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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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Erweckung unseres intellektuellen Lebens, und nicht zur Nahrung für die Würmer dienen, die uns dereinst besitzen werden. Während der Jäger ein Verlangen nach Schildkröten, Bisamratten und anderen wilden Leckerbissen dieser Art hat, wird die Weltstadtdame Kalbsfußsülze oder importierte Sardinen bevorzugen. Zwischen beiden besteht jedoch kein Unterschied: er geht zum Mühlenteich, sie zu ihrer Konservenbüchse. Zu bewundern ist allein, wie sie. Du und ich dieses schleimige, viehische Leben führen mögen – essend und trinkend.
     
    Unser ganzes Leben ist überraschend moralisch. Nicht eine Minute gibt es Waffenstillstand zwischen Tugend und Laster. Güte ist die einzige sichere Kapitalsanlage. Sie bildet in dem Harfenklang, derdie Welt umzittert, den ewigen Grundton, der uns erschauern macht. Die Harfe ist der Geschäftsreisende für die Weltallversicherungsgesellschaft, deren Statuten durch sie gepriesen werden, und unser bescheidenes Quantum Güte ist der einzige Beitrag, den wir zahlen. Und mag auch der Jüngling schließlich gleichgültiger werden, die Gesetze des Kosmos werden es nicht, sondern stehen immerdar auf der Seite dessen, der am tiefsten empfinden kann. Man soll aus jedem Zephir den leisesten Tadel hören, den er sicherlich enthält; unglücklich ist derjenige, der ihn nicht vernimmt. Wir können keine Saite berühren, kein Register ziehen, ohne daß eine bezaubernde Moral unser Innerstes durchdringt. Manch lästiger Lärm wirkt, von ferne gehört, wie Musik – eine stolze und liebreiche Satire auf die Gemeinheit unseres Lebens.
     
    Wir wissen, daß ein Tier in uns wohnt, welches um so mehr sich regt, je tiefer unsere höheren Triebe schlummern; es kriecht am Boden, ist sinnlich und kann vielleicht nie ganz ausgetrieben werden, gleich den Würmern, die, selbst während wir gesund dahinleben, in unserm Körper hausen. Vielleicht können wir uns von ihm zurückziehen, seine Natur aber können wir nicht ändern. Ich fürchte, daß seine Gesundheit bis zu einem gewissen Grade nichts zu wünschen übrig läßt, daß wir also wohl gesund aber nicht rein sein können. Vor kurzem hob ich den Unterkiefer eines Schweines auf. Er war mit weißen, gesunden Zähnen und Hauern besetzt und bewies mir, daß es neben einer geistigen auch eine animalische Gesundheit und Kraft gibt. Dieses Geschöpf verdankt seine Erfolge nicht seiner Mäßigkeit und Reinheit. "Das, worin der Mensch sich vom Tiere unterscheidet," sagt Mencius, "ist etwas ganz Unbedeutendes. Die gemeine Herde verliert es bald genug. Höhere Menschen bewahren es sorgsam." Wer weiß, wie unser Dasein verlaufen würde, wenn wir uns zur Reinheit durchgekämpft hätten. Wenn ich wüßte, daß ein Mann lebte, weise genug, um mich Reinheit lehren zu können – ich würde sogleich aufbrechen, um ihn zu suchen. "Die Beherrschung unserer Leidenschaften und der äußeren Sinne unseres Körpers und gute Taten werden in den Veden als unerläßlich bezeichnet,um die Seele Gott näher zu bringen." Doch der Geist vermag eine Zeitlang jedes Glied, jede Funktion des Körpers zu beherrschen und zu überwachen und das, was der Form nach gröbste Sinnlichkeit ist in Reinheit und Andacht zu verwandeln. Die Zeugungskraft, die uns verweichlicht und unrein macht, wenn wir ausschweifend sind, kräftigt und inspiriert uns, wenn wir keusch leben. Keuschheit ist des Menschen Blüte, und was man Genius, Heroismus, Heiligkeit usw. nennt, sind nur die verschiedenen Früchte, die durch sie gezeitigt werden. Der Mensch fließt sofort zu Gott, wenn der Kanal der Reinheit offen ist. Bald inspiriert uns unsere Reinheit, bald drückt uns unsere Unreinheit zu Boden. Selig ist der Mensch, der weiß, daß das Tier in ihm von Tag zu Tage mehr abstirbt und das Göttliche in ihm an Kraft gewinnt. Vielleicht hat sich ein jeder wegen der niedrigen, tierischen Natur, an die er gekettet ist, zu schämen. Ich fürchte, wir sind nur Götter und Halbgötter vom Geschlecht der Faune und Satyrn, bei denen Göttliches sich mit Tierischem paart, Geschöpfe der niederen Sinnenlust; und darum fürchte ich auch, daß unser Leben bis zu einem gewissen Grade unseren Schandfleck ausmacht...
     
    "Wie glücklich ist der Mensch, der seinen Tieren
"Die rechten Plätze angewiesen hat,
"Und seiner Seele Dickicht lichtete!"
     
    "Der Pferd und Ziege, Wolf und jedes andre Tier
"Verständig zu benutzen weiß, und dabei nicht
"Des schwerbeladenen Esels Rolle für sie alle spielt
"Wie Menschen sind nicht nur die

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