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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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Eis; doch sie rutschte wie von einem Dämon angetrieben siebzig bis achtzig Fuß weit direkt in eines meiner Löcher, wo das Wasser
    fünfundzwanzig Fuß tief war. Aus Neugier legte ich mich aufs Eis und sah in das Loch, bis ich auf der Seite die Axt auf dem Kopf stehen sah, mit aufrechtem Schaft, der sich zum Puls des Sees sanft hin und her wiegte. Dort würde sie stehen, aufrecht und wogend, bis mit der Zeit der Schaft verfaulte, wenn ich sie da unten gelassen hätte. Indessen machte ich mit einem
    Eispickel, den ich noch hatte, ein zweites Loch genau darüber; dann fällte ich mit meinem Messer die längste Birke in der Nähe, befestigte an ihrem Ende eine Schlinge und ließ sie vorsichtig hinab, bis ich die Schlinge über den Schaft streifen und ihn an einer Schnur an der Birke hochziehen konnte, so daß die Axt gerettet war.
    Das Ufer wird - ein, zwei Sandbänke ausgenommen – von einem Gürtel glatter runder, weißer Steine gebildet, die Pflastersteinen gleichen; es ist so steil, daß man von vielen Stellen einen Kopfsprung ins tiefe Wasser wagen kann. Wäre der See nicht so außergewöhnlich transparent, würde man den Grund erst wieder an der gegenüberliegenden Seite sehen, wo der Boden sich wieder hebt. Manche meinen, der See hätte überhaupt keinen Grund. Nirgends gibt es Schlamm, und ein flüchtiger Beobachter würde sagen, er enthalte überhaupt keine Wasserpflanzen. Aber auch bei näherem Hinsehen findet man außer an den kleineren Wiesenstücken, die erst kürzlich überschwemmt wurden und eigentlich nicht zum Grunde des Sees gehören, weder Binsengewächse noch Kalmus, ja nicht einmal eine gelbe oder weiße Teichlilie; nur ein paar kleine Schwimmblätter, Potamogetone und Wassercabomben -
    Pflanzen, die ein Badender kaum bemerken würde, denn sie sind so hell und klar wie das Element, in dem sie wachsen. Das Ufergestein erstreckt sich fünfzehn bis dreißig Fuß tief ins Wasser, von da an besteht der Boden aus reinem Sand,
    ausgenommen an den tiefsten Stellen, wo sich ein gewisser Bodensatz bildet, wahrscheinlich durch das welke Laub, daß alljährlich im Herbst in den See gespült wird, und die hellen
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    Schlingpflanzen, die man sogar im Winter mit dem Anker
    heraufholen kann.
    Es gibt nur noch einen kleinen See, der ihm ähnlich ist, den Weißensee im Neun-Acker-Winkel, der gegen zweieinhalb
    Meilen weiter westlich liegt; doch kenne ich im Umkreis von einem Dutzend Meilen keinen dritten, der so rein und
    quellenklar ist wie der Waldensee. Wer weiß, wie viele Völker schon aus ihm getrunken, ihn bewundert, gemessen und
    erforscht haben, und immer noch ist sein Wasser so grün und durchsichtig wie je. Ein Quell, der nie versiegt! Mag sein, daß an jenem Frühlingsmorgen, als Adam und Eva aus dem
    Paradies vertrieben wurden, der Waldensee schon existierte; vielleicht heiterte er sich eben nach einem leichten, von Nebel und Südwind begleiteten Frühlingsregen auf, von Scharen wilder Gänse und Enten bevölkert, die nichts von dem
    Sündenfall ahnten, als sich die Welt noch ihrer klaren Seen erfreute. Schon da hatte er begonnen zu steigen und zu fallen, hatte seine Wasser geklärt und ihnen die Farbe verliehen, die sie noch heute tragen. Er hat im Himmel ein Patent darauf angemeldet, der einzige Waldensee der Welt zu sein und den himmlischen Tau zu destillieren. Wer weiß, wie viele
    vergessene Volkslegenden ihn als den Kastalischen Quell bezeichneten? Oder welche Nymphen ihn im Goldenen
    Zeitalter behüteten? Er ist ein Juwel reinsten Wassers, das Concord in seiner Krone trägt.
    Mag sein, daß die ersten Menschen, die an diesen Quell
    kamen, ihre Fußspuren hinterlassen haben. Denn ich entdeckte zu meiner Überraschung einen schmalen, terrassenförmig in den steilen Hang geschnittenen Pfad, der einmal höher, einmal tiefer, einmal näher am Wasser, einmal weiter entfernt, ja sogar dort, wo erst vor kurzem der dichte Wald gefällt worden war, um den ganzen See herumführte; einen Pfad, der vielleicht so alt war wie das Menschengeschlecht in dieser Gegend, von
    Jägern der Urzeit ausgetreten und, ohne daß sie seinen
    Ursprung ahnen, von den Bewohnern des Landes noch heute benutzt. Er ist besonders im Winter, nach einem leichten Schneefall, von der Mitte des Sees aus als klare weiße
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    Wellenlinie zu erkennen, da er um diese Zeit nicht von Unkraut oder Laub verdeckt wird wie im Sommer, wo man ihn sogar aus der Nähe kaum zu erkennen vermag. Der Schnee gibt ihn
    gewissermaßen als

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