Wald-Schrat
hast ein magisches Talent?«, fragte Forrest überrascht.
»Ach, hatte ich das nicht erwähnt? Mein Talent ist bemänteln. Das kann gelegentlich sehr nützlich sein.«
Das glaubte Forrest unbesehen, doch wollte er lieber nicht nach Einzelheiten fragen. So unbefangen Zentauren auch sein mochten, mit Lügen und Täuschungen hatte er seine Schwierigkeiten. Nichtsdestotrotz war es interessant, dass eine geflügelte Zentaurin ein anderes Talent hatte außer dem Fliegen, doch freilich mochte sie als Eventuelle nicht den Konventionen ihrer gewöhnlichen Artgenossen unterliegen. Wie konnte es gegen schreckliche Possen schützen, wenn man sie bemäntelte?
Alpha blickte hoch in den Himmel. »O nein! Ich fürchte, die Drachen inszenieren einen Grenzzwischenfall.«
»Ganz recht«, sagte Vision darauf. »Ich habe sie von weitem gesehen.«
Katrin folgte besorgt seinem Blick. »Ich bin zu klein, um meinen Bogen wirkungsvoll einzusetzen.«
»Dann sollten du und deine Freunde lieber nach Hin oder Von fliehen«, schlug Alpha vor. »Vision und ich decken euren Rückzug.«
Nun hörte Forrest schwere Flügel flattern. »Drachen überfallen das Pferdeland?«
»Ja«, antwortete Alpha gepresst. »Sie mögen Pferdefleisch. Natürlich lösen wir uns einfach auf und bilden uns neu, wenn wir gefressen werden, aber der Vorgang ist außerordentlich unangenehm und nachteilig.« Er nahm den Bogen zur Hand und legte einen Pfeil ein. »Ich halte sie auf Abstand. Flieht – und steigt nicht in die Luft auf.«
»Wie sollen wir denn vor fliegenden Drachen davonlaufen?«, fragte Forrest Katrin.
»Es geht nur darum, aus ihrer Zeitreichweite zu fliehen«, erklärte sie besorgt. »Wenn es junge Drachen sind, können wir ins Von fliehen, bis sie zu jung zum Fliegen sind. Wenn es alte Drachen sind, versuchen wir so weit ins Hin zu entkommen, dass sie zu alt werden, um zu fliegen.«
»Leider ist das Geschwader gemischt«, sagte Alpha, der aus schmalen Augen auf die dunklen Gestalten am Himmel blickte. »Einige davon werden euch auf jeden Fall folgen können.«
»Ich erzeuge einen Schutzmantel«, beschloss Katrin.
»Du bist zu jung, um wirklich effektiv zu bemänteln«, warnte Alpha sie.
»Das weiß ich selbst. Aber es muss reichen.« Sie gestikulierte, und etwas entwich ihren Händen und breitete sich schwebend über ihnen aus. Dann senkte es sich langsam herab und bedeckte sie alle außer Alpha. Forrest begriff nun, dass ihr Talent nicht ganz dem entsprach, was er sich darunter vorgestellt hatte.
»Ich werde die Außenzone des Mantels verteidigen«, sagte Alpha und zielte mit dem ersten Pfeil auf den vordersten Drachen. »Haltet euch niedrig, vielleicht genügt es.«
»Das Leuchten flackert stärker«, rief Imbri. »Ich muss weiter.«
»Ich rate davon ab«, sagte Alpha grimmig. »Als Scherzkeks Khan neulich hier hindurchzog, hat er wie üblich das Land verscherzt. Das Gebiet ist einfach nicht sicher. Ich würde euch vorschlagen, es zu überfliegen oder zu umgehen, sobald die Drachen wieder verschwunden sind. Ganz besonders, weil du hier noch sehr jung bist, Katrin, und deine Freunde unerfahren wirken.«
Doch Imbri stieß bereits in das possenverseuchte Gebiet vor. Forrest und Katrin blieb nichts anders übrig, als ihr zu folgen.
»Das ist eine sehr schlechte Idee!«, rief Alpha ihnen warnend hinterher. Forrest bezweifelte nicht, dass er Recht hatte.
»Wenigstens werden die Drachen uns hier nicht angreifen«, sagte Katrin. »Sie mögen das auch nicht lieber als wir.«
Forrest hörte, wie hinter ihnen die Bogensehne schwirrte. Alpha oder Vision schoss auf einen Drachen. Konnten Possen wirklich schlimmer sein als Drachen?
Vor ihnen raschelte es, und dann humpelte jemand heran. Er sah aus wie ein Mensch, nur dass er bloß einen Arm hatte – und nur ein Bein. Dann drehte er ihnen den Kopf zu, und Forrest sah, dass er auch nur einen halben Kopf mit einem Auge und einem halben Mund hatte. »Atz a! Bt ir n Eg ei!«, schrie er mit halben Wörtern.
Katrin hob den Stab. »Nichts da, du gibst uns den Weg frei, Halbbruder«, warnte sie. Ihre Drohung musste überzeugend dargebracht gewesen sein, denn das Wesen rannte fort. Offenbar war es auch nur halb entschlossen gewesen. Nun kamen sie an eine offene Straße, die sich zwischen den verworrenen Possen hindurchschlängelte; zu beiden Seiten waren kleine Geschäfte. In der Mitte ließ sich am besten gehen, und so hielten die drei sich dort, um schneller voranzukommen.
Plötzlich begann Imbri an ihrer
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