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Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition)

Titel: Walden - Leben in den Wäldern: Erweiterte Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry David Thoreau
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einst vor vielen Jahren im Winter Löcher ins Eis gehackt, um Grashechte zu fangen. Als ich hierauf ans Ufer ging, stieß ich zufällig gegen meine Axt, die auf das Eis fiel und wie von einem bösen Geist getrieben, sechzig bis neunzig Fuß weit darüber hinglitt, um alsbald in einem der Löcher – dort, wo das Wasser fünfundzwanzig Fuß tief war – zu verschwinden. Neugierig legte ich mich auf das Eis nieder und sah so lange in die Öffnung hinein, bis ich die Axt auf der einen Seite entdeckte. Sie stand auf dem Kopf und streckte den Stiel, der mit dem Puls des Teiches leicht hin und her schwankte, in die Höhe. Da hätte sie nun stecken und hin und her pendeln können, bis der Stiel vermodert wäre, wenn ich mich nicht eingemischt hätte. Unmittelbar über ihr machte ich ein zweites Loch – ich hatte einen Eismeißel bei mir – schnitt mit meinem Messer die längste Birke, die ich in der Nähe finden konnte, ab, befestigte an ihrem Ende eine Fadenschlinge, tauchte dieses Instrument behutsam in die Flut, ließ die Schlinge über den Kopf des Stieles gleiten, zog sie zu und holte meine Axt an der Birke herauf.
     
    Nur an zwei Stellen des Ufers befinden sich Sandbänke. Im übrigen wird es von einem Gürtel glatter, runder, weißer Steine eingefaßt, die Pflastersteinen gleichen, und ist so steil, daß einem an vielen Stellen schon beim ersten Sprung das Wasser über den Kopf reicht. Wäre der Teich nicht so außerordentlich klar, so könnte man von seinem Grund von hier aus nichts mehr erkennen bis dorthin, wo er am entgegengesetzten Ufer sich wieder zu erheben beginnt. Manche halten den Teich für unergründlich tief. Er ist nirgends schlammig und ein oberflächlicher Beobachter könnte behaupten, daß keine Pflanzen in ihm wachsen. Auch bei genauer Untersuchungfindet man (ich sehe von den kleinen Wiesen, die erst kürzlich überschwemmt wurden, ab) keine bemerkenswerte Pflanzen, keine Schwertlilien und Flatterbinsen, nicht einmal gelbe oder weiße Wasserlilien, sondern nur einige Herzblätter, Potamagetonen und vielleicht ein paar Exemplare von Brasenia pellata .
     
    Diese Pflanzen sind jedoch so klar und durchsichtig wie das Element, in dem sie wachsen; drum würde sie der Badende kaum bemerken. Die Steine erstrecken sich ungefähr sechzehn bis dreißig Fuß weit in das Wasser hinein, dann beginnt reiner Sandboden. Nur an den tiefsten Stellen findet sich gewöhnlich etwas Bodensatz, wahrscheinlich aus den Zerfallsprodukten der Blätter gebildet, die im Herbst gar manches Jahr in den Teich geweht wurden. Eine hellgrüne Wasserpflanze wird selbst mitten im Winter mit dem Anker heraufgebracht.
     
    Es gibt einen anderen Teich, der diesem genau gleicht: White Pond im Nine-acre-corner . Er liegt ungefähr zwei und eine halbe Meile westlich. Doch wenn ich auch fast alle Teiche im Umkreis von einem Dutzend Meilen kenne, so weiß ich doch keinen dritten zu nennen, der diesen reinen, quellenartigen Charakter hat. Manches Volk trank daraus, bewunderte ihn, maß seine Tiefe und schwand dahin, und noch immer ist sein Wasser so grün und durchsichtig wie je. Das ist keine intermittierende Quelle! Vielleicht war an jenem Frühlingsmorgen, als Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden, der Waldenteich schon vorhanden! Vielleicht plätscherten schon damals im leisen Frühlingsregen, bei Nebel und Südwind seine Wellen, und trugen Tausende von Enten und Gänsen, die nichts vom Sündenfall wußten und noch an solch reinen Gewässern ihre Freude hatten! Schon damals hatte er begonnen zu steigen und zu fallen, hatte seine Wasser geklärt und ihnen jenen Farbenton gegeben, den sie noch heute tragen. Der Himmel hatte ihm ein Patent verliehen, daß er der einzige Waldenteich sein und den Tau des Himmels destillieren solle. Wer kennt die vielen verschollenen Völker, in deren Literatur er der kastalische Quell war? Wer die Nymphen, die im goldenen Zeitalter über ihn herrschten? Ein Edelstein von reinstem Wasser schmückt Concords Krone!
     
    Vielleicht haben die Menschen, die zuerst zu diesem Quell kamen, schwache Spuren ihrer Fußstapfen hier zurückgelassen. Ich war erstaunt, als ich rund um den Teich herum – selbst dort, wo hart am Ufer ein dichter Wald vor kurzem erst den Äxten weichen mußte – einen schmalen Bergpfad am steilen Abhang entdeckte, der, bald steigend, bald fallend, bald nahe am Wasser, bald mehr abseits liegend, vielleicht so alt ist wie das Menschengeschlecht hier. Ihn schufen die Füße der

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