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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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Vielleicht legt er keine Schätze in dieser Welt zurück, die seinen Sommerdurst in der nächsten Welt stillen werden. Er schneidet und sägt in dem gefrorenen Teich, deckt das Dach vom Haus der Fische ab und fährt ihr ureigenes Element und ihre Luft, die durch Ketten und Stöcke wie Holzhandel zusammengehalten werden, durch die günstige Winterluft fort in den Winterkeller. Dort mag der Sommer über sie hinziehen. Wie kristallisierter Azur sieht das Eis aus, wenn es in weiter Ferne die Straße entlang gefahren wird. Diese Eisarbeiter sind ein fröhlicher Menschenschlag, stets zu Scherz und Spaß aufgelegt. Wenn ich zu ihnen kam, pflegten sie mich einzuladen, ihnen beim Sägen zu helfen: sie wollten dabei über, ich sollte unter dem Eis stehen.
     
    Im Winter 1846/47 eilten eines Morgens wohl an die hundert Männer von hyperboräischer Abkunft an unseren Teich mit vielen Wagenladungen plump aussehender Ackergeräte, mit Schlitten, Rechen, Pflügen, Bohreggen, Rasenstechern, Schaufeln, Sägen und Harken. Außerdem war jeder Mann mit einer zweispitzigen Pike versehen, die im "Farmer in Neuengland" oder im "Cultivator" nicht beschrieben ist. Ich wußte nicht genau, ob sie Winterroggen oder irgend eine andere von Island importierte Getreideart säen wollten. Da ich keinen Dünger sah, dachte ich: Die wollen es treiben wie Du selbst – Rahm abschöpfen; denn nach ihrer Ansicht ist der Boden tief genug und hat lange genug brach gelegen. Sie erzählten mir, ein Herr Landwirt, der nicht genannt sein wolle, wünsche sein Geld (das, soviel ich erfahren konnte, sich bereits auf eine halbe Million belief) zu verdoppeln. Um aber jeden Dollar mit einem zweiten bedecken zu können, zog er dem Walden den einzigen Rock, ja die Haut selbst ab – mitten im strengen Winter!... Sie machten sich sofort an die Arbeit, pflügten, eggten, walzten und zogen Furchen, alles mit staunenswerter Genauigkeit, als ob sie fest entschlossen seien, hier eineMusterfarm einzurichten. Als ich aber genauer hinsah, um zu erfahren, was für Saat sie in die Furchen senkten, begann eine Anzahl der Gesellen neben mir mit einem ganz eigenartigen Ruck plötzlich den jungfräulichen Erdboden bis auf den Sand oder vielmehr bis auf das Wasser hinab – denn es war Quellenland – also die ganze terra firma herauszuholen und auf Schlitten fortzuschaffen. Da erriet ich, daß sie Torf im Moore stachen. So kamen und gingen sie tagaus tagein von und nach einem Ort der eisigen Zone, während die Lokomotive auffallend laut dazu kreischte. Ich verglich diese Menschen mit einer Schar arktischer Schneevögel. Doch bisweilen rächte sich Squaw Walden. Dann glitt einer der Knechte, der hinter dem Gespann herschritt, durch einen Spalt hinunter zum Tartarus, und er, der vorher so mutig war, zitterte plötzlich wie ein Schneiderlein, büßte all seine animalische Wärme ein und war froh, in meinem Haus Zuflucht zu finden, wo er aufs neue die Überzeugung gewann, daß ein Ofen nicht zu verachten ist. Bisweilen brach die gefrorene Erde auch ein Stück Stahl aus der Pflugschar, oder der ganze Pflug blieb in einer Erdfurche stecken und mußte herausgehackt werden.
     
    Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, daß täglich hundert Irländer mit Yankeeaufsehern von Cambridge kamen, um Eis zu holen. Sie schnitten es in Blöcke – die Methode ist ja allgemein bekannt und bedarf keiner Beschreibung – brachten diese auf Schlitten ans Ufer und dort geschwind auf eine erhöhte Eisplatte. Mit Enterhaken, Rollen und Flaschenzügen, die durch Pferde in Bewegung gesetzt wurden, wurden sie so exakt übereinander gelegt, wie eine gleiche Anzahl Mehlfässer, Seite an Seite, Reihe über Reihe, als ob sie das feste Postament eines wolkenspaltenden Obelisken bilden sollten. Die Arbeiter sagten mir, daß sie an einem Tage tausend Tonnen, ungefähr die Ausbeute von einem Morgen, herausbrächten. Tiefe Furchen und "Runzeln" wurden in das Eis gegraben, wie auf terra firma , wo die Schlitten in den gleichen Spuren fahren. Die Pferde fraßen ihren Hafer aus eimerartigen Krippen, die ins Eis gehauen waren. Die Arbeiter türmten die Blöcke in freier Luft zu einem Pfeiler auf, der fünfunddreißig Fuß hoch war und ungefähr dreißig biszweiunddreißig Meter im Quadrat bedeckte. Sie stopften Heu zwischen die Außenblöcke, um die Luft abzuhalten. Denn wenn der Wind auch noch so eisig hindurchbläst, er frißt doch große Höhlungen hinein, läßt nur hier und da eine leichte Stütze oder einen Eckpfeiler

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