Wald-Schrat
absieht, real zu werden. Hier in diesem Land lebt sich’s recht angenehm, und als Eventuelle zu existieren ist besser als gar nichts. Ich würde euch gerne umherführen, wenn – «
»Wenn wir es dir mit einem Dienst vergelten könnten«, vollendete Forrest den Satz.
»Ganz genau. Doch wie es ist, sehe ich keinen Sinn für eine fortgesetzte Unterhaltung. Wenn ihr mich also entschuldigen wollt, ich muss weiter.« Sie breitete die Flügel aus.
»Warte!«, rief Imbri. »Etwas muss es doch geben!«
Katrin verharrte. »Ich wäre froh, wenn es so wäre, denn ihr kommt mir interessant vor, und ich glaube, dass ihr wirklich in Not seid, denn ihr nahmt schließlich die große Mühe auf euch, nach Ptero zu kommen. Aber es wäre ungezogen von mir, wenn ich euch vormachen würde, ihr könntet etwas für mich tun.«
»Jedes Wesen hat einen geheimen Wunsch«, entgegnete Imbri. »Ich weiß darüber Bescheid.«
Die Zentaurin sah Imbri wissbegierig an. »Woher kennst du dich damit aus?«
»Ich bin einhundertundsiebzig Jahre lang eine Nachtmähre gewesen und habe die Leute für ihre dunklen Wünsche bestraft, nun bin ich seit dreißig Jahren Tagmähre und belohne sie für ihr hellstes Verlangen. Ich bin noch nie jemandem begegnet, der mit seinem Schicksal völlig zufrieden war. Es gibt Leute, die ihren tiefsten Wunsch nicht kennen, aber alle haben einen.«
»Und das machen sich die Dämonen zunutze«, fügte Forrest hinzu, der sofort an D. Sideria denken musste.
»Dann muss ich wohl die Ausnahme sein, die die Regel bestätigt«, erwiderte Katrin, »denn ich bin so zufrieden, wie eine Eventuelle nur sein kann.«
Das schien wieder ins Nichts zu führen. Da erinnerte sich Forrest an etwas. »Die Liste des Guten Magiers«, sagte er. »Vielleicht steht die Antwort darauf.« Er wühlte in seinem Rucksack und zog sie hervor.
Nun glaubte er, die ersten beiden Wörter im unleserlichen Gekritzel des Guten Magiers entziffern zu können. »Liebes Horn«, las er mühselig. »Sagt euch das etwas?«
»Oh!«, rief Katrin und legte sich eine Hand auf die schwellende Brust.
»Du hast wohl gerade deinen geheimen Wunsch gefunden?«, spekulierte Imbri.
»Das nehme ich wohl auch an«, gestand die Zentaurin. »Bisher hatte ich ihn nie bemerkt.«
Forrest legte das Papier weg. »Was ist denn ein Liebes Horn?«
»Ein besonderes Horn, welches die Wahre Liebe der Person sucht, die es bläst«, antwortete Katrin. »Ich habe keine Wahre Liebe; ich habe nicht bemerkt, wie sie mir fehlt, bis ihr davon spracht.«
»Dann lass uns dieses Horn für dich suchen«, schlug Imbri vor.
»Das wird aber nicht leicht sein. Ich habe nicht die leiseste Idee, wo es sein könnte. Soviel ich weiß, wird es normalerweise dort liegen gelassen, wo man es zuletzt benutzt hat, und gerät in Vergessenheit. Ihr habt folglich möglicherweise einen Dienst entdeckt, den ihr mir erweisen könntet, aber ich fürchte, dass es ausgeschlossen ist, ihn zu verwirklichen.«
Forrest bemerkte, dass er raffiniert wurde. »Angenommen, wir böten an, dir bei der Suche nach dem Horn zu helfen. Wäre das ein ausreichend bedeutender Dienst, dass wir drei uns wenigstens frei unterhalten dürfen, während wir damit beschäftigt sind?«
»Aber ja, das wäre in Ordnung. Aber es könnte trotzdem sein, dass das Horn unauffindbar bleibt und ihr bei der Suche nur eure Zeit verschwendet. Dann wäre ich trotz allem, was ihr getan hättet, nicht in der Lage, euch ins Gebiet der Faune zu führen.«
Forrest zuckte mit den Schultern. »Das Risiko gehen wir ein. Also abgemacht?«
»Abgemacht«, willigte Katrin lächelnd ein.
»Gut. Dann lasst uns sofort aufbrechen. Ich vermag leider nicht viel zu dieser Suche beizutragen, aber Mähre Imbri kann sich auf Träume einstellen, was eine große Hilfe sein mag, denn das Liebes-Horn ist gewiss ein Mittel zur Erfüllung von Träumen.«
Die beiden Mähren blickten ihn an. »Du bist bei weitem nicht so hohlschädelig wie die meisten Faune«, bemerkte Katrin.
»Diesen Luxus kann ich mir im Moment nicht leisten. Ich muss den Pantinenbaum retten und zu meinem Sandelbaum zurückkehren.« Forrest drehte sich Imbri zu. »Kannst du eine Person aufspüren, die weiß, wo das Horn ist?«
»Da bin ich mir nicht sicher. Aber ich schätze, der Gute Magier hätte mich nicht gebeten, dich zu führen, wenn er nicht glauben würde, dass ich dir nützlich sein könnte. Ich muss mich konzentrieren.« Sie schloss die Augen und sah dadurch einer Nymphe noch ähnlicher, nur dass
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