Walburgisöl - Oberbayern-Krimi
gewinnen.«
»Kommt darauf an, in welchem Jahrhundert«, sagte Holzmann und begann mit der für Sammler typischen Begeisterung die Gewehre und Pistolen, Revolver und Karabiner, Messer und asiatischen Wurfsterne, Handgranaten, Würgehölzer und Maschinengewehre zu erläutern, die an den Wänden hingen oder in Vitrinen lagen.
»Hier, schau dir mal das an«, Holzmann deutete auf ein Gewehr, das hinter Glas lag, »eine Kalaschnikow. Die hatte das palästinensische Terrorkommando 1972 beim Olympia-Attentat in München dabei.«
Morgenstern war beeindruckt.
»Und hier, das Maschinengewehr kennst du vielleicht noch aus deiner eigenen Ausbildung?«
Morgenstern verneinte.
»Ach, dann bist du wohl jünger, als du aussiehst«, sagte Holzmann uncharmant. »Das Ding hier«, er klopfte liebevoll auf das schwarz glänzende Metall, »gehörte bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei früher zur Standardausrüstung. War damals halt alles noch ein bisschen militärischer organisiert hier. Damals hatte man noch Angst, dass kommunistische Überfallkommandos in die Bundesrepublik eindringen und am Siegestor in München die rote Fahne hissen.«
Nachdem sich Morgenstern gründlich umgesehen hatte, kam er zur Sache: »Es geht mir um den Mord hier in Eichstätt, dieser Jäger oben am Berg, du weißt schon.« Er kramte in seiner Tasche nach einem Notizzettel, auf den er zwei Zahlen gekritzelt hatte. »Wir wissen bisher nur, dass er mit einer Patrone vom Kaliber 7.92 mal 57 Millimeter erschossen wurde, der Ballistiker beim LKA sagte mir, dass das typische Jagdmunition sei. Zeig mir doch mal die Waffen, die dafür in Frage kommen.«
Jetzt war Holzmann ganz in seinem Element. Endlich einmal konnte er sein ganzes Wissen ausspielen, und Morgenstern musste schnell einsehen, dass seine Vorstellung vom vorgezogenen Feierabend eine Illusion gewesen war.
»Jagdwaffen«, schwärmte Holzmann, »da haben wir wirklich wunderschöne Stücke hier. Alles, was das Herz begehrt. Aber sie sind natürlich alle ein für allemal schießunfähig gemacht worden. Für einen Waffenfreund ist das ein Jammer.«
Ein Stück ums andere nahm er aus den hölzernen Wandhalterungen, wog es in Händen, erklärte die Details und die Besonderheiten. Und es dauerte nicht lange, da kroch in Morgenstern eine bleierne Müdigkeit hoch. Seine Beine wurden schwer, die Augenlider ebenso. So genau hatte er es nun auch nicht wissen wollen. Er gähnte. Doch Holzmann nahm von diesem Signal keine Notiz, sondern zog Morgenstern zu einer Vitrine, in der Munition ausgestellt war.
»Hier haben wir auch die 7.92er, ein Klassiker unter den Kalibern«, erklärte er. »Die wird von Jägern schon seit Jahrzehnten verwendet. Wenn du damit auf einen kapitalen Hirsch schießt, hat er keine Chance. Und das Beste: Die Kugel geht glatt durch. Dein Wildbraten bleibt also einigermaßen heil. Manch andere Munition liefert dir dagegen das Rehragout schon fertig geschnetzelt. Eine Riesenschweinerei, wie du dir vorstellen kannst.«
Morgenstern nickte und dachte daran, wie Matthias Schreiber am Fuße des Jägerstands in seinem Blut gelegen war – einigermaßen heil, um in Holzmanns Sprache zu bleiben.
Holzmann führte Morgenstern zu einer anderen Vitrine. »Hier haben wir sogenannte Wildererwaffen. Schnell zerlegbar, oft mit einem aufschraubbaren Schalldämpfer. Das meiste ist Marke Eigenbau: Am Ende geht es immer nur darum, dass man das Ding unauffällig transportieren kann. Und dass der Schuss möglichst leise ist.«
Morgenstern nickte.
»Wilderer verwenden deswegen so gut wie nie die 7.92er«, stellte Holzmann fest. »Das ist für sie ein viel zu schweres Kaliber, viel zu laut.«
Morgenstern hatte genug gesehen und gehört, doch Holzmann fand kein Ende. »Schau mal hier: Ist das nicht eine tolle Parade? Darum beneidet uns sogar das bayerische Armeemuseum im Neuen Schloss in Ingolstadt.«
Stolz zeigte er auf mehrere große Holzgestelle, in denen Dutzende von fast gleichartigen Gewehren dicht an dicht standen. Wie im Büro eines Sheriffs im Wilden Westen, fand Morgenstern.
»Das sind Infanteriegewehre, also Karabiner. Mauser Modell K 98«, erklärte Holzmann. »Die wurden schon im Ersten Weltkrieg verwendet und haben sich so gut bewährt, dass sie unverändert auch im Zweiten Weltkrieg die Standardwaffe waren.« Er streichelte über eines der Gewehre. »Darf ich vorstellen – die Braut des Soldaten.«
Morgenstern verzog das Gesicht. Solche Sprüche lösten bei ihm fast reflexartig Brechreiz
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