Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
gute Lebensart zu zeigen.
Als ich nach dem Regen des Irländers Haus verlassen hatte und meine Schritte nach dem Teich hinlenkte, erschien mir, der ich Schulen und Akademien besucht hatte, mein Wunsch, Hechte zu fangen und mich dabei durch einsame Wiesen, Sümpfe und Moore, durch entlegene, wilde Gegenden durchzuarbeiten, einen Augenblick lang abgeschmackt. Doch als ich den Hügel hinabeilte, hinein in den rotglühenden Westen, als der Regenbogen über meiner Schulter stand und von irgendwoher durch die gereinigte Luft ein leises Klingen sich hören ließ, da schien mein guter Geist zu mir zu sagen: Geh, fische und jage, weit und breit, tagaus tagein, weiter und breiter und ruhe aus an manchem Bach, an manchem Herd, ledig aller Sorgen, Gedenk an Deinen Schöpfer in Deiner Jugend. Steh' auf, bevor die Sonne erwacht, sei unbekümmert und zieh auf Abenteuer aus. Der Mittag soll an anderen Seen Dich finden, und wo auch immer die Nacht Dich überrascht: dort sei Dein Heim. Herrlicher denn hier dehnen sich nirgends die Wiesen, die schönsten Spiele spielt man hier.Wachse und blühe, wild wie Deine Natur es erheischt, wild wie dieses Schilf, wie dieses Dorngebüsch, das niemals englisches Heu werden kann. Laß den Donner rollen. Was kümmert's Dich, ob er des Landmanns Ernte Unheil bringt. Nicht solche Botschaft will er Dir verkünden. Suche Obdach unter der Wolke, derweil die anderen in Wagen und Hütten sich verbergen. Und wenn Du Dir Dein täglich Brot erwirbst: heiße das nicht Arbeit, sondern Spiel. Erfreue Dich am Land, doch erwirb es nicht. Weil es dem Menschen an Mut und Vertrauen fehlt, sind sie dorthin gelangt, wo sie sind – sie kaufen und verkaufen, und führen ein Leben wie Leibeigene. O Baker Farm!
"Tiefer Landschaft holdeste Zierde
"Ist ein keuscher Sonnenstrahl..."
"Niemand eilt dorthin zum Spiel,
"Wo Gitter die Wiesen umgürten ..."
"Mit keinem Menschen brauchst Du je zu rechten,
"Noch quälen Dich törichte Frager.
"Du bist in Deinem schlichten, braunen Wams
"Noch gerad' so demutvoll wie einst
"Als ich zum erstenmal Dich sah ..."
"Ihr, die Ihr liebt,
"Und Ihr, die Ihr haßt,
"Kinder der heiligen Taube,
"Und Ihr, Guy Faux Genossen:
"Hängt alle niedrigen Gedanken
"An dieser Bäume unbeugsame Äste!"
Vom nahen Feld oder von der Straße, wo stets das Haushaltecho spukt, kommen die Menschen am Abend matt nach Haus. Ihr Leben spinnt sich freudlos ab, weil es fortwährend seinen eigenen Atem wieder einatmet. Ihr Schatten am Morgen und Abend reicht weiter als ihre täglichen Schritte. Aus weiten Fernen sollten wir an jedem Abend heimwärts ziehen, aus Abenteuern, Gefahren und Neuland heimkehren, mit neuer Erfahrung, mit neuem Charakter.
John Field hatte inzwischen seine Pläne geändert und mich, bevor ich zum Teiche kam, eingeholt. Er war entschlossen, heute nichtmehr im Moor zu arbeiten. Und nun holte der arme Bursche nur ein Paar winzige Fische heraus, während ich eine stattliche Anzahl fing. Solches Pech habe er immer, sagte er. Als wir dann die Plätze im Boot wechselten, tat das Pech dasselbe. Armer John Field! Ich hoffe, daß er diese Erinnerungen nicht liest, es sei denn, daß sie ihm zum Vorteil gereichen würden. Er will nach einem von der alten Welt ererbten Prinzip in dieser primitiven neuen Welt leben – will Barsche mit Weißfischen fangen! Das mag bisweilen ein guter Köder sein, meinetwegen. Soweit sein Auge reicht gehört alles ihm, und doch ist er ein armer Schlucker, der zur Armut geboren ward, dessen Eltern schon, wie er, die irländische Armut, vorsündflutliche Ansichten und versumpfte Gewohnheiten erbten. Erst dann wird er oder einer seiner Nachkommen in dieser Welt auf den grünen Zweig kommen, wenn ihren watenden, patschenden, sumpfstampfenden Füßen talaria an den Fersen wachsen.
Höhere Gesetze
Die Fische auf einen Faden gereiht und die Angelrute nachschleppend, so zog ich heimwärts durch die Wälder. Es war bereits ganz dunkel geworden, als ich ein Murmeltier über meinen Pfad schleichen sah. Eine seltsam wilde Freude ließ mein Herz erbeben und ich war nahe daran das Tier zu packen und roh zu verzehren. Nicht weil ich hungrig war – nein, nur als Inkarnation der Wildheit reizte es mich. Während der Zeit, wo ich am Teichufer wohnte, ertappte ich mich mehrere Male dabei, daß ich wie ein halbverhungerter Jagdhund im Walde umherstreifte, um irgend ein Wild aufzustöbern und zu verschlingen. Die wildesten Szenen waren mir seltsam vertraut
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