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Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Walburgisöl - Oberbayern-Krimi

Titel: Walburgisöl - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Aber Fiona hatte darauf beharrt, den Eichstätter Einzelhandel zu unterstützen und zudem in Zukunft unkompliziert dessen Serviceleistungen zu nutzen. »Da kannst du dir deine Brille im Vorbeigehen immer wieder zurechtbiegen lassen.«
    »Es ist überhaupt noch nicht klar, ob ich eine Brille brauche.«
    »Wir werden sehen.«
    Eine Viertelstunde später war die Sache glasklar: Morgensterns rechtes Auge hätte einem Maulwurf gehören können. Viereinhalb Dioptrien, stellte der Optiker erstaunt fest. Dass Morgenstern dennoch nicht ständig gegen Laternenpfähle lief, hatte er seinem treuen linken Auge zu verdanken, das eines Adlers würdig war.
    »So einen Unterschied habe ich selten erlebt«, wunderte sich der Optiker. »Wie war das noch mal mit dem Schießen, Frau Morgenstern?«
    Fiona erzählte noch einmal wortreich von den Fehlschüssen ihres Gatten, und das Rätsel war schnell gelöst. Morgenstern kniff beim Anvisieren des Ziels automatisch das linke Auge zu und bremste sich damit selbst aus.
    »Sie müssten einfach nur das gute Auge zum Zielen verwenden«, empfahl der Optiker. »Aber unabhängig davon brauchen Sie dringend eine Brille. So kann das nicht weitergehen.«
    Morgenstern hatte, wenn schon, denn schon, klare Vorstellungen: Es gebe da einen Film mit Steve McQueen mit dem Titel »Thomas Crown ist nicht zu fassen«, da trage McQueen diese unfassbar lässige hellblau getönte Brille.
    »Geht’s dir noch gut«, schimpfte Fiona. »Dann siehst du die ganze Welt nur noch himmelblau.« Energisch zog sie Morgenstern von einer Vitrine zur nächsten und nötigte ihn, Dutzende von Gestellen, am Ende waren es wohl knapp fünfzig, anzuprobieren. Morgenstern moserte unablässig vor sich hin, sodass sich der Optiker ziemlich rasch aus der Beratung zurückzog und die Morgensterns nur noch aus sicherer Entfernung beobachtete.
    Mittlerweile war es kurz vor achtzehn Uhr, und das bedeutete Feierabend in der Eichstätter Innenstadt. Verlängerte Öffnungszeiten betrachteten die örtlichen Geschäftsleute seit Jahren vor allem als Zumutung. Nur mit Mühe hatten sich die Einzelhändler darauf verständigen können, die geheiligte Kleinstadt-Siesta zu opfern und ihre Läden zumindest über Mittag geöffnet zu halten. Doch am Abend war um achtzehn Uhr fast überall pünktlich auf die Minute »Zapfenstreich«.
    So drängte denn auch der Optiker allmählich auf einen Abschluss der endlosen Anprobe. Demonstrativ hängte er ein trendiges Türschild mit der Aufschrift »Sorry, We’re Closed« in die Eingangstür und begann mit viel Geklapper, die von den Morgensterns ausgemusterten Brillengestelle wieder wegzuräumen.
    Fiona ließ sich von diesen Signalen jedoch nicht beeindrucken, ebenso wenig wie von Morgensterns Gemaule. Der war inzwischen auf die Argumentationslinie umgeschwenkt, dass auch Kontaktlinsen eine Möglichkeit sein könnten. Davon bräuchte er angesichts seines Befundes nur eine einzige, nämlich fürs rechte Auge. Und außerdem könnte man dann jetzt das Brillenprobieren beenden.
    Doch Fiona blieb hart. »Eine Brille brauchst du trotzdem. Doppelt genäht hält besser.« Sprach’s und drückte Morgenstern ein modisches Gestell mit breitem schwarzen Rand und ebensolchen Bügeln auf die Nase. »Na bitte, das nenne ich eine Brille«, sagte sie freudig.
    »Damit sehe ich aus wie eine Eule«, meuterte Morgenstern und machte laut »Schuhuhuh«, wobei er mit den Armen Flügelschläge simulierte.
    »Die nehmen wir«, entschied Fiona, und ehe Morgenstern protestieren konnte, war der Geschäftsinhaber bereits erleichtert herbeigeeilt, um das Geschäft perfekt zu machen. Am Samstagvormittag könnten sie die Brille bereits abholen, kündigte er an, dann schob er die beiden unter Dankesworten zur Ladentür hinaus und drehte den Schlüssel zweimal im Schloss.
    »Ich finde, Steve McQueen sah mit seiner Brille irgendwie cooler aus«, kartete Morgenstern auf der Straße nach.
    »Aber nur im Film«, tröstete ihn Fiona.
    Der Abend war angenehm mild und sonnig, und so entschied Morgenstern, Fiona zu Hause abzusetzen und selbst noch ein wenig zu ermitteln. Er wusste, dass er sich nur davor fürchtete, Fiona über den verpatzten Urlaub aufzuklären, aber er fuhr tatsächlich lieber noch mal mit dem Auto an den Waldrand, an dem Matthias Schreiber sein Leben ausgehaucht hatte. Nicht dass er mit einem konkreten Ergebnis gerechnet hätte, aber es tat ihm gut, zwischen den Bäumen herumzuschlendern, dem

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