dann brauchen wir wohl Verstärkung«, folgerte Morgenstern. »Wir können Sie sowieso nicht allein lassen. Zum einen würden Sie umgehend Ihren Mann anrufen und ihm Bescheid geben, dass wir im Anmarsch sind. Zum anderen wäre ich untröstlich, wenn bei unserer Rückkehr diese wunderbare Trophäenschau spurlos verschwunden wäre.« Er deutete auf Erwin Zachingers Wilderer-Lebenswerk.
    »Wir könnten Frau Zachinger einfach mitnehmen nach Ochsenfeld«, schlug Hecht vor. »Dann kann hier nichts passieren.«
    »Lieber nicht«, sagte Morgenstern. »Wenn wir Zachinger hopsnehmen, können wir seine bessere Hälfte nicht brauchen. Außerdem wird es dann ein bisschen eng im Auto. Ich schlage vor, wir fordern Verstärkung aus Ingolstadt an, am besten mit Metalldetektor, um das Gewehr aufzuspüren. Die sollen ein Auge auf Frau Zachinger haben und zugleich hier alles dokumentieren und einsammeln. Vor allem dieses Gamsgeweih brauchen wir – das kommt in die Asservatenkammer.«
    »Das ist kein Geweih, das sind Kruckerl«, korrigierte ihn Frau Zachinger.
    »So, die Frau Zachinger kennt sich also auch aus mit dem jagdbaren Wild unserer heimischen Wälder«, sagte Morgenstern spitz. »Wissen Sie was, Frau Zachinger? Diese sogenannten Kruckerl nehme ich jetzt mit, damit Ihr Mann in Ochsenfeld gleich weiß, was die Stunde geschlagen hat.«
    Sprach’s, pflückte die Trophäe von der Wand – und konnte es sich nicht verkneifen, die Gamshörnchen kurz vor die eigene Stirn zu

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