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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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ohne feinen Sinn für Ironie umfunktioniert worden war. Sei es drum.
    Gewissenhaft filzten die Kommissare zuerst den Kleiderschrank. Hecht, der seine eigene Dienstpistole vorzugsweise zu Hause im Schrank zwischen seinen Feinripp-Unterhemden aufbewahrte, kontrollierte akribisch Zachingers frische Unterwäsche, während Morgenstern naserümpfend den Korb mit der Schmutzwäsche unter die Lupe nahm, argwöhnisch beäugt von der Hausherrin, die unmittelbar hinter ihm stand. Für Morgensterns Begriffe viel zu dicht.
    »Frau Zachinger, halten Sie bitte ein bisschen Abstand«, knurrte er. »Oder ich verweise Sie des Zimmers.«
    »Ha, das dürfen Sie gar nicht«, fauchte Frau Zachinger, die offenbar ihre Sprache wieder gefunden hatte. Trotzdem trat sie einen Schritt zurück, war aber immer noch so nahe, dass Morgenstern sich mehr als unwohl fühlte. Die ganze Situation war mehr als unangenehm: Das ist der schlimmstmögliche Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen, dachte er und legte den Deckel wieder auf den geflochtenen Weidenkorb mit der muffelnden Schmutzwäsche.
    Insgeheim hatten die Kommissare gehofft, im Schlafzimmer eine Waffe, ein Gewehr, zu finden. Doch sie entdeckten nicht einmal eine einzige Patrone. Fehlte noch der Keller – und die ganzen angrenzenden Gebäude. Morgenstern stellte sich auf eine lange, mühsame Suche ein.
    Im Keller stießen sie auf ein halbes Dutzend Türen, die von einem dunklen Flur in alle Richtungen abgingen. Lustlos öffnete Hecht die erste. Sie führte in eine große Speisekammer mit Regalen voll eingewecktem Obst und selbst gemachter Marmelade. Interessanter war die große Gefriertruhe: Morgenstern holte sich eiskalte Finger, als er die abgepackten Fleischpakete durchwühlte. Ein beträchtlicher Teil davon war Wildfleisch, wie kleine, handgeschriebene Etiketten bewiesen. Morgenstern hielt Frau Zachinger einen Beutel mit einer tiefgekühlten Rehkeule unter die Nase und warf ihn dann zurück in die Truhe.
    »Wo hat Ihr Mann sein Gewehr?«, fragte er.
    Frau Zachinger verzog keine Miene.
    Weiter ging es in einen kleinen Raum, in dem die Schuhe der Familie Zachinger in zwei Regalen untergebracht waren. Ein Waschraum mit Waschmaschine und Trockner. Danach ein Heizraum mit riesigen weißen Öltanks. Dann ein Raum, dessen Tür versperrt war. Der einzige im ganzen Haus, der nicht offen stand. Hecht drückte die Klinke ein zweites Mal, dann schaute er Frau Zachinger fragend an:
    »Was, bitte schön, haben Sie hier drin?«
    Frau Zachinger presste die Lippen nun so stark zusammen, dass sie fast weiß wurden. »Das ist die Wurstküche vom Erwin«, rang sie sich schließlich ab.
    »Soso, die Wurstküche«, sagte Morgenstern. »Dann holen Sie mal bitte den Schlüssel für die Wurstküche und sperren Sie auf.«
    »Das kann ich nicht. Den Schlüssel hat der Erwin.«
    »Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, dass Sie hier nicht hereinkommen?«, sagte Morgenstern. »Ich zähle bis drei, dann klappern Sie hier mit dem Sesam-öffne-dich! Wenn nicht, holen wir den Schlüsseldienst aus Eichstätt. Oder noch einfacher und vor allem schneller: Ich trete die Tür ein.«
    Morgenstern war sich nicht sicher, ob er mit dieser Drohung tatsächlich ernst machen sollte. Kriminaldirektor Schneidt würde solche brachialen Fahndungsformen gewiss nicht gutheißen. Doch zu seinem Glück traute die Hausherrin ihm offenbar alles zu, wie er so finster blickend in seiner verwaschenen Jeansjacke und mit Cowboystiefeln vor der verschlossenen Tür stand.
    Zögerlich zog sie einen Schlüsselbund aus der Rocktasche und besah sich die verschiedenen Schlüssel so lange, bis Hecht die Geduld verlor.
    »Ich seh doch auf fünf Meter Entfernung, welcher Schlüssel der richtige ist«, giftete er. »Geben Sie her, los!«
    »Das mache ich selbst«, gab die Frau zurück, schob den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. »So, hoffentlich sind Sie jetzt zufrieden«, sagte sie, bevor sie die Tür weit öffnete.
    Hecht und Morgenstern drängten in den überraschend großen Raum und staunten wie die Kinder unterm Weihnachtsbaum.
    »Das hätten Sie uns auch gleich zeigen können, dann hätte ich nicht in Ihren alten Socken wühlen müssen«, war das Einzige, was Morgenstern spontan dazu einfiel.
    Die Wand, die der Tür direkt gegenüberlag, war über und über mit Jagdtrophäen behängt, jede sorgfältig auf ein geschnitztes, beschriftetes Holzbrett montiert. Dutzende von Rehböcken hatten für diese geheime Privatausstellung ihr Leben

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