Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
Vom Netzwerk:
»Ja, habe ich.«
    Schneidt blickte überrascht auf. »Dann schießen Sie mal los«, sagte er gönnerhaft.
    »Ich brauche eine Woche Urlaub. Und zwar ab Montag. Meine Frau hat alles schon gebucht, leider ohne Rücksprache mit mir. Türkische Riviera.« Jetzt war es endlich raus, und Morgenstern hielt seine Chancen für ganz passabel, denn Schneidt schien in Spendierlaune zu sein.
    Doch weit gefehlt: Von einer Sekunde auf die andere wechselte Schneidt Tonlage und Gesichtsfarbe. Er wurde rot und zischte: »Haben Sie noch alle Tassen im Schrank, Morgenstern? Das kommt überhaupt nicht in Frage! Soll ich Hecht vielleicht allein in diesem Mordfall ermitteln lassen, weil sich der Herr Kollege am Mittelmeer bräunen muss? Ich muss schon sagen, ich bin enttäuscht von Ihnen, Morgenstern, sehr enttäuscht. Diese Frage lässt auf eine mehr als unterentwickelte Arbeitsmoral schließen. Wenn man als Vorgesetzter nicht aufpasst wie ein Schießhund, dann würden Leute wie Sie machen, was ihnen gefällt. Ganz nach dem Motto: Komm ich heut nicht, komm ich morgen.«
    Er kritzelte etwas auf seinen Fragebogen, und Morgenstern wurde klar, dass das Ergebnis dieser Prüfung keine Eins mit Stern mehr werden würde. Er glaubte, das Wort »Minderleister« auf Schneidts Blatt entziffern zu können. Und der Chef hatte sich noch lange nicht beruhigt.
    »Die ganze Region wartet darauf, dass wir diesen Mord aufklären, und Sie werden diese Nuss knacken, Morgenstern. Aber solange der Fall offen ist, bekommen Sie von mir keinen Tag, ach, was sag ich: keine Stunde Urlaub! Ich erwarte Samstags-, Sonntags- und Feiertagsdienst, bis der Täter hinter Gittern ist. Danach können Sie von mir aus wieder einen Urlaubsantrag stellen – und ich werde ihn prüfen, ganz nach Vorschrift.«
    Morgenstern zog den Kopf ein, nahm seine Kaffeetasse, nickte kurz und verließ dann wortlos das Büro.
    Schneidt rief ihm nach: »Schicken Sie mir als Nächsten gleich den Spargel rein, dann machen wir das in einem Aufwasch mit diesem psychologischen Personalführungsquatsch.« Wiehernd fügte er hinzu: »Polizei – Futur hoch drei.«
    Geknickt fuhr Morgenstern nach Eichstätt. Den Urlaub in der Türkei konnte er nun endgültig abhaken. Wie sollte er Fiona erklären, dass sie und die Kinder ohne ihn fliegen mussten?
    Die Kaserne der Bereitschaftspolizei lag am östlichen Ende der Stadt, direkt gegenüber dem Volksfestplatz. Morgenstern war regelmäßig hier; in der Sporthalle der Polizeischule fand jeden Donnerstagabend das Volleyballtraining des Polizeisportvereins statt. Morgenstern war gleich nach seinem Umzug nach Eichstätt Mitglied geworden, um neue Freundschaften zu knüpfen. Er musste sich allerdings eingestehen, dass ihm das bisher nur zu einem kleinen Teil gelungen war. Aber immerhin kannte die Wache am Schlagbaum der Kaserne seinen alten Landrover und winkte ihn problemlos durch.
    Morgenstern fuhr durch eine Allee von Lindenbäumen, mehrere Trupps von Polizeischülern kamen ihm auf dem Weg zu irgendeinem Lehrsaal oder zum Sport zu Fuß entgegen. Ganz unmilitärisch, ohne Gleichschritt, stellte Morgenstern neidvoll fest. Als er vor weit über zwanzig Jahren seine Ausbildung absolviert hatte, war militärischer Drill noch gang und gäbe gewesen. Und heute? Heute bestand die Hälfte des Polizeinachwuchses aus jungen Frauen. Frauen! Davon hatte man damals, Mitte der Achtziger, nur träumen können. Und vom Personalführungskonzept »Polizei – Futur hoch drei« war auch noch keine Rede gewesen. Kein Wunder, dass ältere Polizeibosse wie Adam Schneidt ihre liebe Not mit den Anforderungen der modernen Zeit hatten.
    Morgenstern stellte seinen Wagen am Ende der Allee vor einem unscheinbaren Zweckbau ab. An der Tür wartete bereits der Hüter der Waffensammlung, Herbert Holzmann. Holzmann war ein knorriger, kurz vor der Pensionierung stehender Polizeiausbilder mit einem riesigen grauen Schnurrbart, der Morgenstern umstandslos duzte. Wie er gleich zur Begrüßung erzählte, hatte er auf seine »alten Tage« die Pflege und Betreuung der Waffensammlung übernommen. Die Besichtigung dieser Sammlung gehöre seit einigen Jahren zur Ausbildung der meisten bayerischen Jungpolizisten.
    »Schön, dass du auch den Weg hierher gefunden hast«, sagte Holzmann. »Du wirst sehen, es lohnt sich.«
    Die Waffensammlung befand sich im Keller und erstreckte sich über mehrere Räume.
    »Donnerwetter«, staunte Morgenstern, als er sich umsah. »Damit kannst du jeden Krieg

Weitere Kostenlose Bücher