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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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halten und ein durchdringendes »Määääh!« auszustoßen.
    »Von mir aus kannst du auch ›Iah, iah‹ machen«, gab Hecht übermütig zurück, ohne sich um Frau Zachingers Anwesenheit zu scheren. »Ist dir übrigens aufgefallen, dass das arme Tier an einem echten Meisterschuss gestorben ist? Schau mal.« Er bohrte seinen Zeigefinger in ein Loch in der Mitte des Schädelknochens. »Das nenne ich Präzision.«
    Von Biesenhard nach Ochsenfeld war es nur ein Katzensprung. Drei Kilometer durch grüne Wiesen und Äcker mit Mais und Zuckerrüben, durch eine sanft gewellte Landschaft, über die die Vormittagssonne ihr mildes, warmes Licht goss.
    »Hübsch hier«, kommentierte Hecht.
    »Solange dir nachts kein Verrückter mit geladenem Jagdgewehr über den Weg läuft«, gab Morgenstern zurück, den die große Zahl der präparierten Tierschädel nachhaltig irritiert hatte. Dass jemand einen Hasen oder ein Reh jagte, um einen saftigen, wenn auch illegalen Sonntagsbraten zu haben, das konnte er sich vorstellen. Seine Phantasie reichte auch dafür, sich auszumalen, dass die heimliche Jagd in finsterer Nacht bei manchen Männern zu einer fast schon zwanghaften Leidenschaft werden konnte. Aber warum um alles in der Welt nagelte jemand die Hirnplatte von Bambi auf ein Holzbrett und dübelte sich das an die Wand? Und erst diese ausgestopften Tiere, die in so vielen Wirtshäusern von den Wänden glotzten: Füchse, denen man eine Wildente ins Maul geschoben hatte, Marder mit gefletschten Zähnen, und neulich irgendwo in einer Eichstätter Gaststube hatte der Kopf einer riesigen Wildsau auf die speisende Familie Morgenstern herabgestarrt. Dass dem toten Tier ein Zylinderhut aufgesetzt worden war, fand das Zielpublikum dieses Gastronomiebetriebs wohl witzig.
    Doch es blieb keine Zeit zum Sinnieren. Sie waren in Ochsenfeld angekommen. Auf der Hauptstraße hielt Morgenstern an, ließ die Scheibe herunter und fragte eine alte Frau nach der Familie Müller. Prompt stellte sich heraus, dass es mehrere Müllers im Dorf gab, aber als Hecht hinzufügte, dass dort soeben der Metzger Zachinger beim Schlachten sei, war der Fall für die Seniorin klar. »Das kann dann eigentlich bloß beim Beckerlenz sein.«
    »Wo bitte?«, fragte Morgenstern.
    »Beim Beckerlenz. Das ist der Name von dem Hof gleich da drüben, hinter der Hüll.« Sie deutete auf ein gepflegtes Gehöft auf der anderen Seite des Dorfweihers, das zusammen mit der weiß getünchten Kirche ein schmuckes Ensemble bildete. »Ja, ganz bestimmt meinen Sie den Beckerlenz, da lehnt am Stadeltor der Brühtrog.«
    Morgenstern spähte Richtung Scheune. Eine große hölzerne Wanne mit Griffen war senkrecht an das Holztor gelehnt. Solche Dinger hatte er neulich erst in der Zeitung gesehen, im Bayernteil. Eine Großbrauerei hatte ein »Sautrogrennen« auf einem See irgendwo in der Oberpfalz veranstaltet. Angeblich eine Riesengaudi. Welchem Zweck der Trog beim Schlachten eines Schweins diente, war Morgenstern, der in einem Nürnberger Wohnblock aufgewachsen war, gänzlich unklar. Wenn sich die Gelegenheit bot, würde er den heimatkundigeren Kollegen Hecht befragen, nahm er sich vor.
    »Auf geht’s!«, kommandierte Hecht, und Morgenstern umrundete den Dorfweiher und fuhr schwungvoll in den Hof ein. Er parkte den Wagen neben einem alten dunkelblauen BMW , dessen Fahrersitz, wie Morgenstern beim Aussteigen feststellte, mit einer Plastikfolie gegen Schmutz geschützt war. Auf dem Rücksitz stand eine große weiße Plastikwanne, in der sich große Dosen voller Gewürze stapelten. Der Wagen des Hausmetzgers.
    Morgenstern klingelte an der Haustür. Nach kurzem Warten öffnete ihnen ein etwa sechzigjähriger Mann in blauer Latzhose und hochgekrempeltem blau kariertem Hemd.
    »Grüß Gott, wir suchen den Erwin Zachinger«, sagte Hecht. »Ihren Metzger.«
    »Der ist in der Waschküche beim Schlachten«, sagte Bauer Müller. »Aber der hat jetzt überhaupt keine Zeit. Beim Schlachten pressiert es halt immer. Er hat nachmittags schon die nächste Sau. Worum geht es denn?«
    »Das müssen wir mit ihm selbst besprechen«, sagte Morgenstern knapp, fügte dann aber hinzu: »Wir sind von der Polizei. Kriminalpolizei.«
    Der Mann starrte ihn an. »Mit unserer Schlachtung hat alles seine Ordnung. Die Sau haben wir vom Nachbarn gekauft, und erst vor einer Stunde war der Fleischbeschauer da und hat die Trichinenuntersuchung gemacht.«
    »Herr Müller, es geht nicht um Ihren Schlachttag, sondern allein um den Herrn

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