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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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Holzgefäß zum Gefrieren zu bringen. Dabei stellte sich heraus, daß die vom Boden des Gefäßes reflektierten Sonnenstrahlen, die unter dem Gefäß und auch zu beiden Seiten zirkulierende kalte Luft an Kraft übertrafen. Wenn ein warmer Regen mitten im Winter den Schnee auf dem Waldeneis zum Schmelzen bringt und in der Mitte hartes, dunkles oder durchsichtiges Eis zurückläßt, so sieht man meistens am Ufer einen etwa sechzehn Fuß breiten Streifen aus brüchigem, wenn auch dickerem Eise. Er verdankt sein Aussehen der zurückgestrahlten Wärme. Obendreinwirken, wie ich früher bereits einmal erwähnte, die im Eis befindlichen Blasen selbst als Brenngläser und bringen das unter ihnen befindliche Eis zum Schmelzen.
     
    Die Erscheinungen des Jahres spielen sich in kleinem Maßstabe täglich an einem Teiche ab. Jeden Morgen wird – im großen und ganzen gesprochen – das flache Wasser schneller erwärmt als das tiefe (es braucht darum durchaus nicht so warm zu werden wie dieses), und an jedem Abend wird es rascher bis zum Morgen abgekühlt. Der Tag ist ein kurzer Auszug des Jahres. Die Nacht ist dem Winter, Morgen und Abend sind dem Frühling und Herbst zu vergleichen und der Mittag ist die Sommerglut. Das Krachen und Dröhnen des Eises zeigt eine Temperaturveränderung an. An einem prächtigen Morgen nach einer kalten Nacht, am 24. Februar 1850, war ich zum Flintteich gewandert, um dort den Tag zuzubringen. Da bemerke ich mit Erstaunen, daß im Eis, wenn ich mit dem dicken Ende meiner Axt daraufschlug, viele Meter weit ringsum ein Klang sich fortpflanzte, als ob ich ein Gongong oder eine straff gespannte Trommel berührt habe. Ungefähr eine Stunde nach Sonnenaufgang, sobald der Einfluß der Sonnenstrahlen sich bei ihm bemerkbar machte, die über die Hügelspitzen auf ihn herniederfielen, begann der Teich zu krachen. Er reckte und streckte sich, gähnte wie ein erwachender Mensch unter allmählich zunehmendem Spektakel. Das dauerte ungefähr drei bis vier Stunden lang. Um die Mittagszeit hielt er ein kleines Schläfchen, um gegen Abend, wenn er die Sonne nicht mehr spürte, abermals zu krachen. Ist das Wetter günstig, dann feuert ein Teich sein Abendgeschütz mit großer Regelmäßigkeit ab. Nur um die Mittagszeit, wo er viele Wunden besitzt und wo auch die Luft weniger elastisch ist, verliert er seine Resonanz ganz und gar. Wenn man dann auf ihn schlägt, jagt man den Fischen und den Bisamratten keinen Schrecken ein. Die Fischer glauben, daß das Donnern des Teiches die Fische scheu macht, und daß sie deshalb nicht anbeißen. An jedem Abend donnert der Teich übrigens nicht. Auch läßt sich nicht mit Bestimmtheit voraussagen, wann es geschehen wird. Wenn ich auch keinen Witterungswechsel bemerke, er kann es. Wer hättesolch ein großes, kaltes und dickhäutiges Geschöpf für so empfindlich gehalten? Doch auch ein Teich steht unter bestimmten Gesetzen, denen er donnernd Gehorsam bezeugt, wenn er so sicher wie die Knospen im Frühling aufbrechen muß. Überall lebt die Erde, überall ist sie mit Papillen bedeckt. Der größte Teich ist so empfindlich für atmosphärische Veränderungen wie das Quecksilbertröpfchen in seiner Röhre.
     
    Zu meiner Niederlassung in den Wäldern bestimmte mich auch der Umstand, daß ich dort Muße und Gelegenheit finden konnte, den Frühlingseinzug zu beobachten. Endlich fängt das Teicheis an wie eine Honigscheibe auszusehen. Ich kann meinen Schuhabsatz hineinbohren, wenn ich hinübergehe. Nebel, Regenschauer und wärmere Strahlen schmelzen allmählich den Schnee. Die Tage sind schon merklich länger geworden. Ich weiß jetzt, daß ich in diesem Winter meinen Holzvorrat nicht mehr zu ergänzen brauche. Großer Feuer bedarf es nicht mehr. Aufmerksam fahnde ich nach dem ersten Anzeichen des Frühlings, nach dem ersten verlorenen Zwitschern eines ankommenden Vogels, nach dem Gezirpe des gestreiften Eichhörnchens – denn sein Proviant muß jetzt beinahe verzehrt sein –, nach dem ersten Ausfall des Murmeltieres aus seinem Winterlager. Schon hatte ich die blaue Grasmücke, den Singsperling und die Weindrossel gehört, und doch war am 13. März das Eis noch fast einen Fuß dick. Als wärmeres Wetter eintrat, wurde es nicht auffallend vom Wasser weggefressen, brach auch nicht auf und wurde nicht wie in Flüssen fortgetrieben. Am Ufer war es zwar in einer Ausdehnung von ungefähr 1 ¾ Metern ganz weggeschmolzen, in der Mitte dagegen hielt es stand, sah zellig aus und war mit Wasser

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