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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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verschiedenen warmen Farben, meistens mit ein wenig Ton vermischt. Wenn die Kälte im Frühjahr nachläßt, ja selbst an einem Tautag im Winter beginnt der Sand die Abhänge hinunterzufließen wie Lava, wobei er bisweilen durch den Schnee hindurchbricht und ihn dort, wo bisweilen kein Sand zu sehen war, überschwemmt. Zahllose kleine Bäche überspringen einander, verflechten sich miteinander, wodurch ein hybridesGebilde entsteht, das halb dem Gesetz der Strömung, halb dem der Vegetation gehorcht. Beim Fließen nimmt es die Gestalt saftiger Blätter oder Ranken an, bildet Haufen weicher Zweige, die mehr als einen Fuß dick sind und die, wenn man auf sie niedersieht, dem ausgezackten gelappten und dachziegelförmigen Thallus einiger Flechten gleichen. Oder man wird an Krallen erinnert, an Leopardentatzen oder Vogelfüße, an Hirn, Lungen oder Gedärme, an Exkremente aller Art. Es ist wirklich eine groteske Vegetation, deren Form und Farbe wir in Bronze nachgeahmt sehen, eine Art architektonisches Laubwerk, älter und typischer als Akanthus, Zichorie, Epheu, Rebe oder irgend ein Pflanzenblatt. Vielleicht ist sie dazu bestimmt, unter gewissen Umständen den Geologen der Zukunft Rätsel aufzugeben. Der ganze Hohlweg machte auf mich den Eindruck einer mit Tageslicht überfluteten Stalaktitenhöhle. Die mannigfachen Schattierungen des Sandes sind auffallend reich und ansprechend. Sie umfassen die verschiedenen Eisenfarben, braun, grau, gelblich und rötlich. Wenn die flutende Masse den Graben erreicht, so breitet sie sich flacher in Strähnen aus. Die getrennten Ströme verlieren ihre halbzylindrische Form, werden allmählich flacher und breiter und vereinigen sich, sobald mehr Feuchtigkeit sie durchdringt, so daß sie schließlich einen flachen Strand bilden, der noch immer mannigfaltig und prächtig schattiert ist, und in dem man noch die ursprüngliche Pflanzenform zu erkennen vermag. Schließlich werden sie im Wasser zu Sand , zu Sandbänken, wie sie sich vor Flußmündungen bilden. Dann verliert sich die Pflanzenform in den welligen Erhebungen des Grundes.
     
    Die ganze etwa zwanzig bis dreißig Fuß hohe Böschung ist an einer Seite und bisweilen gar an zwei Seiten mit Massen dieses Blätterwerkes oder dieses "Sandbruches" eine viertel Meile lang bedeckt. Sie alle schuf ein einziger Frühlingstag! Dieses Sandlaub ist deswegen so merkwürdig, weil es so außerordentlich schnell sich entfaltet. Wenn ich an der einen Seite die träge Dammböschung entlang sehe – denn die Sonne arbeitet zuerst nur an einer Seite – und an der anderen dieses üppige Laubwerk erblicke, so habe ich dasGefühl, als ob ich gewissermaßen in der Werkstatt jenes Künstlers stände, der die Welt und mich geschaffen hat, als ob ich zu ihm gekommen sei, während er noch bei der Arbeit ist und gerade diese Böschung spielend schafft, im Übermaß der Kraft neue Ornamente hier verstreuend. Ich habe das Gefühl, als ob ich den Eingeweiden des Erdballes näher stehe, denn diese sandige Überschwemmung ist gewissermaßen eine solch verzweigte Masse wie die Eingeweide des animalischen Körpers. So findet man also sogar im Sand eine Antizipierung des Pflanzenblattes. Kein Wunder, daß die Erde sich nach außen in Blättern ausspricht, da in ihr dieser Gedanke wohnt. Die Atome haben schon dieses Gesetz gelernt und sind damit erfüllt. Das schattenspendende Blatt sieht hier sein Vorbild. Innerlich , einerlei ob im Erdball oder im menschlichen Körper, ist es ein feuchter dicker Lappen , ein Wort, das sich besonders auf Leber, Lungen und Fettlappen anwenden läßt, λειβω, labor, lapsus , laufen oder gleiten, "Lapsus"; γοβοσ, globus, lobe, globe , auch lap , lappen, flap , klappen, und viele andere. Äußerlich ist es ein dünnes Blatt (engl. leaf ) und f und v sind getrocknete b . Die Wurzel von lobe (Lappen) ist Ib : die weiche Masse des b einlappig oder B doppellappig; dazu das flüssige I , das sie vorwärts schiebt. In globe, glb , wird die Funktion des Rachens zu Hülfe genommen, um durch das g den Sinn des Wortes zu vermehren. Die Federn und Flügel der Vögel sind noch trockenere, dünnere Blätter. So werden wir also aus der plumpen Larve im Erdboden zum luftigen, flatternden Schmetterling. Der Erdball selbst übertrifft sich beständig und wird in seiner Bahn beflügelt. Selbst das Eis gleicht anfangs Kristallblättern, als ob es in Formen geflossen wäre, die das Laub der Wasserpflanzen in den Wasserspiegel eindrückte. Ja, der

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