Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Herde Schweine,
"Nein auch die Teufel, welche diese Tiere trieben,
"Daß sie kopfüber den Hügel abwärts stürzten –
"Und noch gemeiner waren als zuvor."
Es gibt nur eine Sinnlichkeit, wenn sie auch in vielen Formen auftritt. Auch gibts nur eine Reinheit. Es ist einerlei, ob der Mensch lüstern ißt, trinkt, kohabitiert oder schläft. Wir brauchen ihn nur bei einer dieser Handlungen zu beobachten, um zu wissen, wie sinnlich er ist. Der Unreine kann mit Reinheit weder stehen noch sitzen. Wenn das Reptil an der einen Seite seines Schlupfwinkels angegriffenwird, so zeigt es sich an einer anderen Seite. Wer keusch sein will, muß mäßig sein. Was ist Keuschheit? Wie kann ein Mensch beurteilen, ob er keusch ist? Er wird es nicht wissen. Wir haben von dieser Tugend gehört, aber wir kennen sie nicht. Wir urteilen nach den Gerüchten, die über sie im Umlauf sind. Arbeit schafft Weisheit und Reinheit, Müßiggang dagegen Dummheit und Sinnlichkeit. Bei einem Denker ist Sinnlichkeit gleichbedeutend mit Geistesträgheit. Ein unsauberer Mensch ist stets auch faul; er sitzt hinter dem Ofen, schläft in den Tag hinein und ruht sich aus, ohne müde zu sein. Wer der Unreinheit und allen Sünden entfliehen will, der arbeite unverdrossen, und sei es auch beim Stallreinigen. Die menschliche Natur ist schwer zu überwinden, doch sie muß überwunden werden. Was nützt es, daß Ihr Euch Christen nennt, wenn Ihr nicht reiner als die Heiden seid, wenn Ihr Euch so wenig selbst bezwingt, wenn Ihr nicht mehr Religion besitzt? Ich kenne viele als heidnisch bezeichnete Religionen, deren Gesetze den Leser beschämen und zu neuem Ringen erwecken, mag es sich auch nur durch die Befolgung gewisser Gebräuche dokumentieren.
Nur zögernd spreche ich über diese Dinge. Nicht wegen des Gegenstandes – es ist mir einerlei, wie unzüchtig meine Worte sind – sondern weil ich nicht darüber reden kann, ohne meine eigene Unreinheit zu verraten. Wir besprechen ohne Rückhalt und Schamgefühl eine Form der Sinnlichkeit, während wir über eine andere schweigen. Wir sind so tief gesunken, daß wir nicht herzhaft über die notwendigen Funktionen des menschlichen Körpers reden können. In früheren Zeiten wurde in manchen Ländern jede Funktion ehrerbietig besprochen und durch das Gesetz geregelt. Nichts erschien dem indischen Gesetzgeber zu unbedeutend, wie ekelhaft es auch immer unseren modernen Geschmack berührt. Er lehrt, wie man essen, trinken, kohabitieren, die Exkremente und den Urin entleeren soll usw., indem er das Gemeine adelt und nicht über diese Dinge hinwegsieht, als wären sie Lappalien.
Jeder Mensch baut einen Tempel, der sein Körper genannt wird, für den Gott, zu dem er betet und nach dem Stil, der ganz seinerIndividualität entspricht. Und mag der Mensch auch Werke aus Marmor schaffen, diesem Tempelbau darf er sich nicht entziehen. Wir alle sind Bildhauer und Maler, und als Materialien dienen uns das eigene Fleisch und Blut und unsere Knochen. Edle Gesinnung verfeinert sofort des Menschen Züge, während jede Gemeinheit oder Sinnlichkeit sie vertiert.
An einem Septemberabend saß John Farmer nach harter Tagesarbeit vor seiner Tür und seine Gedanken weilten noch immer mehr oder minder bei seiner Arbeit. Er hatte sich nach einem Bad hierher gesetzt, um seinen geistigen Menschen zu erfrischen. Der Abend war recht kühl, und einige Nachbarn hatten Nachtfrost vorausgesagt. Er hatte die Kette seiner Gedanken noch nicht lange verfolgt, da hörte er jemand Flöte spielen, und dieser Klang harmonierte mit seiner Stimmung. Noch immer dachte er an seine Arbeit, doch seine Gedanken waren bedrückt. Er fühlte, daß alle jene Pläne, die er gegen seinen Willen im Geiste entwarf und durchdachte, ihn im Grunde sehr wenig angingen. Sie waren so unbedeutend, wie die Schuppen seiner Haut, welche beständig abgestoßen wird. Doch die Flötentöne, die sein Ohr vernahm, kamen nicht aus der Sphäre, in welcher er arbeitete und erweckten gewisse Fähigkeiten, die in ihm schlummerten, zum Leben. Leise nahmen sie die Straße fort, das Dorf und auch den Staat, in welchem er lebte, und eine Stimme sprach zu ihm: Warum verziehst Du hier und führst dieses niedrige, mühselige Dasein, wo doch ein glorreiches Leben Dir winkt? Die selben Sterne leuchten auch über anderen Feldern als diesen. Wie aber sollte er sich aus diesem Zustand befreien und wirklich dorthin wandern? Doch zu dem Einen war er fest entschlossen, einer neuen strengen
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