Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
so sehr durchtränkt, daß man seinen Fuß selbst dort, wo es sechs Zoll dick war, hindurchstoßen konnte. Am nächsten Tage war es – vielleicht durch einen warmen Regen, dem Nebel folgte – ganz verschwunden, mit dem Nebel auf und davon – im Nebel entführt. Einmal war ich sogar noch über die Mitte gegangen fünf Tage bevor es gänzlich verschwunden war. 1845 war Walden am 1. April völlig eisfrei. 1846 am 25. März; 1847 am 8. April; 1851 am 28. März; 1852 am 18. April; 1853 am 23. März; 1854 ungefähr am 7. April.Jeder Vorgang, der mit dem Aufbrechen der Flüsse und Teiche und mit regelmäßigerer Witterung zusammenhängt, ist besonders für uns, die wir in einem solch großen Schwankungen unterworfenen Klima leben, interessant. Wenn wärmere Tage kommen, dann hören die in der Nähe der Flüsse wohnenden Menschen während der Nacht das Krachen und erschreckende Dröhnen des Eises, das wie Artilleriefeuer klingt, oder als ob der Fluß seine Eisfesseln kurz und klein reißen wolle. Nach wenigen Tagen sehen sie dann das Eis hurtig davontreiben. So kriecht der Alligator aus dem Schlamme empor, wenn die Erde erbebt. Ein alter Mann, ein scharfer Beobachter der Natur, der all ihr Tun und Treiben so gut zu kennen scheint, als ob sie während seiner Kinderjahre auf Dock gelegen und er beim Einsetzen ihres Kieles geholfen hätte, dieser alte Mann, der, selbst wenn er so alt wie Methusalem werden sollte, sich kaum mehr natürliche Kenntnisse erwerben wird, erzählte mir (und ich war erstaunt, daß irgend ein Vorgang in der Natur ihn in Erstaunen setzen konnte, weil ich glaubte, zwischen ihr und ihm bestände kein Geheimnis), daß er an einem Frühjahrstage seine Flinte genommen und das Boot bestiegen habe, um sich ein wenig mit den Enten zu unterhalten. Die Wiesen waren noch mit Eis bedeckt, der Fluß dagegen war eisfrei und ohne Mühe kam er von Sudbury zum Fair Haven-Teich hinab, den er zu seinem Erstaunen mit festem Eis bedeckt fand. Der Tag war warm und er wunderte sich, wie eine solch große Eismasse sich noch behaupten konnte. Da er keine Enten sah, verbarg er sein Boot an der Nordseite, d. h. an der Rückseite einer Insel, und versteckte sich dann selbst in dem Unterholz an der Südseite, um auf die Tiere zu warten. Am Ufer war das Eis im Umkreis von zwölf bis fünfzehn Metern geschmolzen. Das Wasser war dort ruhig und warm, der Grund schlammig, wie ihn Enten lieben. Er glaubte, die Tiere würden sich schon bald einfinden. Nachdem er ungefähr eine halbe Stunde lang ruhig dort verweilt hatte, hörte er ein dumpfes und augenscheinlich sehr entferntes, aber ein eigenartig erhabenes und eindrucksvolles Geräusch, das sich mit keinem anderen je von ihm gehörten Laut vergleichen ließ. Immer mehr schwoll es an, als ob einefurchtbare Weltkatastrophe herannahe. Und plötzlich kam es ihm so vor, als ob dieses dumpfe Rauschen und Brausen von einem großen Schwärm Wasservögel herrühre, die sich hier niederlassen wollten. So griff er den schnell seine Büchse und sprang erregt empor. Da fand er zu seiner Überraschung, daß der ganze Eiskörper sich während seines Wartens in Bewegung gesetzt hatte und gegen das Ufer trieb. Das Geräusch aber, das er vernommen hatte, war durch das Reiben des Eises am Ufer erzeugt. Erst wurde es stückweise abgebröckelt und abgespalten, dann aber türmte es seine Schollen zu einer beträchtlichen Höhe am Ufer des Teiches empor, bevor es zum Stillstand kam.
Endlich haben die Sonnenstrahlen den rechten Winkel erreicht. Warme Winde blasen Nebel und Regen fort und schmelzen die Schneehaufen. Die Sonne zerteilt den dunstigen Schleier und lacht auf eine rotbraun und weiß getüpfelte Landschaft herab, die Weihrauch zu ihr emporsendet, und durch welche der Wanderer von Inselchen zu Inselchen seinen Weg sucht, während ihn der Gesang von tausend murmelnden Bächlein und Flüßchen erfreut, die in ihren Adern Winterblut davontragen.
Selten hatte ich größere Freude an der Beobachtung einer Naturerscheinung als beim Anblick jener Formen, welche im auftauenden Sand und Ton zutage traten, wenn Sand oder Ton an den Seiten eines tiefen Eisenbahnhohlweges, an welchem ich auf meinem Wege zum Dorf vorbeikam, herabflossen. In solch großem Maßstabe sieht man dieses Phänomen nicht sehr häufig, obwohl die Anzahl frisch aufgeworfener Dämme aus diesem Material sich seit der Erfindung der Eisenbahnen sehr vermehrt haben muß. Das Material bestand aus Sand in allen Feinheitsgraden und in
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