Wald
Anführer, der ähnlich viel Willensstärke beweisen würde.«
Der Graf merkt, dass der Fürst nachdenklich geworden ist und ihm nicht mehr zuhört.
»Und nun, mein Herr? Werdet Ihr meinen Rat befolgen und die restlichen Berater einberufen?«
»Nein, heute nicht. Und jetzt geht, ich habe keine Zeit mehr für Euch.«
»Aber ---«
»Nun geht schon.«
Der Graf dreht sich enttäuscht um und flaniert zur Tür.
»Ach Harad, könntet Ihr meinen Hofnarren zu mir schicken? Danke«, ruft der Fürst ihm noch hinterher.
Der Graf sieht ihn wortlos an, dann öffnet er die Tür, blickt noch ein letztes Mal zu seinem Herrn und sagt, »vergesst nicht meine Worte, Ihr müsst die Armee in der Stadt lassen!«
Die Tür knallt hinter ihm zu und er ist verschwunden.
»Ja, ja --- ist ja schon gut.«, grummelt Svetopluk in seinen Bart. »Was für ein Schleimbeutel.«
Er wischt sich den verschmierten Mund ab und tritt auf das Fenster zu. Wegen der Worte von ein paar betrunkenen Halsabschneidern wird er sich nicht den Abend verderben lassen, denkt er und blickt hinaus in den Schlosshof und dann hinab zu dem Turm, der nur wenige Fuß von dem entfernt steht, in dem er sich gerade befindet. Im zweiten Stockwerk sind die Räume bereits mit Kerzen beleuchtet. Ob er sie heute wieder erspähen wird? Bestimmt wird sie ein Bad nehmen wegen der Festlichkeiten. Svetopluk hat ihre Gemächer absichtlich dort unten hin verlegen lassen.
Eine ganze Weile steht er so da, regungslos. Die kleine Hoffnung, er könnte sie vielleicht sehen, versetzt ihn in Anspannung. Derart konnte ihn schon lange nichts mehr begeistern. Selbst seine politischen Entscheidungen trifft er mittlerweile aus reiner Willkür. Bei der Entscheidung, seine Truppen gegen das Herr von Rajend in den Kampf ziehen zu lassen, hat er sich allerdings in der Tat etwas gedacht. Abgesehen davon schadet eine kleine Schlacht niemanden, denn den Bauern ist es am Ende egal an wen sie ihren Tribut zu zahlen haben. Nur, dass er den jungen, hitzköpfigen und unerfahrenen Sidus zum ersten Mal ein Heer befehligen ließ, das ist, worum es ihm in Wirklichkeit ging. Leider ist sein Plan fehlgeschlagen, wie ihm Graf Harad soeben unbewusst mitgeteilt hat.
Doch während Svetopluk dort am Fenster steht und wartet, denkt er sich bereits einen neuen unheilschwangeren Plan aus. Da, auf einmal, regt sich etwas in den Gemächern im benachbarten Turm. Eine Zofe tritt an den großen Waschschuber, den Svetopluk von seiner Position immerhin zur Hälfte sehen kann. Sie gießt mehrere Wassereimer in den großen Bottich. Dann tritt eine Frau dazu. Sie ist es. Sie trägt ein weißes Schlafgewand, das sie langsam von ihren Schultern streift, bis es schließlich zu Boden fällt. Svetopluk erschaudert, wie jedes Mal wenn er ihren jugendlichen Körper beobachtet. Die Maid dreht sich zur Seite, sodass Ihr lockiges Haar über ihre hellen Schultern gleitet.
Svetopluk schrickt zusammen, als der Hofnarr unvermittelt zur Tür hereinstolpert. Als Svetopluk die klingelnden Glöckchen hört, beruhigt er sich und blickt wieder aus dem Fenster.
»Sein Kopf ist Ihm nicht sonderlich wertvoll, dass Er sich traut, mich derart zu erschrecken!«
»Mein Kopf? Der ist Euch doch selbst viel zu wichtig, mein höchstdurchlauchter Herr, als dass Ihr ihn einfach so zum Ballspielen gebrauchen würdet.« Mit großen, tief gebückten Schritten tritt der Narr von hinten an den Fürsten heran.
»Sein Kopf ist mir egal. Aber, da er in Wirklichkeit kein Schelm ist, also ein liebenswerter Bösessprecher, wie sein Beruf es eigentlich von ihm fordert, sondern vielmehr ein Schalk, zu jeder Hinterlist bereit, deshalb ist er mir so nützlich.«
Der Narr blickt über Svetopluks Schulter und sieht die Hofdame, die mittlerweile im Wasser sitzt. Er kichert schrill.
»Dann gehe ich wohl recht in der Annahme, dass Ihr mich auch heute Abend nicht nur zu Eurer persönlichen Belustigung hergebeten habt?«
»Belustigung? Mir ist die Lust am Leben vergangen.«
»Noch nicht ganz, wie ich sehe.«
Der Narr deutet aus dem Fenster.
»Ist sie nicht ein wenig zu jung für Euch, Majestätchen? Stellt Euch nur einmal vor, Ihr wolltet mit Euren alten, runzeligen Griffeln nach Ihren jungen straffen Brüsten greifen – hättet Ihr keine Angst, sie könnten Euch durch die Finger gleiten?«
Der Narr lacht, wohl amüsiert von seinen eigenen Worten. Svetopluk schweigt.
»Und überhaupt, mein omnipotenter Gebieter, ist es nicht ziemlich unpassend, ein junges Kind, das
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